Margaret Mitchell
Hintergarten davon. Scarlett atmete
ruhiger. Noch war nicht davon die Rede, daß das Haus angezündet werden sollte.
Von oben und von draußen kamen die Männer jetzt in den Hausflur zurück.
»Was
gefunden?« fragte der Wachtmeister.
»Ein
Schwein, ein paar Küken und Enten. Etwas Mais, Bataten und Bohnen. Die
Wildkatze, die wir vorbeireiten sahen, muß Alarm geschlagen haben.«
»Da ist
nicht mehr viel zu holen, Wachtmeister. Das Beste haben Sie selbst ja schon
eingesteckt. Besser, wir reiten weiter, ehe sie überall erfahren, daß wir
kommen.«
»Habt ihr
unter dem Räucherhaus nachgegraben? Meist graben sie da was ein.«
»Es gibt hier
kein Räucherhaus.«
»Habt ihr
in den Negerhäusern gesucht?«
»Da ist
bloß Baumwolle. Die haben wir angesteckt.«
Eine
Sekunde lang sah Scarlett im Geist die endlosen, heißen Tage im Baumwollfeld,
fühlte die schrecklichen Rückenschmerzen und die wunde Schulter in ihrer
Erinnerung. Alles war umsonst gewesen, die Baumwolle war dahin.
»Sie
besitzen nicht viel, Madam?«
»Ihre
Leute sind schon einmal hiergewesen«, entgegnete sie kühl.
»Das
stimmt. Wir waren im September in dieser Gegend«, sagte einer der Männer und
drehte etwas in der Hand. Es war Ellens goldener Fingerhut Wie oft hatte sie
ihn an Ellens Finger aus der Stickarbeit blinkend aufund untertauchen sehen.
Nun lag er in der schmutzigen Hand eines Räubers und fand bald seinen Weg nach
Norden, an den Finger irgendeiner Yankeefrau. Scarlett ließ den Kopf sinken,
damit der Feind sie nicht weinen sähe. Langsam rannen die Tränen auf den Kopf
des Babys. Wie durch einen Schleier sah sie die Männer zur Tür hinausgehen und
hörte den Wachtmeister seine Befehle erteilen.
Sie zogen
ab, und Tara war gerettet, aber in ihrem Schmerz wurde Scarlett dessen kaum
froh. Plötzlich überkam sie Schwäche und Verzweiflung, als die Soldaten sich
unter Säbelgerassel und Hufschlag mit all dem gestohlenen Gut durch die Allee
entfernten.
Da schlug
ihr Brandgeruch in die Nase. Durch das offene Fenster sah sie den Qualm träge
aus den Negerhäusern aufsteigen. Die Baumwolle ging in Rauch auf und mit ihr
das Geld, das ihnen durch den kommenden Winter hatte helfen sollen. Und sie
konnte nichts tun als zuschauen. Sie hatte schon mehrmals Baumwolle brennen
sehen und wußte, wie schwer sie zu löschen war. Gottlob, das Negerviertel lag
weit vom Hause entfernt, und es wehte kein Wind, der die Funken auf das Dach
von Tara hätte tragen können.
Plötzlich
fuhr sie schreckensstarr herum. Aus der Küche kam Rauch!
Irgendwo
legte sie das Baby nieder, irgendwie schüttelte sie Wade ab und schleuderte ihn
gegen die Wand. Sie stürzte über den Flur in die verqualmte Küche und taumelte
hustend und mit tränenden Augen zurück. Dann hielt sie sich den Rock vor die
Nase und stürzte nochmals hinein. Die Küche, die nur durch ein kleines Fenster
Licht bekam, war ganz verdunkelt und so voller Rauch, daß Scarlett nichts sehen
konnte, aber sie hörte die Flammen knistern und prasseln. Sie hielt die Hand
vor die Augen, blinzelte durch die Finger und sah feine Flammen über den
Fußboden hin die Wände hinaufzüngeln. Jemand hatte die glimmenden Scheite aus
dem offenen Herd über die ganze Küche verstreut, und der trockene
Kiefernholzfußboden sog die Flammen wie Zunder ein und spie sie wieder von
sich.
Scarlett
stürzte ins Eßzimmer zurück, ergriff einen Teppich und warf polternd zwei
Stühle um. »Ach Gott, käme mir nur jemand zu Hilfe! Nie im Leben kann ich es
allein ersticken! Tara ist verloren. Ach Gott, das meinte der verfluchte kleine
Schurke, als er sagte, er wollte uns einen Denkzettel geben; oh, hätte ich ihm
nur den Degen gelassen!«
Auf dem
Flur lief sie an ihrem Sohn vorbei, der mit seinem Degen in einer Ecke lag, die
Augen geschlossen und das Gesicht völlig entspannt, mit dem Ausdruck eines fast
überirdischen Friedens.
»Mein
Gott, er ist tot. Sie haben ihn zu Tode erschreckt!« ging es ihr wild durch den
Kopf. Sie rannte mit dem Eimer voll Trinkwasser, der immer im Gang neben der
Küchenrür stand, an ihm vorbei. Sie tauchte das Ende des Teppichs in den Eimer
und taumelte hustend wieder in die Küche. Eine Ewigkeit lang schlug sie mit dem
Teppich gegen die Feuerschlangen, die hurtig neben ihr aufschossen. Zweimal
fing ihr Rock Feuer, sie schlug es mit der Hand aus. Der Geruch ihres
versengten Haares stieg ihr in die Nase, als sich die Nadeln lösten und das
Haar ihr um die Schultern wehte. Überall spielten die
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