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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Joens
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eine Blutanalyse von Miriams Schwager gemacht, um einen eventuell illegalen Alkoholpegel festzustellen.
    Miriam zögerte kurz. Es sei ja schließlich die Nacht von Faschingsdienstag auf Aschermittwoch gewesen, eine beliebte Unfallnacht für Fahrer mit zu viel Promille.
    Während sie davon erzählt, schlagen Miriams Zähne aufeinander, als hätte sie Schüttelfrost. Die holländische Spedition, für die der kaum verletzte Lastwagenfahrer fuhr, hatte sofort seinen Anwalt geschickt. Er kam bereits am Mittwochabend und brachte Miriam mit artiger Verbeugung scheußliche Astern. Todesblumen. Das kleine Wiesel kannte alle Schlupflöcher, die dicken, fetten Lastwagen, aber nicht unbedingt kleinen Familienwagen offenstehen. Der Fahrer des Lastwagens und damit natürlich auch die Spedition trügen keinerlei Schuld. Ein Verfahren gegen Wassili hingegen sei unabwendbar. In seinem Blut war zwar so gut wie kein Alkohol, aber dafür ein Medikament nachgewiesen worden, das bisweilen die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen könnte. Wusste Miriam, dass ihr Schwager herzkrank war? Natürlich wusste sie das, aber Wassili war immer Auto gefahren. Noch im Sommer waren sie alle zusammen in Petersburg gewesen und hatten die berühmten weißen Nächte gefeiert. Beethoven im Freien bis Mitternacht. Carola an der Bratsche. Ihre Carola, die nie sterblich war, weil große Schwestern einfach nicht so früh sterben. Ob Miriams Schwager verantwortungslos war? Miriam wäre dem Anwalt beinahe an die Gurgel gegangen. Wassili war ein liebevoller, beschützender Ehemann und Vater. Und ja, es hat gestimmt, dass man Wassili vor Kurzem die Einbürgerung verweigert hat, weil er angeblich Kontakt hatte zu einer der vielen politischen Kleingruppierungen, die in Deutschland als bedrohlich empfunden werden.
    Jetzt noch ist Miriam wütend auf diesen Anwalt. Er hätte auch einfach sein Bedauern ausdrücken können, denn es blieben immerhin zwei unversorgte Kinder zurück. Das Geld von der Versicherung wäre jetzt durchaus hilfreich. Miriam wollte eine Reise machen, um die Kinder abzulenken. Aber das Kleingedruckte in dem Vertrag der Risikolebensversicherung war mehr als deutlich und jetzt mehrfach vergrößert und rot unterstrichen. Ohne ein abschließendes positives Urteil zahlt die Versicherung nicht. Grobe Fahrlässigkeit nennt man das, wenn jemand unter Alkohol- oder Medikamenteneinfluss am Steuer sitzt. Dieses unwürdige Verfahren gegen Miriams Schwager wurde inzwischen bereits mehrfach verschoben, denn die Gutachter konnten sich letztendlich nicht darüber einigen, inwieweit Wassilis Einnahme seines Medikaments wirklich seine Fahrtüchtigkeit in dem Moment des Unfalls beeinträchtigt hatte. Es sei eine dieser Ermessensfragen, hatte der viel zu teure Anwalt Miriam schließlich erklärt, als sie ihn gar nicht mehr bezahlen konnte. Erst dann, wenn wirklich einwandfrei erwiesen wäre, dass Wassili sicher keinerlei Schuld an dem Unfall träfe, käme die Risikolebensversicherung zugunsten seiner Kinder zur Auszahlung.
    Miriam seufzt. Die Kinder hätten das Geld ohnehin nicht bekommen, weil sie minderjährig waren. Die volle Summe, abzüglich der vorgestreckten Kosten für den Anwalt, wäre treuhänderisch vom Staat verwaltet worden, bis die Sorgerechtsfrage endgültig geklärt werden konnte oder die Kinder ihre Volljährigkeit erreicht hatten.
    Miriam hatte schließlich aufgegeben. Verreisen wollte sie mit den Kindern ohnehin nur in den Sommerferien nach Tiflis, zu einem alten Schulfreund von Wassili, der sie nach der Beerdigung eingeladen hatte. Aber für Miriam gibt es auch kein Tiflis ohne geregeltes Sorgerecht. Georgien ist keines der Länder, in das man so ohne Weiteres einreisen darf, wenn die Kinder nur die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Und überhaupt würde eine Reise bei einer weiteren impulsiven Handlung von Miriam in immer weitere Ferne rücken. Sie würde mit den Kindern in München bleiben müssen.
    Ob die wütenden Tränen, die Miriam jetzt noch in den Armen der Hebamme weint, ihrem Baby schaden? Ist Miriam wahnsinnig, weil sie darum kämpft, ihren Neffen und ihre Nichte bei sich zu behalten? Und warum fühlt sie oft so wenig für ihr eigenes Baby? Die letzte Frage stößt Miriam unter Wogen von wütenden Schluchzern hervor. Warum sollte sie das Baby nicht gleich nach der Geburt zur Adoption freigeben? Dann wäre so vieles leichter.
    Wanda hält die Luft an. Da ist die schier unendliche Tiefe von Miriams Verzweiflung, aus der sich kein Mensch

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