Marissa Blumenthal 02 - Trauma
es nicht größer als ein Insekt aus. Doch der Motorenlärm ließ schon ihren Wagen zittern.
Als der Motor schließlich ansprang, legte Marissa den Vorwärtsgang ein. Das Flugzeug war schon fast über ihr. Vor sich sah sie eine einsame Akazie. In einer verrückten Eingebung dachte Marissa, sie würde ihr Schutz bieten. Sie riß das Lenkrad nach rechts, um den Wagen auf der Straße zu stabilisieren, und trat dann aufs Gaspedal. Der Wagen schoß vor.
Das Flugzeug kam immer noch genau auf sie zu. Es flog nur noch drei Meter über dem Boden, immer die Straße entlang. Hinter der Maschine wirbelte der Staub über hundert Meter hoch in die Luft.
Sie merkte, daß sie es nicht mehr bis zu dem Baum schaffen würde, trat wieder auf die Bremse und legte die Arme schützend vor die Augen. Mit Donnergeheul raste die Maschine auf sie zu und wurde im letzten Augenblick hochgerissen. Als sie über Marissa hinwegraste, erbebte der ganze Wagen.
Marissa schlug die Augen auf und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. In Sekundenschnelle brachte sie den Wagen von der Straße unter die Akazie. Hinter sich hörte sie das Flugzeug zurückkommen.
Sie drehte sich um, in der Erwartung, das Flugzeug käme wieder auf sie zu. Doch statt dessen flog es jetzt parallel zur Straße. Als es an ihr vorbeikam, setzten gerade die Laufräder auf. Das grelle, hohe Dröhnen wurde zu einem tiefen Brummen. In diesem Augenblick erkannte Marissa die Maschine. Der Pilot war Tristan Williams!
Zunächst erleichtert, dann aber mit einsetzender Verärgerung sah Marissa, wie die Maschine ausrollte, eine Drehung beschrieb und dann zurückfuhr. Als sie in Höhe ihres Wagens war, machte sie eine neue Drehung, so daß sie in der gleichen Richtung stand wie sie. Dann wurden die Motoren abgestellt, und Tristan sprang aus der Kabine.
Den Hut verwegen aus der Stirn geschoben, kam er auf Marissa zu.
»Marissa Blumenthal!« sagte er. »Na so was! Daß ich Sie hier treffe!«
»Sie haben mich zu Tode erschreckt«, sagte sie erbittert.
»Und Sie haben es nicht anders verdient«, erwiderte er mit gleicher Heftigkeit. Dann lächelte er. »Vielleicht bin ich auch ein bißchen verrückt. Aber ich mußte Ihnen doch mitteilen, daß ich es mir anders überlegt habe. Vielleicht bin ich es dem Andenken meiner Frau schuldig. Vielleicht auch mir selber. Jedenfalls ist es so: ich habe noch Urlaub zu beanspruchen, habe einen Haufen Bargeld, fliege mit Ihnen nach Hongkong, und dann wollen wir mal sehen, ob wir der Sache auf den Grund kommen.«
»Wirklich?« fragte Marissa. »Ist das ganz sicher?«
»Treiben Sie es nicht so weit, daß ich mich noch einmal besinne!« warnte Tristan sie. »Ich konnte Sie doch unter diesen Umständen nicht allein nach Hongkong abrauschen lassen. Dann hätte ich mich schuldig gefühlt, und ich habe schon genügend Schuldgefühle. Die reichen fürs ganze Leben.«
»Sie können sich gar nicht vorstellen, wie ich mich freue«, sagte Marissa.
»Freuen Sie sich nicht zu früh!« sagte Tristan. »Ich kann Ihnen versichern, daß es kein normaler Urlaub sein wird. Es wird nicht leicht werden, aber bestimmt gefährlich. Sind Sie sicher, daß Sie das mit mir durchziehen wollen?«
»Gar keine Frage«, sagte Marissa. »Besonders jetzt!«
»Wo wollen Sie im Augenblick hin?« fragte Tristan.
»Ich übernachte im Hotel Western Star«, sagte Marissa. »Und morgen früh wollte ich mich auf den Weg nach Charleville machen.«
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte er. »Sie fahren zum Western Star und warten dort auf mich. Ich muß noch eine andere Station besuchen, und dann hole ich Sie dort ab. Wenn Sie den Mut aufbringen, in meiner KingAir mitzufliegen, kann ich veranlassen, daß Ihr Mietwagen nach Charleville zurückgebracht wird.«
»Ich würde alles tun, um nur nicht mit dem Wagen von Windorah nach Charleville fahren zu müssen«, sagte Marissa.
Tristan tippte an seinen Hut. »Auf Wiedersehen im Western Star.« Dann drehte er sich um und ging zu seiner Maschine zurück.
»Tris!« rief Marissa. Er drehte sich um.
Marissa errötete. »Ich darf doch Tris zu Ihnen sagen?« fragte sie.
»Sie können alles zu mir sagen, was Sie wollen«, erwiderte Tristan.
»Hier im Lande Oz ist selbst der Ausdruck Schweinehund lieb gemeint.«
»Ich wollte mich nur noch bei Ihnen dafür bedanken, daß Sie mich aus freien Stücken nach Hongkong begleiten wollen«, sagte Marissa.
»Wie gesagt, Sie sollten sich lieber nicht zu früh dafür bei mir bedanken«, sagte
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