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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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ihrer
anfänglichen Meinung ab, der katholische Gottesdienst sei kalt und pfäffisch.
Scarlett und Suellen wußten ebensowenig, was verlesen wurde, aber auch sie
fanden die Worte schön und tröstlich. Nur Melanie und Carreen merkten, daß hier
ein gläubiger katholischer Ire mit der Liturgie der Kirche von England zur
letzten Ruhe bestattet wurde. Carreen war halb besinnungslos vor Kummer, und
Ashleys Verhalten tat ihr zu weh, als daß sie einzugreifen vermochte.
    Als Ashley
geendet hatte, öffnete er die großen, traurigen grauen Augen und ließ sie über
die Menge schweifen. Nach einer Weile begegneten sie Wills Blick, und er sagte:
»Will jemand von den Anwesenden noch ein paar Worte sagen?«
    Mrs.
Tarleton zuckte unruhig, aber weiter kam sie nicht, denn schon humpelte Will
Benteen heran, stellte sich zu Haupten des Sarges und fing an zu sprechen.
    »Freunde«,
begann er in seiner stillen, ausdruckslosen Art. »Sie meinen vielleicht, ich
maße mir mehr an, als mir zukommt, wenn ich als erster spreche, da ich doch Mr.
O'Hara erst vor einem Jahr kennengelernt habe, während Sie alle ihn seit
zwanzig Jahren und länger kennen. Aber dies sei meine Entschuldigung: hätte er
einen Monat länger gelebt, so hätte ich das Recht gehabt, ihn >Vater< zu
nennen.«
    Eine Welle
des Erstaunens lief durch die Anwesenden. Sie waren alle zu wohlerzogen, um
miteinander zu tuscheln, aber ein Füßescharren wurde hörbar, und sie schauten
auf Carreens gesenkten Kopf. Jeder wußte von seiner stummen Verehrung für sie.
Will sah, wohin alle Blicke sich wendeten, und fuhr fort, als hätte er es nicht
bemerkt.
    »Da ich
also Miß Suellen heirate, sobald der Priester aus Atlanta kommt, glaubte ich,
ich hätte vielleicht das Recht, als erster zu sprechen.«
    Der letzte
Teil seiner Worte ging in einem Tuscheln und Brummen unter, das wie ein
erregtes Bienengesumm durch die Versammlung lief. Empörung und Enttäuschung
lagen darin. Jeder hatte Will gern und achtete ihn hoch, weil er soviel für
Tara getan hatte, jeder wußte, daß seine Neigung Carreen galt, und so wollte
ihnen die Kunde, daß er die Verfemte heiraten wollte, nicht eingehen. Der gute
alte Will nahm die gräßliche, aber falsche kleine Suellen O'Hara zur Frau!
    Einen
Augenblick war die Atmosphäre zum Zerreißen gespannt. Mrs. Tarleton schoß
Blitze, ihre Lippen formten tonlose Worte, mitten in das Schweigen hinein
ertönte die Stimme des alten McRae, der seinen Enkel bat, ihm das eben Gesagte
mitzuteilen. Will bot ihnen allen seine immer noch ruhige Stirn, aber in seinen
wasserblauen Augen lag etwas, was sie davor warnte, ein Wort gegen seine
künftige Frau zu sagen. Einen Augenblick schwankte die Waage zwischen der
allgemeinen aufrichtigen Zuneigung zu Will und der Abneigung gegen Suellen.
Will siegte. Er fuhr fort, als habe sich die kurze Pause ganz natürlich aus
seiner Rede ergeben.
    »Ich habe
Mr. O'Hara nicht in seinen besten Jahren gekannt wie Sie alle. Persönlich habe
ich nur den vornehmen alten Herrn gesehen, der nicht mehr ganz er selber war.
Aber ich habe von Ihnen allen über ihn gehört, was er früher war, und ich
möchte das eine sagen, er war ein streitbarer Ire, ein Gentleman aus dem Süden
und ein getreuer Konföderierter, wie nur je einer gelebt hat. Eine bessere
Mischung gibt es nicht, und viele wie ihn werden wir wohl auch nicht mehr
erleben. Denn die Zeiten, die solche Männer hervorbrachten, sind dahin wie er
selbst. Er ist in einem fremden Lande geboren, aber er war so echter Georgianer
wie nur igendeiner von uns, die wir ihn betrauern. Unser Leben hat er gelebt,
unser Land hat er geliebt, und wenn wir es recht besehen, ist er auch für
unsere Sache gestorben, nicht anders als ein Soldat. Er war einer von uns, mit
unseren guten und unseren schlechten Seiten, unseren Stärken und Schwächen.
Wenn er zu etwas entschlossen war, konnte nichts ihn zurückhalten, er kannte
keine Furcht vor irgendeinem Menschen auf Gottes weiter Erde, und nichts, was
von außen kam, konnte ihn überwinden. Er fürchtete sich nicht vor der
englischen Regierung, als sie ihn aufhängen wollte. Er verschwand einfach und
verließ die Heimat. Und als er als ein armer Schlucker hierherkam, auch da war
er nicht bange. Er ging an die Arbeit und verdiente sich sein Vermögen. Er
hatte auch keine Angst, sich mit diesem Lande hier einzulassen, das zum Teil
noch wüst und von den Indianern kaum verlassen war, er aber machte aus der
Wüste eine große Plantage. Und als der Krieg ausbrach

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