Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
Vom Netzwerk:
ersparen. Wenn er nun
auch wie Frank ... ?
    Eines
Abends blieb er noch länger aus als sonst, und sie ertrug die Spannung nicht
länger. Als sie seinen Schlüssel im Schloß vernahm, warf sie sich den
Schlafrock um, ging in den mit Gas beleuchteten, oberen Flur und fing ihn an
der Treppe ab. Er war in Gedanken vertieft und machte ein überraschtes Gesicht,
als er sie da vor sich stehen sah.
    »Rhett,
ich muß es wissen! Ich muß wissen, ob du ... ob es wegen des Klans ist, daß du
so spät kommst? Gehörst du ...?«
    In dem
grellen Gaslicht schaute er sie gleichmütig an und lächelte.
    »Du bist
hinter der Zeit zurück«, sagte er. »In Atlanta gibt es keinen Klan mehr, und
wahrscheinlich in ganz Georgia nicht. Du glaubst wohl den Greuelmärchen über
den Klan immer noch, die dir deine Freunde unter den Schiebern aufbinden?«
    »Keinen
Klan mehr? Lügst du das, um mich zu beruhigen?«
    »Mein
Kind, wann hätte ich dich je beruhigen wollen? Nein, es gibt keinen Klan mehr,
denn wir sind zu der Ansicht gekommen, daß er mehr Schaden als Gutes stiftet,
weil er die Yankees immer von neuem aufhetzte und Wasser auf die Greuelmühle
Seiner Exzellenz des Gouverneurs war. Er weiß, daß er nur so lange an der Macht
bleibt, wie er die Bundesregierung und die Yankeezeitungen davon überzeugt, daß
in Georgia der Aufruhr gärt und hinter jedem Busch ein Mitglied des Klans auf
der Lauer liegt. Um sich zu halten, fabriziert er daher mit aller Gewalt
Greuelmärchen, Geschichten, die nie geschehen sind, von getreuen Republikanern,
die an den Daumen aufgehängt, und von ehrbaren Schwarzen, die wegen
Vergewaltigungen gelyncht worden seien. Er schießt nach einem Ziel, das gar
nicht vorhanden ist, und weiß es auch. Vielen Dank für deine Besorgnis, aber
der Klan hat seine Tätigkeit schon sehr bald eingestellt, nachdem ich aus einem
Konjunkturritter zu einem bescheidenen Demokraten geworden bin.«
    Was er von
Gouverneur Bullock sagte, ging ihr zum größten Teil zum einen Ohr hinein und
zum andern wieder heraus. Sie war ganz erfüllt von der Nachricht, daß es keinen
Klan mehr gäbe. Rhett konnte nun nicht mehr umkommen, wie Frank umgekommen war,
der Laden und sein Vermögen konnten nicht mehr verlorengehen. Aber eines seiner
Worte war ihr vor allem aufgefallen. »Wir«, hatte er gesagt und sich ganz
unbefangen mit denen zusammen genannt, die er früher als »die alte Garde«
bezeichnet hatte.
    »Rhett«,
fragte sie plötzlich, »hast du mit der Auflösung des Klans etwas zu schaffen?«
    Er schaute
sie lange an. »Ja, Kind. Ashley Wilkes und ich tragen die Hauptverantwortung
dafür.«
    »Ashley
... und du?«
    »Ja, die
Politik führt seltsame Schlafgenossen zusammen. Weder Ashley noch ich legen
besonderen Wert darauf, Schlafgenossen zu sein, aber so ist es nun einmal. Er
hat nie an den Klan geglaubt, weil er überhaupt gegen Gewalttaten ist; ich habe
nie daran geglaubt, weil ich ihn für eine Dummheit und für ein völlig
verfehltes Mittel hielt, das zu erreichen, was wir wollten. Mit ihm hätten wir
nur erreicht, daß uns die Yankees bis zum Jüngsten Tag an der Kehle gesessen
hätten. Ashley und ich haben gemeinsam die Brauseköpfe überzeugt, daß wir
besser fahren, wenn wir die Augen offenhalten, warten und arbeiten, als wenn
wir in Nachthemden mit Feuerkreuzen herumziehen.«
    »Du willst
doch nicht sagen, daß die Männer wirklich auf dich gehört haben, auf dich, der
du ...«
    »Ein
Spekulant warst? Ein Gesinnungslump, der mit den Yankees zusammensteckte? Sie
vergessen, Mrs. Butler, daß ich jetzt ein angesehener Demokrat bin und
geschworen habe, unseren geliebten Staat bis zum letzten Blutstropfen gegen die
Räuberbande zu verteidigen. Mein Rat war gut. Sie haben darauf gehört. Mein Rat
in anderen politischen Fragen war gleichfalls gut. Wir haben doch jetzt eine
demokratische Mehrheit im Parlament, nicht wahr? Und bald, mein Kind, bringen
wir auch ein paar von unseren guten Republikanerfreunden vor Gericht. Sie sind
ein bißchen zu raubgierig geworden und gehen gar zu offen vor.«
    »Du bringst
sie ins Gefängnis? Aber es sind doch unsere Freunde! Sie haben dich doch an dem
Geschäft mit den Eisenbahnpapieren beteiligt, das dir Tausende eingebracht
hat!«
    Da grinste
Rhett wieder auf seine alte, spöttische Art.

»Oh, ich
hege keinen Groll gegen sie, aber ich stehe jetzt auf der anderen Seite, und
wenn ich etwas dazutun kann, sie dahin zu bringen, wohin sie gehören, so
geschieht es, und es wird meinen Ruf nur heben! Ich

Weitere Kostenlose Bücher