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Marissa Blumenthal 02 - Trauma

Titel: Marissa Blumenthal 02 - Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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rufen«, sagte Schwester Judith und ging rückwärts aus der Tür, machte sie aber nicht ganz zu, sondern ließ sie knapp zehn Zentimeter auf.
    Marissa ging auf den Schrank zu. »Laß mich das machen!« sagte Robert.
    20 Minuten später ging Marissa auf unsicheren Beinen die Vordertreppe der Klinik hinunter. In Roberts Wagen nahm sie auf dem Beifahrersitz Platz. Ihr ganzer Körper fühlte sich schwer an. Sie hatte nur den einen Gedanken, nach Haus zu kommen und ins Bett zu gehen. Geistesabwesend schaute sie auf den Rush-hour-Verkehr am Howard Square. Es dunkelte schon. Die meisten Autos fuhren mit Licht.
    »Dr. Wingate hat mir gesagt, daß die Eizellenentnahme gut verlaufen ist«, bemerkte Robert.
    Marissa nickte und sah ihn dann von der Seite an. Sein scharfes Profil zeichnete sich Silhouettenhaft vor den abendlichen Lichtern ab. Er sah sie nicht an.
    »Wir haben acht Eizellen produziert«, sagte sie mit Betonung auf dem Wort »wir«. Sie schaute ihn gespannt an, um seine Reaktion zu beobachten, und hoffte, daß er begriffen habe, was sie ausdrücken wollte. Doch statt dessen wechselte er das Thema.
    »Hast du von dem tragischen Unglück in der Klinik gehört?«
    »Nein«, sagte Marissa. »Was für ein tragisches Unglück?«
    »Erinnerst du dich an die Frau, die mich heute morgen schlug?« fragte Robert. Als wenn sie das hätte vergessen können! »Die diese Szene im Wartezimmer machte, als wir gerade kamen? Sie hat offenbar Selbstmord begangen. Hat aus dem fünften Stockwerk einen
    Kopfsprung in die Blumenbeete gemacht. Die Mittagsnachrichten brachten etwas darüber.«
    »Mein Gott!« sagte Marissa. Sie wußte nur zu gut, wie lebhaft sie mit der Frau gefühlt hatte. Sie hatte verstanden, warum die Frau so verzweifelt gewesen war, denn ihr ging es ja oft nicht anders.
    »Ist sie tot?« fragte Marissa, in der schwachen Hoffnung, daß sie vielleicht noch gerettet worden war.
    »War auf der Stelle tot«, sagte Robert. »Irgendeine bedauernswerte Patientin, die gerade in die Klinik ging, hat alles mitangesehen. Sie erzählte, die Dame habe auf dem Fensterbrett gesessen und sich dann kopfüber hinuntergestürzt.«
    »Die arme Frau«, sagte Marissa.
    »Welche meinst du?« fragte Robert.
    »Beide«, sagte Marissa. Aber eigentlich hatte sie Rebecca Ziegler gemeint.
    »Bestimmt wirst du mir wieder sagen, daß jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt ist, um über das IVF-Programm zu sprechen«, sagte Robert. »Aber daß diese Dame darüber den Kopf verloren hat, unterstreicht nur, was ich heute morgen ausgedrückt habe. Auf jeden Fall sind wir nicht die einzigen, auf denen dieser Druck lastet. Ich meine wirklich, wir sollten die Behandlung nach diesem Zyklus abbrechen. Denk nur einmal daran, wie sie deine Arbeit in der Praxis beeinträchtigt!«
    Ihre kinderärztliche Praxis kümmerte Marissa im Augenblick am wenigsten. »Ich habe offen mit dem Direktor unseres Teams gesprochen, und er zeigte sich verständnisvoll«, erklärte ihm Marissa. Es geschah nicht zum erstenmal. »Er kann es nachempfinden, was ich durchmache. Im Gegensatz zu anderen Leuten.«
    »Dein Direktor hat gut reden«, sagte Robert. »Aber wie steht es mit deinen Patienten? Die müssen sich doch im Stich gelassen fühlen.«
    »Für meine Patienten wird bestens gesorgt«, entgegnete Marissa scharf. In Wirklichkeit hatte sie sich auch selber Gedanken um sie gemacht.
    »Außerdem«, fuhr Robert fort, »habe ich genug davon, dauernd Samen abzugeben. Ich finde es entwürdigend, in die Klinik zu gehen und mir diesen Plastikbecher geben zu lassen.«
    »Entwürdigend?« wiederholte Marissa, als hätte sie nicht recht gehört. Ungeachtet des Valiums regte sie sich über seine Äußerung schon wieder auf. Nachdem sie heute diesen schmerzhaften und risikoreichen Eingriff erduldet hatte, war es ihr unverständlich, daß Robert von seinem kurzen, schmerzlosen Anteil an der Behandlung so ein Aufhebens machte. Sie wollte sich zurückhalten, doch der Drang, ihm ihre Meinung zu sagen, war stärker. »Entwürdigend? Du findest das entwürdigend? Und wie würde es dir gefallen, den ganzen Tag über mit gespreizten Beinen dazuliegen vor deinen Kollegen, die mit einer Sonde in dir herumstochern?«
    »Genau das meine ich ja«, sagte Robert. »Ich habe doch nicht gesagt, daß es für dich leicht wäre. Es war für uns beide hart. Zu hart jedenfalls für mich. Ich will, daß es aufhört, und zwar sofort.«
    Marissa blickte starr vor sich hin. Sie war wütend, und sie wußte, daß Robert

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