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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Yankees gehen.
Das kannst du auch den anderen sagen.«
    »Ja, Miß.«
    »Wie steht
es mit dem Korn und der Baumwolle?«
    »Das Korn?
O Gott, Miß Scarlett, sie haben ihre Pferde im Korn weiden lassen und dann
alles, was nicht aufgefressen oder zertreten war, noch weggeschleppt. Und durch
die Baumwolle haben sie ihre Kanonen und Wagen gefahren, bis alles ganz und gar
verdorben war; nur ein paar Morgen hinterm Bach, die haben sie nicht entdeckt. Aber
das ist die Arbeit nicht wert. Es sind nur ungefähr drei Ballen.«
    Drei
Ballen! Scarlett dachte daran, wieviel Ballen Tara sonst abgeworfen hatte, und
ihre Kopfschmerzen wurden schlimmer. Drei Ballen ernteten ja beinahe die
mittellosen Slatterys. Und dann die Steuern! Die konföderierte Regierung ließ
sich die Steuern nicht in Geld, sondern in Baumwolle bezahlen, und nicht einmal
dafür reichten die drei Ballen aus. Aber sie schlug sich all dies aus dem Kopf.
    »Pork, ist
jemand von euch in Twelve Oaks oder bei Maclntoshs gewesen und hat nachgesehen,
ob noch etwas im Garten wächst?«
    »Nein,
Miß. Wir haben Tara nicht verlassen, sonst hätten uns die Yankees erwischt«
    »Dilcey
soll zu Maclntoshs gehen. Vielleicht findet sie dort etwas. Ich gehe nach
Twelve Oaks.«
    »Mit wem
denn, Miß?«
    »Allein,
Mammy muß bei den Mädchen bleiben, und Mr. Gerald kann nicht.«
    Pork
wandte ein, daß in Twelve Oaks sich womöglich die Yankees oder gemeine
Feldnigger herumtreiben könnten. Sie sollte doch nicht allein gehen. Scarlett
ärgerte sich.
    »Nun ist
es genug, Pork. Sag Dilcey, sie soll sofort gehen. Du holst mir mit Prissy die
Sau und die Ferkel.« Sie wandte sich schroff auf dem Absatz um.
    Mammys
alter, verblichener Sonnenhut hing an seinem Haken bei der Hintertür. Scarlett
setzte ihn sich auf und dachte dabei an den grünen Hut, den Rhett ihr aus Paris
mitgebracht hatte. Sie nahm einen großen Spankorb und ging die Hintertreppe
hinunter. Jeden Schritt spürte sie im Kopf, als wollte ihr das Rückgrat durch
die Schädeldecke brechen.
    Die
Landstraße zum Fluß zog sich mit ihrem roten Staub zwischen den verwüsteten
Baumwollfeldern dahin. Die Räder der schweren Kanonen hatten tiefe Spuren und
Furchen hinterlassen. Überall lag der Unrat und Abfall umher, den ein
marschierendes Heer am Wege zurückläßt. Beschläge und Stücke von Zaumleder, von
Hufen und Rädern, zerbeulte Feldflaschen, Knöpfe, blaue Mützen, alte Socken und
blutige Lumpen. Kein Baum warf einen Schatten, die Sonne brannte durch Mammys
Hut, und der Staub drang Scarlett in Nase und Kehle, bis sie das Gefühl hatte,
die Stimmbänder müßten ihr zerspringen, sobald sie ein einziges Wort sagte. Sie
ging an der niedrigen Backsteinmauer vorbei, die den Familienfriedhof umgrenzte
und versuchte, nicht an das frische Grab zu denken, das zwischen den drei
niedrigen Hügeln ihrer kleinen Brüder lag. Sie schleppte sich an dem
Trümmerhaufen, der von dem Slatteryschen Hause übriggeblieben war, vorüber und
wünschte leidenschaftlich, die ganze Brut läge hier verbrannt unter der Asche.
Wären nicht die Slatterys dagewesen und Emmie, die von dem O'Haraschen
Sklavenaufseher einen Bastardbalg hatte - Ellen wäre noch am Leben. Sie stöhnte
auf, als ein scharfer Kieselstein ihr in den wunden Fuß schnitt. Zum Tanzen
waren ihre kleinen Füße geschaffen und dafür, unter glänzender Seide keck
hervorzuschauen, nicht aber, über Staub und scharfe Steine zu wandern. Sie war
geboren, verwöhnt und bedient zu werden, und nun trieb sie der Hunger in die
verwüsteten Gärten der Nachbarn, um etwas Eßbares zu suchen. Am Fuße des langgestreckten
Hügels winkte der Fluß. Wie kühl und still war es unter dem Laubgewirr, das
tief ins Wasser hinabhing! Sie hockte sich ans niedrige Ufer, zog die Reste
ihrer Schuhe und Strümpfe aus und kühlte die brennenden Füße im Wasser. Wie gut
täte es, hier den ganzen Tag zu sitzen, fern von den hilflosen Blicken auf
Tara, allein mit dem Rauschen der Blätter und dem Glucksen des langsam
strömenden Wassers. Widerstrebend zog sie Schuhe und Strümpfe wieder an und
setzte auf dem weichen Moos unter den schattigen Bäumen am Ufer entlang ihren
Weg fort. Die Yankees hatten die Brücke verbrannt, aber hundert Meter
flußabwärts wußte sie ein Brett, das über eine schmale Stelle des Flusses
gelegt war. Vorsichtig schritt sie hinüber und schleppte sich in der Hitze die
halbe Meile bergauf nach Twelve Oaks. Dort standen die zwölf Eichen, wie sie
schon in den Tagen der Indianer

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