Mariannes Traenen
Augen.
„Was ist? Bist du krank?“
„Nein!“ Doch! Marianne versuchte ein Lächeln.
„Harte Nacht gehabt ?“, fragte Kathrin mit spitzbübischem Lächeln.
„Ach, was du immer denkst.“ Eine harte Nacht – so könnte man es nennen. Der Boden war kalt und hart. Die Peitsche war heiß, aber nicht minder hart. Die Ketten waren hart. Und die roten Pumps, die ich küssen mußte.
„Also doch.“ Sie grinste, als sie sich mit den Händen auf Schreibtisch und Stuhllehne stützte, ihre schlanken Beine streckte und sich aufreizend in den Hüften wiegte. „Komm, erzähl schon!“
Doch Marianne schloß nur kurz die Augen, legte den Kopf in den Nacken, schüttelte mit einer schwachen Bewegung ihr Haar nach hinten und sah dann ihre Tochter mit ernstem Blick an. Deinetwegen mache ich das. Deinetwegen tun sie mir das an. Deinetwegen werden sie mich vergewaltigen. Und ich kann mich dir noch nicht einmal erklären.
Sie hob die Hand, schob ihrer Toc hter eine Haarsträhne aus den Augen und musterte ihr Gesicht. Kathrin war das Ebenbild ihres Vaters, da war so viel von ihm in ihr, und Marianne liebte sie über alles. Was würde geschehen, wenn sie sich weigerte und der Film zwangsläufig an die Öffentlichkeit geriete? Kathrin war eine schöne, junge Frau. Klug, witzig, sexy und selbstbewußt. Wie würden die Männer im Dorf sie behandeln, wenn herauskäme, daß ihre Mutter … Sie schloß ihre Augen, um den Schmerz zu fühlen, der sie durchdrang.
„Mama?“ Kathrin klang besorgt.
„Ist schon gut. Mach dir bitte keine Sorgen. Ich komme schon!“
„Du kommst schon klar, ich weiß.“ Kathrin lachte. „Das sagst du jedesmal.“ Sie seufzte. „Ist schon gut. Ich rufe an.“
„Wen?“
„Nicht so wichtig. Träum weiter.“ Kathrin richtete sich auf und lachte.
Du bist schön , dachte Marianne voller Wehmut, jung und schön. Und du liebst deinen Mann. Eure Ehe ist glücklich. Konstantin ist ein ganz lieber. Kommt so gar nicht nach seiner Mutter. Svenja … Marianne erschauerte. Wie lange würde es dauern? Welche Frist würde man ihr lassen, bis sie sich das nächste Mal vor dieser Frau selbst demütigen müßte.
„Hey, alles OK? Willst du nicht lieber hochgehen und dich hinlegen?“
Marianne schüttelte nur müde den Kopf.
„ Entschuldigen Sie bitte! “
Kathrin schaute sich erschrocken um. Beide hatten sie ihn nicht kommen gehört. „Ja bitte, Herr Stadler“, sagte sie, doch da war ihre Mutter schon auf den Beinen und an ihr vorbei. „Rudolf!“, rief sie überrascht. „Was darf ich … wie kann ich Ihnen dienen?“
„Ich denke, ich habe hier noch eine Weile zu tun. Würden Sie bitte meine Buchung verlängern?“
„Mit dem größten Vergnügen. Und für wie lange, bitte?“
„So lange es dauern wird.“
Kathrin sah, wie sich ein warmes Lächeln über das Gesicht ihrer Mutter legte. In ihrem Gesicht stand Freude, und auch Herr Stadler schien für einen kurzen Moment zu lächeln.
„Gerne “, sagte ihre Mutter. „Bitte bleiben Sie, so lange Sie möchten!“
„Wir schließen allerdings in zwei Wochen “, merkte Kathrin an. Doch sie hätte genausogut zur Türklinke sprechen können, oder zu den Bildern an den Wänden.
„Gut “, sagte er nur und schaute seiner Mutter lange in die Augen. Dann dreht er sich um und war ebenso schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war. Marianne blieb zurück und schaute ihm wie traumverloren nach.
Kathrin lugte um ihre Mutter herum und legte den Arm um sie.
„Aha !“, sagte sie amüsiert. „ So lange Sie möchten! So-so!“
Ihre Mutter seufzte leise und sah sie an.
„War aber auch Zeit. Dafür, daß du dich frisch verschossen hast, schaust du allerdings ziemlich betreten drein. Eher wie drei Wochen Regenwetter in der Hochsaison.“
Marianne versuchte ein Lächeln, und ihre Tochter fiel ihr um den Hals.
„Ach Mama! Ich freue mich doch für dich! Marianne erwiderte die Umarmung. Plötzlich fühlte Kathrin jedoch, wie ihre Mutter erstarrte. Sie wich zurück. „Mama?“, fragte sie. „Was ist denn?“
Marianne starrte zu den großen Fenstern der Vorderfront hinaus, als sei dort soeben der Leibhaftige erschienen. Hastig machte sie sich von ihrer Tochter los. „Wenn mich jemand sprechen will, schickst du ihn bitte rein.“ Sie eilte augenblicklich ins Büro. Bevor sie die Tür schloß, hielt sie inne. „Kathrin, auf keinen Fall, hörst du, auf keinen Fall irgendwelche Störungen!“
„Ist ja gut!“
„Bitte, Kathrin!“, bekräftigte ihre
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