Mariannes Traenen
Unterwäsche gab es keine. Konrad forderte sie mit einem Wink auf, ihm zu folgen. Er brachte sie zur Tür, erlaubte ihr am Ausgang ein paar hochhackige Pumps und warf sie dann aus ihrer eigenen Wohnung.
„Morgen ! Neun Uhr!“, befahl er ihr knapp. „Zimmer 314! Du kennst ja den Weg.“
„Konny, bitte …“ Svenja unternahm einen Versuch, ihn milde zu stimmen. Tränen liefen ihr übers Gesicht.
„Geh mir aus den Augen!“, sagte er nur. Dann warf er die Tür hinter ihr ins Schloß.
KAPITEL 2 3
Marianne erwachte vom Glockengeläut. Es war Sonntag. Der Wecker auf ihrem Nachttisch zeigte acht Uhr, und sie spürte Rudolfs Atem in ihrem Nacken. Als er und Konrad am Vorabend von der Durchsuchung der beiden Wohnungen im Gruberhof zurückgekommen waren, schien er ihr über die Maßen erleichtert. Sie hatten bei ihrer Suche offenbar mehr gefunden, als sie erwartet hatten, und Marianne hatte auf seinen Wunsch einen ganzen Stapel Papiere und DVDs gleich in ihrem Bürosafe deponiert. Kathrin und Konny waren recht schnell wieder nach Zimmer 314 verschwunden. Rudolf hatte sich seiner Straßenkleider entledigt und sich dann kurz aufs Bett legen wollen, um ein paar Minuten auszuruhen wie er sagte. Doch er war auf der Stelle eingeschlafen; so tief, daß sie ihn nicht mehr wecken mochte. Also hatte sie sich in einen seiner großen Flanell-Schlafanzüge gewickelt und sich dann still neben ihn gekuschelt. Sie konnte sich nicht erinnern, noch lange wach geblieben zu sein. Ihr Rücken schmerzte ein wenig, und ihre Brüste auch. Marianne schloß die Augen.
Sie war frei!
Ein wohliger Schauer durchlief sie bei dem Gedanken. Und Rudolf lag hinter ihr und hielt sie in seinen Armen. Er hatte sie gerettet, war ihr Ritter gewesen, der sie befreit hatte. Allerdings ein so erschöpfter Ritter, daß er nur müde brummelte und sich umdrehte, als sie sich aus seinen Armen befreite. Sie betrachtete ihn, wie er so dalag und schlief. Endlich hatte sie etwas gefunden, wo er nicht lautlos war wie eine Katze: Wenn er richtig erschöpft war, schnarchte er leise. Marianne lächelte. Und erschrak, als das Telefon klingelte. Rudolf richtete sich auf und schaute ziemlich zerknittert um sich. „Was?“, fragte er nur.
„Es war Kathrin.“ Sie kletterte zu ihm zurück ins Bett. „Sie hat in der Küche etwas zu essen besorgt und möchte, daß wir gleich hochkommen. Svenja soll um neun Uhr kommen.“
Rudolf rieb sich angestrengt das Gesicht. „Hast du irgendwas gegen Kopfschmerzen da ?“, fragte er. Seine Augen waren gerötet.
Marianne holte ihm eine Tablette und ein Glas Orangensaft. „Hier, ist es arg?“
Rudolf schüttelte den Kopf. „Geht schon. Laß uns gehen. Das wird gleich nochmal etwas unangenehm.“ Er lächelte sie an. „Weißt du, ich bin solche Sachen nicht gewohnt.“
Sie lachte leise. „Für mich war es auch das erste Mal.“ Ihr Gesicht wurde ernst. „Sklavin zu sein war eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichtet hätte.“
Rudolf nickte. „Verzeih mir, daß ich nicht mehr für dich tun konnte.“
Sie sah ihn erstaunt an. „ Nicht mehr? Du hast es beendet!“
„Ich hätte dir einiges gerne erspart.“
Marianne lachte. „Einiges? Aber nicht alles …“
Rudolf lächelte. „Kein gutes Thema, denke ich.“
Marianne nickte. „Wir sollten ein paar Tage damit warten. Komm, zieh dich an. Gehen wir frühstücken. Was macht der Kopf?“
„Es wird gehen.“
Sie hatten gefrühstückt, und Kathrin war die ganze Zeit auffallend bemüht gewesen um ihre Mutter. Marianne lächelte still über Kathrins rührende Fürsorge, ihrer Mutter jede Handreichung und jeden Gang zu ersparen. Aber wie immer, wenn ein Thema im Raum steht und nicht angesprochen wird, kam auch hier der Moment, da die belanglosen Gespräche versiegten und für eine beklommene Minute Schweigen herrschte.
„Mama, war es sehr schlimm gestern?“, wagte Kathrin endlich die Frage, die sie bedrückte.
Marianne lächelte mild. „Es ist vorbei“, sagte sie nur.
„ Ach Mama!“, rief Kathrin und stürzte neben ihrem Stuhl auf die Knie. Sie legte ihren Kopf auf Mariannes Schoß und umfaßte ihre Mutter, wie ein Kind das Trost sucht. Versonnen strich Marianne ihr über das feine Haar und ließ es durch ihre Finger gleiten. So sehr die beiden oft eher Freundinnen schienen als Mutter und Tochter – in den vergangenen Tagen war Kathrin wieder zu ihrem Kind geworden. Für das sie wie jede Mutter zu jedem Opfer bereit gewesen wäre. Und es ja auch tatsächlich
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