Margaret Mitchell
heraus war, wurde ihr etwas leichter ums Herz. Die
Hoffnung regte sich wieder. Er hatte gesagt: »Ich gebe Ihnen.« In seinen Augen
funkelte es teuflisch, als belustige ihn das Ganze über die Maßen.
»Als ich
die Unverfrorenheit hatte, Ihnen den gleichen Vorschlag zu machen, wiesen Sie
mich aus dem Hause. Auch hatten Sie etliche sehr unschöne Bemerkungen für mich
und sagten, Sie wollten kein Dutzend Bälger. Nein, mein Kind. Sich selbst zum
Vergnügen wollten Sie nicht, aber jetzt wollen Sie doch, um sich den Wolf von
der Tür zu halten, ja, alle Tugend ist nur Preisfrage.«
»Beleidigen
Sie mich nur, aber geben Sie das Geld.«
Sie atmete
jetzt leichter. Natürlich hatte Rhett seiner Natur gemäß das Bedürfnis, sie
soviel wie möglich zu quälen und zu beleidigen. Sie konnte es alles ertragen.
Tara war es wert. Einen kurzen Augenblick war es Hochsommer, blauer
Nachmittagshimmel, und sie lag verschlafen im dichten Klee auf dem Rasen in
Tara und blickte zu den wallenden Wolkenschlössern hinauf, umduftet von weißen
Blüten, umsummt von dem Treiben der emsigen Bienen. Nachmittagsstille. Nur der
ferne Klang der Erntewagen, die aus den roten Feldern heimkehrten. Das wog alles
reichlich auf.
Sie hob den Kopf. »Wollen Sie mir
das Geld geben?«
»Nein«, sagte er gelassen.
Einen
Augenblick konnte sie das Wort nicht fassen.
»Selbst
wenn ich wollte, könnte ich es Ihnen nicht geben. Ich habe keinen Cent in
Atlanta. Ich habe Geld, gewiß, aber nicht hier. Und ich sage nicht, wo es ist,
noch wieviel es ist. Wollte ich einen Wechsel darauf ausstellen, so fielen die
Yankees wie die Wölfe über mich her, und dann hätten wir beide nichts.«
Ihr
Gesicht bekam plötzlich einen bleichen grünen Ton. Die Sommersprossen um die
Nase wurden sichtbar, und ihr Mund verzog sich wie Geralds in einem Anfall von
Jähzorn. Mit einem unartikulierten Schrei sprang sie in die Höhe. Nebenan
verstummte es plötzlich. Rasch wie ein Panther war Rhett an ihrer Seite, seine
Hand lag schwer auf ihrem Mund, sein Arm umfaßte sie fest. Sie wehrte sich wie
toll und versuchte, ihn in die Hand zu beißen und gegen die Schienbeine zu
treten, und in ihrem zerbrochenen Stolz wollte sie vor Wut, Verzweiflung und
Haß schreien. Sie wand und krümmte sich hin und her in dem eisernen Griff
seines Armes, das Herz hämmerte ihr zum Zerspringen, das enge Korsett schnürte
ihr die Luft ab. Er hielt sie so unbarmherzig fest, daß es weh tat, seine Hand
über ihrem Mund griff ihr grausam in den Kiefer. Unter seiner braunen Haut war
er erblichen. Seine Augen blickten hart und gespannt, als er sie völlig vom
Boden hochhob bis an seine Brust, sich auf den Stuhl setzte und sie trotz ihres
wilden Sträubens auf seinem Schoß festhielt.
»Kind, um
Gottes willen, schweig! Nicht schreien! Sie kommen sofort herein, wenn du
schreist, bitte, beruhige dich! Sollen die Yankees dich in diesem Zustand
sehen?«
Es kam ihr
nicht mehr darauf an, ob sie gesehen wurde. Sie verspürte nur die wilde Begier,
ihn umzubringen, aber ihr schwanden die Sinne. Sie konnte nicht atmen, er
erwürgte sie fast. In den Armen, die sie umfaßten, bebte sie vor hilfloser Wut.
Da wurde seine Stimme leise und undeutlich, sein Gesicht über ihr begann sich
zu drehen, in einem beklemmenden Nebel, der dichter und dichter wurde, bis sie
ihn nicht mehr sah und überhaupt nicht mehr wahrnahm.
Als sie
mit schwachen, ziellosen Bewegungen zum Bewußtsein zurückkehrte, fühlte sie
sich bis ins Mark erschöpft und verwirrt. Sie lag in einen Stuhl zurückgelehnt.
Ihr Hut war heruntergefallen. Rhett klopfte ihr auf die Handgelenke, seine
schwarzen Augen forschten besorgt in ihrem Gesicht. Der nette junge Offizier
versuchte ihr ein Glas Branntwein einzuflößen und hatte etwas davon vergossen,
daß es ihr den Hals herablief. Andere Offiziere standen hilflos herum und
flüsterten miteinander.
»Ich bin
... wohl ... ohnmächtig gewesen«, seufzte sie, und ihre Stimme klang aus
solcher Ferne, daß es sie selber erschreckte. »Trink«, sagte Rhett, nahm das
Glas und hielt es ihr an die Lippen. Jetzt fiel ihr alles Geschehene wieder
ein. Matt schaute sie ihm in die Augen, zu müde zum Zorn.
»Bitte,
mir zuliebe.«
Sie
schluckte, würgte und hustete, aber er goß es ihr in den Mund. Sie tat einen
großen Zug. Das scharfe Getränk brannte ihr im Halse.
»Ich
glaube, es geht ihr jetzt besser, meine Herren«, sagte Rhett. »Ich danke Ihnen.
Als ihr aufging, daß ich hingerichtet werden sollte, versagten ihr
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