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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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Ausrüstung oder Dinge von irgendeinem Wert nahmen ihnen die Krieger ab. Die Plünderung war gründlich gewesen, denn jeder, der etwas fand, nahm es zunächst an sich. Nachkommende durchsuchten trotzdem noch einmal die bereits geplünderten Leichname in der Hoffnung, etwas sei übersehen worden. Dann wurden alle persönlichen Gegenstände der Soldaten, die irgendwie Rückschlüsse auf den ursprünglichen Besitzer zuließen, auf einem abseits liegenden Haufen deponiert, der durch bunte Bänder und grob gehauene Holzstelen sowie magische Sprüche abgesichert wurde. Die Menschen glaubten, wenn sie etwas Persönliches eines durch sie Getöteten besaßen, würde sein Geist sich an ihnen rächen und ihnen keine Ruhe lassen. Sie waren sehr abergläubisch, was diese Sache anging, und drehten jedes Beutestück viele Male in den Händen, bevor sie es behielten. Wies es irgendeinen direkten Hinweis auf seinen bisherigen Besitzer auf, zum Beispiel eine Signatur, wurde es nicht behalten. Die persönlichen Gegenstände sollten anschließend bei einer gemeinsamen Zeremonie in Mooren, Seen oder Flüssen versenkt und den Göttern geopfert werden, die nichts von den Geistern der Erschlagenen zu befürchten hatten. Später wurde mir noch erzählt, dass die Römer aufgrund dieses Brauches der germanischen Völker immer mehr dazu übergingen, Inschriften, Insignien und Ähnliches auf allem anzubringen, was ihnen gehörte. Teilweise wurde es ihnen sogar von ihren Vorgesetzten befohlen – ganz einfach deshalb, damit erbeutete Waffen im Moor oder See versenkt würden, anstatt wieder gegen die Römer eingesetzt zu werden. Denn eigentlich waren ja die römischen Schwerter den germanischen überlegen, zumindest was die Qualität und Härte des Eisens anging.
    Da die Kräuterfrauen und immer mehr eintreffende Menschen der Gegend die Versorgung der Verwundeten übernommen hatten, zog ich mich von der »Ersten Hilfe« langsam zurück. Gerne überließ ich ihnen fortan das blutige Handwerk. Ich war froh, die Verstümmelten und Verletzten hinter mir lassen zu können. All das Blut, das Erbrochene und die Exkremente, diesen höllischen Gestank, der von Krieg und Tod zeugte. Betrübt und müde schlenderte ich über die Hegirowisa und beobachtete erstaunt die Aktivitäten in deren Mitte. Einige der schwer verletzten wichtigeren Persönlichkeiten waren unter die Esche gebracht worden. Was dann dort geschah, erschien mir in höchstem Maße befremdlich …
    Kreise waren mit verschieden langen Stöcken abgesteckt worden und mit eingefärbten Hanfseilen verbunden. Manche der neu angekommenen älteren Männer und Frauen bereiteten sich auf ein Ritual vor. Sie hockten murmelnd vor kleinen Feuern und wedelten den Rauch auf ihre Körper oder suchten die Einsamkeit in den Dünen. Anschließend malten sie sich Zeichen und Muster auf die Oberkörper oder ins Gesicht, manche setzten sich sogar Tiermasken auf. Dann betanzten und besangen sie die Verletzten und ritzten ihre heiligen Runenzeichen in Stöcke. Das Ritzen der Runen sollte die Kraft des Zaubergottes Wodan auf diese Schamanen übertragen und den Zauber dauerhaft wirksam halten. Während Zauberworte ausgesprochen wurden und sofort verklangen, blieben die geritzten Zauberzeichen sichtbar, solange niemand den Stab oder Stock zerstörte. Ihrem Glauben nach potenzierten sich somit die Kräfte, die durch den Zauber beschworen wurden.
    Doch die Schrecken über die Ereignisse des Morgens holten mein Interesse an den Vorgängen schnell wieder ein. Ich hatte mittlerweile von dem »Sieg« vernommen, den man sich nun zuschrieb – erkauft allerdings mit mehr als 100 getöteten Männern der verbündeten Stämme sowie über 150 teils schwer Verwundeten. Damit war rund die Hälfte der gestern noch Anwesenden entweder gefallen oder zumindest kampfunfähig. Für mich klang das eigentlich nicht nach einem »Sieg« …
    Im Verlauf dieses Tages trafen ständig weitere Kriegerscharen und einfache Männer ein, die die Anreise nicht früher geschafft hatten. Unter ihnen waren auch Godagis und einige seiner Brüder sowie Hravan.
    So füllte sich die Hegirowisa ganz langsam wieder mit Menschen und bis zum Abend herrschte erneut geschäftiges Treiben. Doch der Schock saß bei allen tief. Jeder hatte Bekannte oder gar Verwandte verloren und dies war auch für die vordergründig harten Krieger der Stämme nicht einfach zu verarbeiten. Allgemein hielt man den Gefallenen zugute, dass sie noch während des Kampfes vom Einäugigen

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