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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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wir in den Kriegsjahren keine große Not. Natürlich gab es Einschränkungen. Eines von Bérengers Ärgernissen war, dass seine Briefe wesentlich länger unterwegs waren als zuvor und dass er seine heißgeliebten Reisen auf unbestimmte Zeit verschieben musste, weil die Züge einfach zu unregelmäßig fuhren oder die Lage zu unsicher war.
    Die Grotte betraten wir in all den Kriegsjahren nicht.

    Ob Bérenger glücklich war in dieser Zeit, wage ich heute zu bezweifeln. Bestimmte Anzeichen für das Gegenteil wollte ich jedoch nicht wahrhaben. Als ihn erneut seine frühere Unruhe packte, er wieder jeden Abend den Turm aufsuchte, um angeblich in Ruhe zu schreiben, beschwichtigte ich mich damit, dass dieses Verhalten ja nichts Neues bedeutete. Nur brütete er diesmal beileibe nicht über irgendwelchen alten Pergamenten, konstruierte auch keine dubiosen Finanzpläne für Rom und plante ebenso wenig, wegen seltener Briefmarken oder Antiquitäten herumzufahren, sondern er unterhielt ganz offensichtlich wieder regelmäßigen Briefkontakt zu Emma.
    Durch Zufall war ich dahinter gekommen. An einem nebligen Herbstmorgen hatte sich Antoine, mitsamt dem Postsack, schwer atmend auf der schmiedeeisernen Bank vor der Villa Béthania niedergelassen. Er litt seit einiger Zeit stark unter Asthma, und bei Anstrengung bekam er nur mühsam Luft. Dennoch weigerte er sich vehement, sich auf sein Altenteil zurückzuziehen und Félix die ganze Arbeit zu überlassen.
    Die Gelegenheit war günstig. Als der Anfall vorüber war, schenkte ich ihm einen Pastis ein und spähte dann in den Postsack.
    „Ist etwas für mich dabei? Lass mich nachsehen!“ sagte ich.
    Der Alte hielt jedoch den Sack eisern fest.
    „Alle Briefe müssen zuerst zum Abbé hinauf“, krähte er vorwurfsvoll und schnappte wieder nach Luft, „so hat er es mir aufgetragen!“
    Antoine war Bérenger überaus ergeben und hatte auf mich wie alle übrigen Dorfbewohner seit der Entdeckung unseres Verhältnisses, herabgesehen. Ich konnte mich bei ihm nur durchsetzen, wenn ich im Namen des Abbé sprach.
    „Ja, ja natürlich, so beruhige dich doch! Seine Post interessiert mich nicht. Ich warte auf eine Rechnung meiner Schneiderin aus Limoux. Es wäre mir nicht recht, wenn der Abbé sie für mich bezahlt. Da habe ich nämlich meinen Stolz!“ sagte ich listig.
    Er zögerte noch immer. Nun wurde ich resolut.
    „Was ist schon dabei! Zeig her!“
    Antoine zog die Brauen zusammen, zuckte mit den Schultern und gab nach. Rasch sah ich den Stapel durch. Tatsächlich, unter einigen Rechnungen, einem Schreiben vom bischöflichen Ordinariat, sowie einem Brief für Madame Mouline, der hier nichts zu suchen hatte, befand sich ein seltsamer brauner Umschlag: eine geschäftliche Nachricht aus Buenos Ayres, Argentinien, wie man dem Absenderstempel einer mir unbekannten Import-Export Firma entnehmen konnte.
    Argentinien? Erst kürzlich hatte ich über dieses Land etwas gelesen. Was war das nur gewesen? Ach ja: Die Zahl der Rinder sei in den Pampas mittlerweile auf das Fünffache angestiegen, und neuartige Kühlschiffe würden es möglich machen, argentinisches Fleisch nach Europa zu exportieren“, hieß es in einer Notiz in der „Demain“, die mir aufgefallen war, weil - aus welchem Grund auch immer - Bérenger sie rot angestrichen hatte.
    Argentinien? Nun, als Viehzüchterin konnte ich mir Emma mit ihren golddurchwirkten Schleiern und ihrem ganzen Flitterkram nicht gerade vorstellen. Und was war mit ihrer weißen Villa in Florida?
    Dennoch war der Umschlag zweifelsfrei von ihr, denn ich kannte ihre eigenwillige Handschrift nur zu gut. Oft genug hatte sie mir eine schriftliche „Anweisung“ auf meinen Küchentisch gelegt. War sie nun naiv oder raffiniert? Ich an ihrer Stelle hätte die Adresse mit einer dieser neuartigen Maschinen oder wenigstens mit Druckbuchstaben geschrieben, dann hätte keine Marie auf der ganzen Welt mir auf die Schliche kommen können. Vielleicht war es aber ihre volle Absicht, dass ich Bescheid wusste.
    Ich gab dem Alten den Stapel Briefe mitsamt dem argentinischen Umschlag zurück.
    „Nein, nichts dabei für mich, leider, nur ein Brief an Madame Mouline. Bringst du ihn ihr vorbei? Die Rechnung von Madame Rieux läßt dieses Mal lange auf sich warten.“
    Antoine brummte Unverständliches, schwenkte sein Glas mit dem Rest des Pastis, bevor er es in einem Zug leer trank, und stand dann mühsam auf, um zum Turm hinaufzusteigen und später Madame Moulin aufzusuchen.
    Bald

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