Marissa Blumenthal 02 - Trauma
lächelnd an den glänzenden schwarzen Schirm der Mütze.
»Das erinnert mich daran, daß ich mir einen anderen Hut kaufen muß«, sagte Tristan und lehnte sich zurück.
»Als Ersatz für meinen Aussie-Hut. Schade, ich hatte ihn gerade einigermaßen eingetragen.«
»Der Hut hat ausgesehen, als wären sie ein paarmal mit Ihrem Flugzeug darübergerollt«, sagte Marissa.
»Hab ich ja auch gemacht«, sagte Tristan. »Anders geht’s nicht.«
Im Hotel stellten sie sich in der Schlange vor dem Kassenschalter an. Als sie dran waren, füllte Tristan eine Karte aus, um das Geld im Safe zu deponieren. Beide setzten ihre Unterschrift darauf. Dann deponierte Tristan den großen Teil des Bargelds, das er in der Bank abgehoben hatte.
Danach traten sie wieder ins Freie und bestiegen ihr Luxusgefährt. Tristan beugte sich vor. »Freddie, welches ist das größte Krankenhaus in Kowloon?«
»Das Queen Elizabeth Hospital«, sagte Freddie.
»Dann wollen wir da hinfahren«, sagte Tristan.
Als die Limousine anfuhr, trat der Geschäftsführer aus dem Hotel. Er war in Begleitung von drei jungen Chinesen in dunkelblauen Anzügen. Der Geschäftsführer zeigte auf den Mercedes, der gerade links in die Salisbury Road einbog.
»Das ist ihr Wagen«, sagte er auf Kantonesisch. »Haben Sie ihn noch gesehen?«
»Gut gemacht, Puiying«, sagte einer der drei Männer. »Die Wing Sin vergessen ihre Freunde nicht.«
Die drei Männer stiegen in ihren eigenen parkenden schwarzen Mercedes und sagten dem Fahrer, er solle die Limousine verfolgen. Der Mann am Lenkrad des zweiten Mercedes war ein aggressiver Fahrer und an den Verkehr in Hongkong gewöhnt. Wenn ein Fußgänger sein Autokennzeichen 426 sah, machte er sofort Platz. Ohne große Schwierigkeiten konnte er sich in der Nathan Road hinter Tristans und Marissas Wagen setzen. Beide Wagen rollten nach Norden.
»Wie sollen wir es anstellen?« fragte einer der Männer.
»Wir müssen abwarten, bis wir wissen, wo sie hinfahren«, sagte ein anderer. »Schwer dürfte es nicht sein.«
Der Mann, der vorn neben dem Fahrer saß, zog einen stupsnasigen 38er Revolver aus der Schulterhalfter, legte ihn auf seinen Schoß und klappte die Trommel heraus, um nachzusehen, ob alle Kammern geladen waren. Befriedigt steckte er ihn dann wieder in die Halfter.
Schweigend fuhren sie der Limousine nach, die rechts in die Jordan Road einbog. Von dort ging es auf die Cascoigne Road. Zu ihrer Überraschung bog man danach in die Princess Road ein. Noch mehr wunderten sie sich, als das verfolgte Fahrzeug auf das Gelände des Queen Elizabeth Hospital fuhr.
»Vielleicht ist einer von beiden krank«, sagte einer der Männer.
»Hier müssen wir vorsichtig sein«, sagte ein anderer. »Manchmal haben sie Polizei hier.«
Als Marissas und Tristans Wagen langsamer wurde, folgte der zweite Mercedes seinem Beispiel. Der vordere Fahrer hielt genau vor dem Krankenhauseingang, der andere direkt dahinter.
Die Männer sahen Marissa und Tristan aussteigen und ins Krankenhaus gehen. Dann schauten sich die Männer nach etwaigen Polizeibeamten um. Als sie keine entdeckten, stiegen sie aus. Draußen im Sonnenschein suchten sie nochmals nach irgendwelchen Anzeichen von Polizei, fanden aber wieder keine.
»Ich schlage vor, wir nehmen ihren Wagen«, sagte einer der Männer.
Die anderen nickten.
Alle drei zündeten sich Zigaretten an und gingen dann nach vorn. Freddie hatte sein Seitenfenster heruntergelassen und las die South China Morning Post. Er liebte die Klatschspalten. Während er noch las, merkte er auf einmal, wie jemand ihm kaltes Metall gleich hinter dem rechten Ohr an den Schädel preßte.
Er hatte viel zu große Angst, um eine unbedachte Bewegung zu machen. Statt dessen schielte er nur mit den Augen nach rechts. Er hatte gleich geahnt, was man ihm da an den Hinterkopf drückte. Jetzt sah er, daß er richtig getippt hatte: ein Schießeisen.
Freddie blickte hoch und sah in das Gesicht eines jungen Chinesen mit einer Zigarette zwischen den Zähnen. Hinter ihm tauchten noch zwei andere auf.
»Steigen Sie bitte aus!« sagte der Mann mit dem Revolver. »Langsam und still! Es wird keinem ein Haar gekrümmt werden.«
Freddie schluckte schwer. Er ahnte, was diese Männer waren: einfache Soldaten einer Triade. Da Freddie bekannt war, wie schnell diese Typen mit einem Mord bei der Hand waren, war er zu Tode erschrocken. Zuerst war er keiner Bewegung fähig. Doch ein ermunternder Druck mit dem Revolverlauf tat seine
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