Mariannes Traenen
Und sie hatte mit sich ringen müssen, um ihm den wahren Grund zu nennen.
„Weil … weil ich dir … Nein“, sie hatte den Kopf geschüttelt. „Es ist nicht, weil ich dir dankbar bin. Ich bin dir dankbar“, hatte sie eilig hinzu gefügt, „aber das ist es nicht.“
„Was ist es dann?“ Er hatte sie kritisch gemustert .
„Es ist …“ Das Geständnis war ihr schwer gefallen. „Zu wissen, daß ich … daß du …“ Sie hatte schlucken müssen. „Daß ich dir so gedient habe, bevor … ich einem Fremden so …“ Plötzlich war es aus ihr herausgebrochen. „Bitte! Zu wissen, daß es einen Mann gibt, dem ich so dienen will, weil ich ihn begehre und er mich begehrt … daß ich hinterher zu ihm kommen darf, und er mich … daß ich trotzdem …“ Sie hatte sich vorgebeugt und zärtlich sein mittlerweile hoch aufgerichtetes Geschlecht geküßt. „Bitte! Es würde mir helfen!“, hatte sie geflüstert. „Bitte! Auch wenn du … wenn du mich nicht … liebst. “
Zärtlich hatte er ihr Haar gestreichelt. Und für einen kurzen Moment hatte sie geglaubt, etwas in seinem Blick zu sehen , was sie schon am Vortag einmal … Doch vielleicht sah sie nur, was sie gerne gesehen hätte. Plötzlich hatte er sich umgedreht, war zum Tisch gegangen, um die Handfesseln zu holen. Ergeben hatte sie ihm ihre Hände geboten, und er hatte sie auf ihrem Rücken geschlossen. Sie hatte seine Kraft gespürt, als er ihre Leine genommen hatte.
„Deinen Mund, Sklavin !“, hatte er befohlen.
U nd sie hatte gehorcht, hatte gehorchen wollen. Es war wie ein Rausch gewesen, und sie hatte es nicht einmal erniedrigend empfunden, so vor ihm zu knien und ihn in ihrem Mund zu empfangen. Für sie war es Hingabe gewesen; reine, bedingungslose Hingabe. Und sie hatte sich so sicher gefühlt, so geborgen mit den Fesseln an Hals und Händen, als sie seine Lust gespürt hatte, als sie fühlen konnte, daß auch er sie begehrte. Trotzdem sie in diesem Moment nichts anderes als eine Sklavin vor ihm war und wahrscheinlich schon bald durch die Hände von anderen Männern würde gehen müssen. Und als er ihr in die Haare gegriffen hatte, „Trink, Sklavin! Schlucke jeden Tropfen, oder ich werde dich auspeitschen!“, da hatte sie sich mit Wonne eingeredet, daß sie nie tiefer würde fallen können, als in diese sehnigen, warmen Hände, die sie in diesem Moment führten. Wenn er zu ihr hielte, würde sie es durchstehen können – was immer man ihr antun würde.
Und dann war etwas Seltsames geschehen. Nachdem er sich in ihren Mund ergossen hatte und sie Anstalten machte, seine Füße zu küssen, hatte er sie aufgehoben und, gefesselt wie sie war, fest an sich gezogen. „Gehorchen und Dienen, ja !“, hatte er zu ihr gesagt. „Erniedrigung und Schmerz – aber nicht Entwürdigung!“ Und dann hatte er ihren Mund geküßt. Tief, zwingend und verzehrend.
Das war die zweite Welt. Marianne wußte nicht, was sie mehr aus der Fassung brachte. Daß man sie erniedrigte, schlug und vergewaltigen wollte ? Oder daß sie dabei war, sich ausgerechnet in den Mann zu verlieben, der sie in dieser Lage gesehen hatte? Da konnte sie schon nicht mehr zwischen den Schmetterlingen und den Ameisen in ihrem Bauch unterscheiden.
Doch diese beiden Welten führten dazu, daß sie sich in ihrer dritten Welt nun völlig fehl am Platz fühlte. Sich in dieser Situation noch auf den Hotel-Alltag zu konzentrieren, vermochte sie nicht mehr. Der Alltag mit seinen banalen Pflichten war ihr nur noch lästig; ernst nehmen konnte sie das alles nicht mehr. Sie wollte nicht damit behelligt werden, wollte ihre Gedanken sortieren, sich in ihre neue Situation einfinden. Kathrin beobachtete ihre Mutter und wunderte sich.
„Mama, haben wir eigentlich schon Antwort von der Gebäudereinigung und den Leuten vom Pool-Service?“
„Was?“
„Die Gebäudereinigung und der Pool-Service? Wir bräuchten die in spätestens drei Wochen.“
„Was? Äh … wieso?“
„Weil wir in zwei Wochen zu machen!“
„In zwei Wochen …“ Was werden sie in zwei Wochen alles mit mir tun? … Wie oft werden sie mich schlagen? … Wie oft werde ich vor fremden Männern knien und ihnen zu Willen sein müssen – in zwei Wochen? … Und Rudolf?
„Mama ?“, hörte sie Kathrin wie durch einen Nebel rufen.
„Was ist denn ?“, antwortete sie gereizt.
„Hallo !“ Kathrin drehte den Stuhl ihrer Mutter zu sich und beugte sich zu ihr hinunter. „Jemand zu Hause?“ Und sie bemerkte ihre glasigen
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