Margaret Mitchell
um
Entschuldigung von ihm gefordert hatte, ging Rhett nach New Orleans, nahm trotz
Mammys Einspruch Wade mit und blieb dort, bis Scarletts Wut sich ausgetobt
hatte. Aber der Stachel blieb haften. Sie hatte ihm nicht beikommen können.
Als er
kühl und liebenswürdig aus New Orleans zurückkehrte, schluckte sie ihren Zorn
herunter und beschloß, es später auszufechten. Jetzt wollte sie sich nicht mit
etwas Unerfreulichem herumschlagen, sondern glücklich sein, denn sie hatte den
Kopf von der ersten Gesellschaft voll, die sie in dem neuen Hause geben wollte.
Es sollte eine riesige Soiree werden, mit Fahnen und Orchestermusik. Die ganzen
Veranden und Türen sollten mit Tuch ausgeschlagen werden, und ein Souper sollte
es geben, daß einem schon im voraus der Mund wässerte. Jeden wollte sie
einladen, den sie überhaupt in Atlanta kannte, alle alten Freunde und all die
neuen, die sie seit ihrer Hochzeitsreise kennengelernt hatte. In ihrer
Vorfreude auf diese Gesellschaft vergaß sie Rhetts Bissigkeiten und war glücklicher
als seit Jahren, wenn sie sich ihren großen Empfang ausmalte.
Es war
doch eine Freude, reich zu sein und Gesellschaften geben zu können, ohne
nachzurechnen, was es kostete, die teuersten Möbel, die elegantesten Kleider
und die herrlichsten Speisen zu bestellen und keinen Augenblick an die Rechnung
zu denken! Wie schön war es, Tante Pauline und Tante Eulalie in Charleston und
Will auf Tara einen Scheck auf eine stattliche Summe zu schicken! Ach, all die
eifersüchtigen Tröpfe, die da behaupteten, Geld sei nicht alles! Wie
verschroben von Rhett zu meinen, sie habe nichts davon!
Scarlett
schickte all ihren alten Freunden und Bekannten eine Einladung, auch denen, die
sie nicht leiden konnte - selbst Mrs. Merriwether, die bei ihrem Besuch im
Hotel National fast schon unhöflich gewesen war, und Mrs. Elsing mit ihrer
eisigen Kälte. Auch Mrs. Meade und Mrs. Whiting lud sie ein, obwohl sie wußte,
daß diese Damen sie ebenfalls nicht leiden konnten und auch wohl nicht einmal
die richtigen Kleider für einen so anspruchsvollen Abend zur Verfügung hatten.
Scarletts Abendempfang zur Einweihung ihres neuen Hauses, ihr »crush«, wie man
ein solches Mittelding zwischen Soiree und Ball jetzt nannte, war das
aufsehenerregendste Ereignis, das Atlanta je erlebt hatte.
An dem
Abend waren das Haus und der mit Tuch ausgeschlagene Balkon mit Gästen
überfüllt, die ihren Sektpunsch tranken, ihre Pasteten und gebackene Austern in
saurer Sahne aßen und nach der Musik des hinter Fahnen und Gummibäumen
verborgenen Orchesters tanzten. Aber niemand von denen, die Rhett als »die alte
Garde« bezeichnete, war dabei, bis auf Melanie und Ashley, Tante Pitty und
Onkel Henry, Dr. Meade und Frau und Großpapa Merriwether.
Viele von
der alten Garde hatten sich anfangs, wenn auch widerstrebend, bereit gefunden,
die Gesellschaft mitzumachen. Einige hatten Melanies wegen zugesagt, andere aus
dem Gefühl heraus, Rhett für seine mehrfachen Lebensrettungen Dank schuldig zu
sein. Aber zwei Tage zuvor wurde es in Atlanta ruchbar, daß auch der Gouverneur
Bullock eingeladen sei. Die alte Garde tat daraufhin ihre Mißbilligung durch
einen Stapel von Kartellen kund, auf denen Scarletts freundliche Einladung mit
Bedauern abgelehnt wurde, und auch die kleine Schar derer, die gekommen waren,
verabschiedete sich verlegen, aber entschlossen, sobald der Gouverneur das Haus
betrat.
Scarlett
war vor Zorn über diese Kränkung so fassungslos und aufgebracht, daß ihr die
Gesellschaft völlig verleidet war. Ihr eleganter »crush«! Mit so viel Liebe
hatte sie alles angeordnet, und nun waren nur ganz wenige alte Freunde und gar
keine der alten Feinde gekommen, all die Herrlichkeit zu bewundern! Als der
letzte Gast im Morgengrauen nach Hause gegangen war, würde sie geweint und
getobt haben, hätte sie nicht Rhetts schallendes Gelächter gefürchtet und Angst
gehabt, in seinen glitzernden schwarzen Augen die Worte »Ich habe es dir ja
gleich gesagt« zu lesen, auch ohne daß er sie aussprach. Deshalb verschluckte
sie mit bittersüßer Miene ihren Groll und tat, als mache sie sich nichts daraus.
Nur
Melanie gegenüber gestattete sie sich am folgenden Morgen die Wohltat eines
Zornausbruches.
»Du hast
mich gekränkt, Melly Wilkes, und Ashley und die anderen dazu angestachelt, mich
gleichfalls zu kränken. Du weißt sehr gut, daß sie niemals so früh nach Hause
gegangen wären, hättest du sie nicht mit Gewalt fortgetrieben. O ja, ich
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