Margaret Mitchell
hustete nervös, winkte mit der Hand
ab und ärgerte sie immer wieder mit seinen Bemerkungen über ihr hübsches
Köpfchen.
Allmählich
dämmerte es ihm, daß dieses hübsche Köpfchen zugleich ein sehr guter Kopf für
Zahlen war, ja, ein viel besserer als sein eigener, und diese Erkenntnis
beunruhigte ihn. Er war wie vom Donner gerührt, als er dahinterkam, daß sie so
geschwind wie der Wind eine lange Zahlenreihe im Kopf addieren konnte, während
er Papier und Bleistift brauchte, sobald es sich um mehr als drei Ziffern
handelte. Brüche bereiteten ihr nicht die geringste Schwierigkeit. Er sah
eigentlich etwas Unschickliches darin, daß eine Frau sich auf Bruchrechnung und
geschäftliche Dinge verstand und meinte, eine mit so unweiblichen Fähigkeiten
ausgestattete Frau sollte lieber so tun, als habe sie sie nicht. Jetzt redete
er mit ihr über Geschäfte ebenso ungern, wie er es vor der Heirat gern getan
hatte. Damals hatte er gemeint, das alles gehe über ihren Horizont, und hatte
seine Freude daran gehabt, ihr dies und jenes zu erklären. Nun erkannte er, daß
sie alles nur zu gut verstand, und entrüstete sich wie alle Männer über die
Doppelzüngigkeit der Frauen. Wie alle Männer war er enttäuscht, als er sehen
mußte, daß eine Frau Verstand hatte.
Nie bekam
jemand zu wissen, wann Frank in seiner Ehe erfuhr, daß Scarlett ihn getäuscht
hatte. Vielleicht dämmerte ihm die Wahrheit, als Tony Fontaine sichtlich
ahnungslos in Geschäften nach Atlanta kam. Unmittelbarer vielleicht erfuhr er
es aus Briefen seiner Schwester in Jonesboro, die sich über seine Heirat
höchlichst wunderte. Ganz gewiß erfuhr er es nicht von Suellen selbst. Sie
schrieb ihm nie wieder, und natürlich konnte er ihr brieflich nichts erklären.
Was sollten auch Erklärungen noch frommen, nachdem er geheiratet hatte?
Immerhin folterte ihn der Gedanke, daß Suellen nie die Wahrheit erfahren und
immer denken würde, er habe sie ohne jeden Grund sitzenlassen. Wahrscheinlich
dachten das alle und verurteilten ihn deswegen. Er hatte nicht die Möglichkeit,
sich reinzuwaschen. Ein Mann konnte doch nicht überall herumerzählen, er habe
wegen einer Frau den Kopf .verloren, und ein Gentleman konnte nicht öffentlich
bekanntmachen, daß seine Frau ihn mit einer Lüge eingefangen habe.
Scarlett
war seine Frau und hatte ein Recht darauf, daß er unter allen Umständen zu ihr
hielt. Im übrigen konnte er einfach nicht glauben, daß sie ihn kalt und ohne
jede Neigung geheiratet hatte. Solche Gedanken ertrug seine männliche Eitelkeit
nicht. Da war noch die Auffassung angenehmer, sie habe sich so plötzlich in ihn
verliebt, daß sie auch eine Lüge nicht gescheut hatte, um ihn zu bekommen. Aber
es war doch sehr schwer, aus alledem klug zu werden. Er wußte, daß er für eine
Frau, die halb so alt war wie er und obendrein hübsch und klug, kein sonderlich
ansehnlicher Fang war. Aber Frank war ein Gentleman und behielt seine Zweifel
für sich. Scarlett war seine Frau, er durfte sie nicht mit verfänglichen Fragen
beleidigen, die ohnehin zu nichts führen konnten.
Zudem
hatte er keineswegs den Wunsch, das Geschehene ungeschehen zu machen, denn
seine Ehe ließ sich auf das glücklichste an. Scarlett war eine reizende,
prickelnde Frau, vollkommen in allem, wenn sie nur nicht so sehr ihren eigenen
Kopf gehabt hätte. Schon früh lernte Frank in seiner Ehe, daß das Leben höchst
angenehm war, wenn er seiner Frau ihren Willen ließ. Dann war sie froh wie ein
Kind, lachte fortwährend, machte dumme kleine Witze, saß ihm auf dem Knie und
zupfte ihn am Bart, bis er hätte schwören können, zwanzig Jahre jünger zu sein.
Seine Schuhe standen am Kamin, wenn er abends heimkam, sie war liebevoll
besorgt wegen seiner nassen Füße und seines endlosen Schnupfens und dachte
daran, daß er besonders gern Hühnermagen aß und drei Löffel Zucker in den
Kaffee nahm. Ja, es lebte sich gar süß und behaglich mit Scarlett - solange er
ihr ihren Willen ließ.
Nach
vierzehntägiger Ehe bekam Frank die Grippe, und Dr. Meade schickte ihn ins
Bett. Im ersten Kriegsjahr hatte er schon einmal zwei Monate mit
Lungenentzündung im Lazarett gelegen und sich seither immer vor einem neuen
Anfall gefürchtet. Er war deshalb heilfroh, als er unter drei Decken lag und
die heißen schweißtreibenden Tränke zu sich nahm, die Mammy und Tante Pitty ihm
stündlich brachten.
Die
Krankheit zog sich hin, und Frank wurde immer besorgter um seinen Laden. Ein
junger Gehilfe vertrat ihn und
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