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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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seinen Kummer verstehe und welch liebevolle Behandlung
er von einer Frau verdiene, die ihn wirklich zu würdigen wisse.
    Die kleine
Mrs. Hamilton war ein so hübsches rotwangiges Persönchen, das abwechselnd über
ihre traurige Lage gar schwermütig seufzte und dann lustig und lieblich wie
zierliche Silberglocken lachte, wenn er einen kleinen Spaß machte, um sie
aufzumuntern. In ihrem grünen Kleid, das Mammy jetzt wieder völlig gesäubert
hatte, kam ihre schlanke Figur mit der zierlichen Taille auf das reizendste zur
Geltung, und der feine Duft, der ihrem Taschentuch und ihrem Haar entströmte,
war berückend. Es war eine Schande, daß eine so hübsche kleine Frau allein und
hilflos in der rauhen Welt stehen sollte, deren Erbarmungslosigkeit sie nicht
erkannte, ohne Mann und Bruder, ja ohne Vater, sie zu beschützen. Frank
erschien diese Welt als ein allzu unwirtlicher Aufenthalt für eine einsame
Frau, und darin stimmte Scarlett von Herzen, wenn auch stillschweigend, mit ihm
überein.
    Er kam
jeden Abend. Die Atmosphäre in Tante Pittys Haus war wohltuend. Mammy empfing
ihn an der Haustür mit dem Lächeln, das sie nur wenigen Bevorzugten gönnte.
Pitty versorgte ihn mit Kaffee, dem sie einen Schuß Branntwein hinzufügte, und
Scarlett schien jedes Wort aus seinem Munde zu verschlingen. Manchmal nahm er
sie nachmittags im Wagen mit auf seine Geschäftswege. Das waren lustige
Fahrten, weil sie so viele dumme Fragen stellte - »echt weibliche«, sagte er
sich mit Befriedigung. Er mußte über ihre Unwissenheit in Geschäften lachen;
sie aber lachte mit und sagte: »Sie können nicht von einer dummen kleinen Frau
wie mir erwarten, daß sie sich auf die Angelegenheiten der Männer versteht.«
    Ihr
gegenüber hatte er zum erstenmal in seinem altjüngferlichen Dasein das Gefühl,
er sei ein starker, aufrechter Mann, von Gott edler geschaffen als andere
Männer, damit er hilflose Frauen beschütze.
    Als sie
schließlich zusammen vor dem Altar standen, ihre kleine Hand vertrauensvoll in
der seinen, während ihre niedergeschlagenen Wimpern dichte schwarze Halbkreise
auf ihre rosigen Wangen zeichneten, wußte er immer noch nicht, wie es
eigentlich zugegangen war. Er wußte nur, daß er zum erstenmal in seinem Leben
etwas romantisch Aufregendes getan hatte. Er, Frank Kennedy, hatte dieses
entzückende Wesen hingerissen und in seinen starken Armen aufgefangen. Es war
ein berauschendes Gefühl.
    Kein
Freund, kein Verwandter war bei ihrer Trauung zugegen. Die Trauzeugen waren
Fremde, die von der Straße hereingerufen waren. Darauf hatte Scarlett
bestanden, und er hatte widerstrebend nachgegeben. Er hätte gern seine
Schwester und seinen Schwager dabeigehabt, und ein Empfang in Miß Pittys Salon
im fröhlichen Freundeskreis mit Tischreden auf die Braut hätte ihn glücklich
gemacht. Scarlett aber wollte nicht einmal erlauben, daß Pitty kam. »Nur wir
beide, Frank«, bettelte sie und drückte ihm zärtlich den Arm. »Es soll wie eine
Entführung sein. Ich habe mir immer gewünscht, mit jemandem durchzugehen und
dann zu heiraten. Geliebter, ich bitte dich, mir zuliebe.«
    Das
zärtliche Wort, das seinem Ohr noch so neu war, und die hellen Tränen, die aus
ihren grünen Augen perlten, als sie flehend zu ihm aufschaute, gaben den
Ausschlag. Schließlich mußte der Mann seiner Braut Zugeständnisse machen,
besonders was die Form der Hochzeit betraf, denn die Frauen legten ja so viel
Wert auf Sentimentalitäten.
    Und ehe er
es sich versah, war er verheiratet.
     
    36
     
    Nicht eben
gern, weil damit seine Hoffnung, die Sägemühle sofort zu kaufen, zerbrach, aber
verwirrt durch ihr süßes Drängen, gab er ihr die dreihundert Dollar. Er konnte
es nicht dahin kommen lassen, daß ihre Familie Tara räumen mußte. Seine
Enttäuschung verlor sich, als er sie vor Glück strahlen sah, und verschwand
völlig bei ihrer liebevollen Art, seine Großmut anzuerkennen. Noch nie hatte
eine Frau so viel Aufhebens um ihn gemacht, und so fand er schließlich doch,
daß das Geld gut angewandt wäre.
    Scarlett
schickte Mammy sofort nach Tara mit dem dreifachen Auftrag, Will das Geld zu
geben, ihre Heirat mitzuteilen und Wade nach Atlanta zu bringen. Nach zwei
Tagen bekam sie ein paar kurze Zeilen von Will, die sie nicht aus der Hand gab
und mit großer Freude immer wieder las. Will schrieb, die Steuern seien bezahlt
und Jonas Wilkerson habe ein recht saures Gesicht dazu gemacht, aber bisher
nicht weiter gedroht. Will schloß mit einem unbestimmten

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