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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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nette«, kommt es im
    Unschuldston zurück.
    »Du willst nur einen Schnaps schlauchen.«
    »Iiiiich? Unneverschämteheit. Du biste nicht gut
    erzogen. Ursula, haste du gehörte, was sie gesagte
    hat?«
    Jeder am Tisch – sogar ich – durchschaut diesen
    kleinen Mann mit dem zornigen Gesicht, die Kellner
    natürlich erst recht. Das macht Toni nur noch wütender. Er knallt seine Serviette auf den Tisch und ver-lässt das Lokal. Kaum zwei Minuten später bringt
    ein dankbarer Kellner zehn Gläschen Averna an den
    Tisch.
    Als wir zurückkommen, sitzt Antonio im Schlaf-
    anzug auf dem Balkon und nippt an einer Limonade.
    »Bäh, ihr musstete der schlimme Wein in de schlim-
    me Lokale trinken. Aber sehte mich anne. Antonio
    hatte sich eine schöne Limonade hergestellte von die frische Früchte hier mit eine bisschen Zucker.«
    Er prostet uns zu und aller Ärger ist verflogen. Antonio Marcipane mag auf manche Menschen, sogar
    auf manche Italiener, ziemlich sonderbar wirken. Ich finde ihn aber wunderbar.

    Ich habe Antonio bereits vor dem Urlaub dazu über-
    redet, die Rückfahrt im Autoreisezug zu machen.
    Eigentlich nicht um seinetwillen, sondern weil ich
    weiß, dass Ursula sonst achtzehn Stunden oder noch
    länger hinterm Steuer sitzen muss. Die Strecke von
    Termoli nach Rimini, wo der Zug nach Deutschland
    losfährt, ist leicht zu bewältigen, sogar für ihn. Also brechen wir auf, sagen allen Lebewohl und tuckern
    mit fast achtzig Stundenkilometern nach Rimini.
    Dort will Antonio seinen Wagen nicht auf den Zug
    fahren. Er sei zu breit für den Waggon, das sehe er sogar mit geschlossenen Augen. Ich zeige ihm einen
    anderen Mercedes gleichen Modells, der bereits auf
    dem Zug steht. Nein, der sei anders, eindeutig schmaler, ob ich das nicht sehen könne. Mir wird die Sache langsam zu dumm. Ich habe schon viel mitgemacht,
    seit ich Antonio kenne, doch nun reißt mir leider der Geduldsfaden.
    »Kannst du dich einmal, ein einziges Mal, zusam-
    mennehmen und dich wie ein Erwachsener auf-
    führen?«
    »He, he, vorsichtige, liebe Jung!«
    »Was denn? Wirst du sonst etwa sauer? Trinkst du
    dann wieder vor Wut Limonade, ohne uns etwas ab-
    zugeben?«
    Ich will ihn jetzt provozieren, ich will, dass er einmal richtig ausflippt. Aber meine Worte erreichen
    ihn gar nicht.
    »Kannst du dir eigentlich vorstellen, dass du ei-
    nem unglaublich auf die Nüsse gehst mit deiner
    Tour?«
    »Welche Tour? Wasse meinste du?«
    »Diese ewige Folklore-Nummer. Immer lustig,
    immer vergnügt. Das nervt. Dieses ›liebe Jung‹ die
    ganze Zeit. Dieses endlose Rumgegurke im Auto,
    verstehst du denn nicht?«
    »Verstehste du nichte. Wenn du meine Leben hät-teste und ich der deine, dann könnteste vielleichte verstehen.«
    Mit diesen Worten geht er los und fährt seinen
    Mercedes auf den Zug. Ich verstehe ihn tatsächlich
    nicht, aber ich nehme mir vor, es zu versuchen. Eigentlich weiß ich gar nicht genau, wer dieser Mann ist.
    Endlich fahren wir los und kurz darauf wird es
    dunkel. Wir haben ein Doppelabteil mit vier Betten, so dass Sara und ich in den unverfälschten Genuss
    von Antonios Schnarchen kommen. Hier kann er
    plötzlich wunderbar schlafen. Ich nicht. Dafür liege ich gut. Das Bett im Schlafwagen entschädigt mich
    für manches, auch für das Krokodil, das ich im Haus zurückgelassen habe. Es wollte dableiben, in seiner Heimat, und das konnte ich verstehen.
    Kurz bevor wir in München halten, gibt es Früh-
    stück. Antonio und ich sehen aus dem Fenster.
    »Schau, das ist Rosenheim«, sage ich.
    »Kennü«, ruft er fröhlich wie ein Kind. Und dann:
    »Weißte du, i kenne viele Städte in der Welte. Binni noch nicht gewesen, aber kenni viele.« Ein typischer Satz im antonioschen Sprach universum.
    Komisch, dass er nach so vielen Jahren in Deutsch-
    land immer noch so schlecht Deutsch spricht. Ich fra-ge ihn, woran das liegte.
    »Findeste du, meine Deutsch iste schlecht? Iste
    nicht so schlechte, finde ich.«
    »Richtig gut ist es aber auch nicht.«
    »Weisse du, iste eine Trick. Leute denken, Antonio
    kapierte nix, aber kapierte er alles. Bin i genial? Sag mal, bin i jetzt genial?«
    »Natürlich bist du genial.«
    »Bin nicht dumm. Weisse du, wie das iste mit die
    Dumme?«
    »Sag’s mir.«
    »Iste ganz einfach: Gott macht er die Dumme.
    Unde der Teufel verdoppelt sie.«
    Und dann lacht er sein Sirenenlachen. Antonio
    Marcipane, Aufsichtsratsvorsitzender der Marcipane
    AG.

Vier
    Einige Monate später erhalten wir Post aus

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