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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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aber
das Herz ist mir zu schwer. Und dann brachte er sie selbst zum
Beerdigungsunternehmer und brachte sie wieder zurück und legte sie in ihr Bett
in seinem Zimmer, und als Miß Scarlett sagte, sie gehört ins Wohnzimmer in
ihren Sarg, da dachte ich, Mister Rhett will sie schlagen, und er sagte ganz
eiskalt: >In mein Zimmer gehört sie.< Und er dreht sich zu mir und sagt:
>Mammy, du sorgst dafür, daß sie hierbleibt, bis ich wieder da bin<, und
dann jagt er zum Hause hinaus, steigt aufs Pferd und bleibt bis Sonnenuntergang
weg, und als er dann zurückgejagt kommt, sehe ich ihm an, daß er getrunken hat,
viel getrunken, aber läßt es sich nicht anmerken. Dann ist er drin und Hals
über Kopf die Treppe hinauf, ohne ein Wort zu Miß Scarlett und Miß Pitty und
den andern, die zu Besuch da waren, und reißt die Tür zu seinem Zimmer auf und
schreit, ich soll herkommen, und als ich gerannt komme, so schnell ich kann,
steht er vor dem Bett, und im Zimmer ist es so dunkel, daß ich ihn kaum sehen
kann, denn die Läden sind zu, und er schreit mich wie ein Verrückter an:
>Mach die Läden auf, es ist ja dunkel hier drinnen!< Ich machte sie auf,
und er sieht mich an, und bei Gott, Miß Melly, die Knie zittern mir, so
unheimlich sieht er aus, und er schreit >Lichter her, viel Lichter, und daß
sie mir ja brennen bleiben! Und schließt mir keine Läden und Jalousien zu, ihr
wißt doch, Miß Bonnie ist im Dunkeln so bange!<«
    Mammys
Augen begegneten Melanies entsetztem Blick, und sie nickte düster:
    »Das hat
er gesagt: >Miß Bonnie ist im Dunkeln so bange.<« Mammy schauderte
zusammen.
    »Als ich
ihm dann ein Dutzend Kerzen brachte, sagte er: >Raus!<, und dann schloß
er ab, und da sitzt er nun mit der kleinen Miß und macht Miß Scarlett die Tür
nicht auf, und wenn sie noch soviel dagegen schlägt und nach ihm schreit. Und
so ist es seit zwei Tagen, und von der Beerdigung will er nichts wissen, und
morgens schließt er die Tür zu und setzt sich aufs Pferd und reitet weg, und
bei Sonnenuntergang kommt er betrunken nach Hause und ißt nicht und schläft
nicht, und nun ist seine Ma, die alte Miß Butler aus Charleston, zum Begräbnis
da. Auch Miß Suellen und Master Will aus Tara, aber Mister Rhett spricht mit
niemand. Oh, Miß Melly, es ist schrecklich, und es wird noch schlimmer. Was
werden die Leute reden!«
    Mammy
hielt inne und wischte sich wieder die Nase mit der Hand. »Und dann heute
abend! Da hat Miß Scarlett ihn oben auf dem Flur abgefangen, als er nach Hause
kam, und ist mit ihm hineingegangen und hat gesagt: >Das Begräbnis ist
morgen früh<, und er hat gesagt: >Wenn du mir das antust, schlage ich
dich morgen tot.<«
    »Ach, er
muß ja wirklich den Verstand verloren haben!«
    »Ja,
Missis, und dann haben sie ganz leise miteinander gesprochen, und ich habe nicht
alles gehört, nur, daß er wieder davon anfing, Miß Bonnie ist im Dunkeln so
bange, und im Grabe ist es doch furchtbar dunkel, und dann hat Miß Scarlett
gesagt: >Du bist mir der Richtige, jammerst und zeterst und hast sie doch
für deinen Stolz in den Tod gejagt.< Da hat er gesagt: >Hast du denn kein
Erbarmen?< Und sie hat gesagt: >Nein! Und ein Kind habe ich auch nicht
mehr. Und ich habe es satt, wie du dich aufführst seit Bonnies Tod, du machst
dich ja zum Skandal in der Stadt, die ganze Zeit bist du betrunken, und wenn du
meinst, ich weiß nicht, wo du steckst, dann bist du ein Schafskopf, ich weiß
wohl, du bist bei der Person, bei der Belle Watling bist du gewesen.<«
    »Ach,
Mammy, nein!«
    »Ja,
Missis, das hat sie gesagt, und das ist auch wahr, Miß Melly. Nigger wissen
immer alles viel eher als die Weißen. Ich wußte schon lang, wo er gewesen war,
aber ich habe nichts gesagt, und er hat es auch nicht geleugnet, er sagte:
>Ja, Mrs. Butler, da bin ich gewesen, und du brauchst gar nicht solchen Lärm
zu machen. Dir ist es ja doch ganz gleich. Im Bordell fühlt man sich ordentlich
geborgen nach der Hölle hier zu Hause. Belle hat das beste Herz von der Welt,
sie schleudert mir nicht ins Gesicht, daß ich mein Kind umgebracht habe.<«
    »O mein
Gott!« Melanie war bis ins Innerste getroffen.
    Ihr
eigenes Leben verlief so freundlich, war so behütet und umhegt von Menschen,
die sie liebhatten, so voller Glück, daß sie das, was Mammy erzählte, nicht
fassen und nicht glauben konnte. Doch unversehens tauchte ihr eine Erinnerung auf,
ein Bild, vor dem sie eilig die Augen schloß, wie vor dem Anblick eines nackten
Menschen. Damals, als Rhett mit

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