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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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in Szene. Warum sagen Sie mir nicht offen, was es ist? Wenn ich
etwas an Frauen schätze, so ist es Offenheit. Aber nein, Sie klingeln lieber
mit Ihren Ohrringen und machen Possen wie eine Dirne mit einem künftigen
Kunden.«
    Bei den
letzten Worten erhob er nicht etwa seine Stimme, aber Scarlett empfand sie wie
einen Peitschenhieb, und verzweifelt sah sie ihre Hoffnung auf einen
Heiratsantrag zunichte werden. Hätte er vor Wut und verletzter Eitelkeit getobt
wie andere Männer, sie wäre mit ihm fertig geworden. Seine tödlich ruhige
Stimme ängstigte sie. Sie wußte sich nicht mehr zu helfen. Obwohl Rhett Butler
ein Gefangener war und die Yankees sich im Nebenzimmer aufhielten, ging ihr
plötzlich auf, wie gefährlich es war, sich mit ihm einzulassen.
    »Mein
Gedächtnis läßt mich manchmal im Stich«, fuhr er fort. »Ich hatte wissen
sollen, daß Sie genauso sind wie ich und nie etwas ohne Grund tun. Nun, lassen
Sie uns sehen. Was kann wohl Ihre heimliche Absicht gewesen sein, Mrs.
Hamilton? Sie können doch unmöglich so töricht sein, von mir einen
Heiratsantrag zu erwarten «
    Sie wurde
rot und gab keine Antwort.
    »Sie
können doch unmöglich vergessen haben, was ich Ihnen so oft sagte: daß das
Heiraten mir nicht liegt.«
    Als sie
schwieg, wurde er plötzlich heftig. »Sie hatten es nicht vergessen? Antworten
Sie mir.«
    »Ich hatte
es nicht vergessen«, sagte sie kläglich.
    »Was Sie
doch für eine Spielernatur sind«, höhnte er. »Nun, da ich eingesperrt bin, fern
von jeder weiblichen Gesellschaft, halten Sie mich für so wenig Herr meiner
selbst, daß ich nach Ihnen schnappen sollte wie die Forelle nach der Fliege!«
    »Das hast
du doch getan«, dachte Scarlett in der Verzweiflung ihres Herzens, »und wenn
meine Hände nicht gewesen wären ... «
    »So, der
größere Teil der Wahrheit wäre nun heraus. Fehlt nur noch der Beweggrund.
Versuchen wir, ihn ans Licht zu ziehen. Warum wollten Sie mich zur Ehe
verleiten?«
    Seine
Stimme klang jetzt ganz freundlich, fast lag ein leiser Neckton darin, und sie
faßte sich ein Herz. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren. Natürlich
mußte sie alle Hoffnung auf eine Heirat aufgeben. Aber fast war sie froh
darüber. Dieser unerschütterliche Mann hatte etwas Beängstigendes für sie. Der
Gedanke, ihn zu heiraten, war fürchterlich. Aber wenn sie es geschickt anfing,
konnte sie sich vielleicht noch ein Darlehen sichern. Sie gab ihrem Gesicht
einen kindlichen Ausdruck.
    »Ach,
Rhett, Sie könnten mir so sehr helfen ... wenn Sie lieb sein wollten ... «
    »Nichts
wäre mir lieber als lieb sein.«
    »Rhett, um
unserer alten Freundschaft willen tun Sie mir einen Gefallen!«
    »Endlich
kommt die Dame mit den schwieligen Händen mit der Wahrheit heraus! Nein,
Kranken- und Gefangenenbesuche wären nicht die richtige Rolle für Sie. Was
wollen Sie? Geld?«
    Mit dieser
unverblümten Frage hatte er alle ihre Hoffnungen zerstört, auf den Umwegen des
Herzens an ihr Ziel zu gelangen.
    »Seien Sie
nicht so schrecklich, Rhett«, schmeichelte sie. »Ich brauche wirklich Geld. Sie
sollen mir dreihundert Dollar leihen.«
    »Endlich!
Man sagt Liebe und meint Geld. Echt weiblich! Brauchen Sie das Geld sehr
dringend?«
    »Nicht so
furchtbar dringend ... aber gebrauchen könnte ich es.«
    »Dreihundert
Dollar. Das ist eine ganze Menge. Wozu brauchen Sie es?«
    »Um die
Steuern auf Tara zu bezahlen.«
    »Was für
eine Bürgschaft geben Sie mir?«
    »Eine
was?«
    »Bürgschaft,
Sicherheit. Ich will doch nicht all das Geld verlieren.« Seine Stimme klang
seidenweich, aber sie merkte es nicht. Vielleicht ging doch noch alles gut aus.
    »Meine
Ohrringe.«
    »Ich habe kein Interesse für
Ohrringe.«
    »Ich gebe Ihnen eine Hypothek auf
Tara.«
    »Was soll ich mit einem Bauernhof
anfangen?«
    »Es ist
eine gute Plantage. Sie haben keine Verluste. Ich zahle es Ihnen mit der
nächsten Baumwollernte zurück.«
    »Das ist
mir nicht sicher genug.« Er schaukelte im Stuhl und steckte die Hände in die
Taschen. »Die Baumwollpreise fallen. Die Zeiten sind schwer, und das Geld liegt
fest.«
    »Ach,
Rhett, Sie necken mich ja nur. Sie haben doch Millionen.«
    Seine
Augen funkelten boshaft, als er sie betrachtete. »Es geht also alles ganz gut,
und Sie brauchen das Geld nicht so sehr dringend, und das freut mich zu hören.
Ich freue mich immer, wenn es alten Freunden gut geht.«
    »Ach,
Rhett, um Gottes willen!« Mit ihrem Mut und ihrer Fassung war es vorbei.
    »Sprechen
Sie leiser, oder sollen die

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