Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
Vom Netzwerk:
dich lieb, das weißt du,
und daran kann sich nichts ändern, was du auch tust. Und du hast doch auch mich
noch lieb, nicht wahr? Oder mußt du mich nun hassen? Scarlett, wenn je etwas
zwischen uns träte, so hielte ich es nicht aus, nach allem, was wir zusammen
durchgemacht haben! Sag, du bist mir doch nicht böse?«
    »Dummes
Zeug, Melly, was für ein Sturm im Wasserglas«, sagte Scarlett mit einigem
Widerstreben, aber die Hand, die sie scheu am Arm faßte, schüttelte sie nicht
ab.
    »Nun ist
alles wieder gut«, sagte Melanie beglückt und fügte leise hinzu: »Wir wollen
einander besuchen wie immer, nicht wahr? Wenn du Republikaner und Yankees
erwartest, läßt du es mich einfach wissen, und dann bleibe ich zu Hause.«
    »Es ist
mir höchst gleichgültig, ob du kommst oder nicht.« Damit setzte Scarlett sich
den Hut auf und rauschte davon. Eine kleine Genugtuung für ihre gekränkte
Eitelkeit nahm sie doch mit nach Hause - Melanies schmerzlichen Ausdruck bei
ihren letzten Worten.
     
    In den
Wochen nach der ersten Gesellschaft kam es Scarlett oft sauer an, nach wie vor
gegen die Meinung der Leute gleichgültig zu scheinen. Als die alten Freunde mit
Ausnahme von Melly und Pitty, Onkel Henry und Ashley sie nicht mehr besuchten
und sie nicht zu ihren eigenen bescheidenen Geselligkeiten einluden, war sie
aufrichtig verwundert und verletzt. Hatte sie sich nicht alle Mühe gegeben, die
Streitaxt zu begraben und diesen Leuten zu zeigen, daß sie ihnen all ihren
Klatsch hinter ihrem Rücken nicht nachtrug? Sie mußten doch wissen, daß sie dem
Gouverneur genausowenig gewogen war wie sie alle und ihn nur aus Gründen der
Zweckmäßigkeit höflich behandelte! Die Narren! Wäre nur jedermann höflich zu
den Republikanern, dem Staate Georgia wäre bald geholfen.
    Sie war
sich nicht klar darüber, daß sie das lose Band, das sie noch mit den alten
Zeiten und den alten Freunden verknüpfte, mit einem einzigen Hieb
entzweigeschnitten hatte. Nicht einmal Melly hätte den zerrissenen Faden wieder
anspinnen können. Und Melanie, im tiefsten Herzen befremdet und verletzt und
dennoch unbeirrt in ihrer Treue, versuchte es nicht einmal. Selbst wenn
Scarlett zu der alten Lebensart und den alten Freunden hätte zurückkehren
wollen - es gab jetzt kein Zurück mehr. Ihr gegenüber war das Antlitz der Stadt
versteinert, und der Haß gegen das Regiment Bullocks traf auch sie. Ein kalter,
unbeirrbarer Haß ohne Feuer und Flammen. Scarlett hatte ihr Schicksal an den
Feind geknüpft. Wohin sie auch der Geburt und der Herkunft nach gehören mochte,
sie wurde künftig zu den Überläufern, den Niggerfreunden, den Verrätern, den
Republikanern gerechnet - zu den Gesinnungslumpen.
    Es dauerte
noch eine Weile, daß Scarlett innerlich darunter litt, dann aber wurde sie
wirklich so gleichgültig, wie sie sich bisher gestellt hatte. Nie hatte sie
sich lange bei den Schwankungen menschlicher Neigung aufgehalten, und wenn sie
auf dem einen Weg nicht weiterkam, hatte sie nie lange Trübsal geblasen. Bald
fragte sie überhaupt nicht mehr danach, was Merriwethers, Elsings, Whitings,
Bonnells, Meades und die anderen über sie dachten. Melanie verkehrte ja noch
bei ihr und brachte Ashley mit, und an Ashley lag ihr am meisten. Und immer gab
es noch Leute genug in Atlanta, die ihre Feste besuchten und viel besser zu ihr
paßten als jene engherzigen Narren. Sie konnte, sooft sie wollte, ihr Haus mit
Gästen füllen, die viel amüsanter und viel eleganter waren als die törichten,
verrannten alten Dickköpfe, deren Mißfallen sie erregt hatte.
    Diese
Leute waren erst unlängst nach Atlanta gezogen. Einige waren Bekannte von
Rhett, andere hatten mit ihm in den geheimnisvollen Angelegenheiten zu tun, von
denen er immer nur sagte: »Geschäfte, weiter nichts, mein Herzchen.« Einige
hatten Scarlett getroffen, als sie im Hotel National wohnten, einige waren
Bekannte des Gouverneurs Bullock.
    Es war
eine buntscheckige Gesellschaft, in der sie sich fortan bewegte. Gelerts gehörten
dazu, die schon in einem Dutzend verschiedener Staaten herumgekommen waren und
jeden anscheinend eiligst verlassen hatten, sobald ihre Schiebungen an den Tag
kamen; Conningtons, deren Beziehungen zu der Freilassungsbehörde eines
abgelegenen Staates ihnen auf Kosten der unwissenden Schwarzen, deren sie sich
angeblich anzunehmen hatten, viel Geld eingebracht hatten; Deals, die der
konföderierten Regierung so lange Schuhe aus »Lederersatz« verkauft hatten, bis
sie schließlich das letzte

Weitere Kostenlose Bücher