Mark Beamon 01 - Der Auftrag
Küche und der Duft nach Schinken und Eiern wirkten beinah unpassend in dieser sterilen Atmosphäre.
Er war fast mit seinem Frühstück fertig, als er hörte, wie ein Auto den steilen Weg zur Hütte hinunterrollte. Hobart schaute auf seine Uhr, schob den Stuhl zurück und wischte sich den Mund an einer Serviette ab. Fünfzehn Minuten zu früh.
Er trat auf die Terrasse und winkte Robert Swenson zu, der seinen Gruß erwiderte, indem er einen Arm aus dem Fenster seines ramponierten Cadillac streckte. Er hielt neben dem Jeep an, sprang heraus und knallte die Tür hinter sich zu.
»Was, zur Hölle, ist los, John? Vor einer Woche kommt der Reverend in mein Büro und sagt mir, dass er dich gefeuert hat. Du hast auf keinen meiner Anrufe reagiert, und plötzlich höre ich diese geheimnisvolle Botschaft auf meinem Anrufbeantworter.«
»Du hast doch niemandem erzählt, dass du hierher kommst, oder?«
»Nee, das hast du ja ziemlich deutlich gesagt. Also, was gibt’s?«
»Komm erst mal rein.« Hobart drehte sich um und ging zurück ins Haus. »Dann erzähle ich dir alles.«
Er setzte sich wieder und aß den Rest seines Frühstücks. »Kann ich dir auch was machen?«
Swenson hatte sich einen Stuhl aus dem Wohnzimmer geholt. »Nee, ich hab mir unterwegs ein Egg McMuffin besorgt. Also, was gibt’s?«
»Nichts Besonderes, Bob. Ich war diese Primadonna einfach nur leid, weißt du? Wir haben uns ordentlich die Meinung gesagt, und er hat mich gefeuert.«
Swenson nickte verständnisvoll.
Hobart hatte Robert Swenson in Vietnam kennen gelernt, als ihre Einheiten der Special Forces vorübergehend zusammengelegt worden waren. Nach Kriegsende hatten sie ganz ähnliche Wege eingeschlagen. Hobart war zur Bundesdrogenbehörde gegangen, und Swenson hatte in der Abteilung für Drogenkriminalität beim LA Police Department gearbeitet. Nachdem Hobart Sicherheitschef bei Blakes Unternehmen geworden war, hatte er seinen alten Freund als rechte Hand zu sich geholt.
»Scheiße, John, er ändert wahrscheinlich nächste Woche wieder seine Meinung.«
»Das ist kein Thema mehr. Es gibt nämlich etwas, das ich die ganze Zeit gern machen wollte, und jetzt habe ich die Chance dazu.«
Swenson schnappte sich ein Stück Schinken von Hobarts Teller. »Willst du dich selbständig machen?«
»In gewisser Weise. Und ich hab dich hergebeten, weil ich möchte, dass du bei mir mitarbeitest. Ich denke, ich kann dir etwas bieten, das befriedigender ist, als auf Simon Blake aufzupassen.«
Wie Hobart sich gedacht hatte, schien Swenson sofort interessiert.
Er war fast sechs Jahre verheiratet gewesen, als seine Frau bei einem Autounfall getötet worden war. Sie schienen eine perfekte Ehe geführt zu haben – Helen war eine der wenigen Frauen, die mit dem Leben an der Seite eines Polizisten zurechtkamen; zudem hatte Swenson das seltene Talent, Privatleben und Job strikt voneinander zu trennen, sodass nichts ihr Glück trübte. Hobart konnte sich nicht mehr genau erinnern, wann sie gestorben war. War es zehn Jahre her? Oder zwölf?
An einem klaren Abend in Chicago war Helen auf dem Heimweg vom College gewesen, wo sie Kurse besuchte. Unerklärlicherweise war auf der schnurgeraden Straße ein Laster auf die Gegenfahrbahn geraten und frontal in ihren VW-Rabbit gerast. Der Fahrer des Kleinlasters hatte überlebt, Helen war enthauptet worden. Später hatte man entdeckt, dass er unter dem Einfluss irgendeiner Droge gestanden hatte.
»Na, rede schon«, drängte Swenson.
Hobart hatte während der Fahrt zur Hütte überlegt, wie weit er Swenson einweihen sollte. Es schien keine Alternative zu geben, als das Risiko einzugehen und ihm alles zu erzählen.
»Ich habe vor, dem Drogenhandel in den Vereinigten Staaten ein Ende zu machen.«
Swenson lachte und kaute auf seinem Stück Schinken. »Sag bloß nicht, dass die DEA dich wieder genommen hat.«
»Ich meine es ernst, Bob. Amerika geht zugrunde an den Drogen – das solltest du besser wissen als jeder andere. Ich habe beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen.«
»Wusste gar nicht, dass du so ein Patriot bist, John.«
»Ich betrachte es auch mehr als eine interessante Herausforderung.« Allmählich schien Swenson zu begreifen, dass er keine Scherze machte.
»Klar, theoretisch bin ich deiner Meinung, John, aber seien wir doch mal ehrlich – der Krieg gegen die Drogenmafia ist ein Witz. Wir beide haben die besten Jahre unseres Lebens damit verplempert.«
Hobart legte seine Gabel nieder und atmete tief durch.
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