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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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mir in dieser Hinsicht keine falschen Erwartungen hegst!“ Bérenger lachte und zog mich an den Haaren wieder zu sich hinunter. Er streichelte meine nackten Brüste und küsste mich zärtlich. „Deine Lippen schmecken salzig, Marie.“
    Dann hievte er sich mit verhaltenem Schwung aus dem Bett, angelte sich seinen grauen Rock, der völlig zerknautscht am Boden lag. Aus der Innentasche zog er feierlich ein offizielles Schreiben heraus. Er entfaltete es und las es mir vor:

    „Der Unterzeichnete, Bérenger Saunière, Priester,
    Pfarrer der Gemeinde von Rennes-le-Château,
    erklärt Folgendes zu seiner
    letztwilligen Verfügung:
    Aufgrund der mir während langer Jahre durch meine Magd,
    Mlle. Marie Dénarnaud, geleisteten Dienste
    und ihrer aufopfernden Treue,
    da ich meiner eigenen Familie
    nur wenig Vertrauen entgegenbringe;
    und da ferner die von mir auf dieser Welt geleistete Arbeit
    bei meinen Vorgesetzten nur wenig Anerkennung fand;
    setze ich als meine Allein- und Universalerbin
    meine oben erwähnte Bediente, Mlle. Marie Dénarnaud, ein.
    Sie ist Eigentümerin der Besitztümer in Rennes-le-Château,
    und es sei hiermit ausdrücklich bestimmt,
    dass ihr meine gesamte Hinterlassenschaft zufallen soll.“

    Ich war gerührt und beeindruckt: Geleistete Dienste, aufopfernde Treue!
    Gehörte das, was gerade eben zwischen uns passiert war – die Liebe, die Leidenschaft –, auch in diese Kategorie? Gerne hätte ich ihn danach gefragt, aber in diesem erhabenen Augenblick schien es mir unpassend. Bei der wechselhaften Stimmung, die er in der letzten Zeit an den Tag gelegt hatte, war ich mir auch nicht sicher, wie er auf eine anzügliche Nachfrage meinerseits reagieren würde. In früheren Jahren hätte er mir spaßeshalber den Hintern versohlt – aber heute?
    Seltsam jedoch die übrigen Formulierungen in seinem Testament: und da ich meiner eigenen Familie nur wenig Vertrauen entgegenbringe ... Weshalb hatte Bérenger zu seinem Bruder kein Vertrauen mehr? Und dann die Sache mit seinen Vorgesetzten – rätselhaft!
    Ich hängte mich an seinen Hals. „Bérenger, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Erst überschreibst du mir die Grundstücke, und nun machst du mich auch noch zur Alleinerbin. Ich fühle mich ... ja, geehrt von deiner Großzügigkeit, geehrt. Danke für das Vertrauen, das du mir entgegenbringst. Ich werde dich nicht enttäuschen, niemals!“
    „Schon gut, Marie, schon gut.“
    „Ein paar Erklärungen bist du mir aber dennoch schuldig!“
    Himmel! Weshalb platzte ich nun doch wieder mit einer Frage heraus? Woher hatte ich diesen fatalen Hang, mich ständig um Kopf und Kragen zu reden?
    Prompt wurde Bérenger unwirsch. „Schuldig bin ich dir gar nichts, Mademoiselle Dénarnaud, das wollen wir einmal klarstellen!“ ranzte er mich heftig an, so dass ich mir erschrocken das Laken vor die Brust hielt. „Wenn du allerdings die Anspielung auf meine Vorgesetzten meinst, so sage ich dir aus freien Stücken, dass ich momentan in einer recht schwierigen Situation stecke. Als du in Lyon warst, habe ich eine äußerst unerfreuliche Nachricht aus Rom erhalten. Das unterzeichnete Testament hat mit diesen Problemen zu tun.“
    „Was ist passiert?“ fragte ich erschrocken. Mir fiel jenes Gespräch wieder ein, das ich damals, als Emma unser Gast war, hinter den Büschen belauscht hatte. „Hat man dich exkommuniziert?“
    Bérenger warf mir einen verwunderten Blick zu.
    „Wie kommst du auf eine solche Idee? Nein, nein, das nicht.“
    Ich war erleichtert, aber zugleich enttäuscht, denn ich dachte bei mir, dass ich mich wohl zu früh gefreut hatte. Von wegen Liebe, von wegen Treue und große Verdienste. Bérenger hatte das Testament aufgrund irgendwelcher Probleme mit Rom abgefasst. Schande und Schmach, schuld an meiner Enttäuschung war ich aber selbst: Hätte ich doch nur mein Mundwerk gehalten.
    Bérenger dachte jedoch nicht im Traum daran, mir Einzelheiten über seine Probleme mit Rom zu erzählen. Er stand auf, schritt zum Fenster und stellte sich so hinter den Vorhang, dass er von unten nicht gesehen werden konnte. Rasch trat ich hinter ihn und legte meine Arme um seine Brust.
    „Es tut mir leid. Ich liebe dich“, sagte ich leise und versuchte die Tränen zu verbergen, die in meine Augen drängten, „und ich denke, es ist ganz normal, dass ich wissen möchte, was dich bedrückt!“
    „Ach, Marinette“, meinte er, und drehte sich wieder zu mir um, „lass es für heute gut sein. Meine Gereiztheit

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