Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mark Tate - 012 - Nachts gruselt's sich leichter

Mark Tate - 012 - Nachts gruselt's sich leichter

Titel: Mark Tate - 012 - Nachts gruselt's sich leichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. A. Hary
Vom Netzwerk:
Die Tür schwang deutlich auf – und dennoch blieb sie geschlossen.
    Sie zweifelte an ihrem Verstand.
    Wie kam dieses Phänomen zustande? War das auf einmal eine Doppeltür?
    Sie kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn plötzlich sah sie ein Bein, wie es sich durch die noch geschlossene Tür schob. Ein Körper folgte ihm nach.
    Henriette Bickford schrie auf.
    Dann erst erkannte sie ihre Tochter.
    »Marietta!« Sie war unfähig, sich zu rühren. Sie wußte einfach nicht, wie sie reagieren sollte.
    Dann packte sie aber kalte Wut.
    Wild fing sie an zu zetern: »Wo bleibst du denn so lange? Wo hast du dich herumgetrieben? Dein Vater und ich haben uns schlimme Sorgen gemacht!«
    Sie brach ab, denn irgend etwas stimmte hier nicht.
    Marietta trat auf sie zu, doch das geschah völlig geräuschlos. Ihre Kleider raschelten nicht einmal. Auch umgab ihre Gestalt ein eigenartiges Flimmern.
    Henriette Bickford begriff.
    »Ein Geist«, krächzte sie. »Ein wahrhaftiger Geist.«
    Das Licht begann zu flackern. Fernes Donnergrollen kündigte sich an, begleitet vom Beben des Bodens.
    Marietta lächelte.
    »Ja, ich bin ein Geist. Ich wurde ermordet und kehre nun zurück, um den Mörder anzuzeigen. Du sollst wissen, Mama, wer es getan hat.«
    »Dieser Holleway«, entfuhr es Henriette Bickford.
    Marietta nickte.
    »Ja, er hat es getan – heute morgen. Er hat mich in seinem Wagen mitgenommen. Seit Wochen versuchte er es schon. Er lockte mich mit schmutzigem Gerede zur Jagdhütte. Dort geschah es dann.«
    Marietta wurde durchsichtig.
    Das Licht erlosch.
    Wie gebannt stierte Henriette auf das, was sich ihren Blicken bot.
    Marietta erschien ihr jetzt, sie war tot.
    Erschlagen, durchzuckte es Henriette. Meine Tochter wurde ermordet, von diesem Wüstling, diesem John Holleway!
    Und sie empfand einen tiefen, blinden Haß auf den jungen Mann, den Mörder ihrer süßen einzigen Tochter Marietta!
    Vergessen hatte Henriette auf einmal ihre Lieblosigkeit und Hartherzigkeit, mit der sie ihr Kind erzogen hatte.
    »Nein!« schrie sie laut. Ihre Stimme steigerte sich. »Nein!« Ein hysterisches Gekreische wurde daraus: »Nein, nein, nein!«
    Henriette saß dann stocksteif da, stierte auf die Leiche ihrer Tochter und konnte sich nicht rühren, sie nicht einmal in ihre Arme nehmen.
    Mit gebrochenen Augen starrte Marietta auf ihre Mutter. Vorwurf stand darin.
    »Eigentlich seid ihr selber schuld – du und Papa«, krächzte die Tote.
    Es war eine furchtbare Stimme, die einem den kalten Schweiß aus allen Poren trieb.
    »Ja, ihr seid schuld. Ihr habt mich diesem Holleway in die Arme getrieben. Ihr wart keine guten Eltern. Oh, was habe ich unter euch zu leiden gehabt.«
    Die Alte sprang auf.
    »Das ist nicht wahr!« kreischte sie.
    »Nicht wahr – nicht wahr!« höhnte ein Echo. Henriette fühlte sich von tausend Geistern umringt. Zitternd streckte sich der Arm des Leichnams ihr entgegen.
    »So nimm wenigstens noch Abschied von mir, Mama. Willst du mich rächen?«
    Henriette nickte heftig.
    »Rächen? Ja, natürlich, ich werde es tun.«
    »Komm, Mama, reich mir die Hand – deiner lieben Tochter die Hand. Nur einmal, bitte. Sonst hast du sie weggeschlagen, hast mich geprügelt, wenn ich etwas sagte oder fragte, was dir nicht gepaßt hat. Sei mir einmal eine gute Mutter!«
    Henriette preßte die Hände gegen die Ohren und wich zurück. Sie stieß gegen den Tisch, der umstürzte. Sie achtete nicht darauf.
    Ihre Augen waren vor Grauen geweitet. Sie schüttelte immer wieder den Kopf.
    »Komm mir nicht zu nahe! Komm mir nicht zu nahe!«
    »Willst du mich nicht rächen?«
    »Doch, das werde ich – bei allem, was mir heilig ist, ich will es tun.«
    »Dann gib mir die Hand darauf.«
    Henriette schrie wie am Spieß. Eine unsichtbare Gewalt trieb sie vorwärts, auf die Tote zu.
    Sie konnte sich wehren, wie sie wollte. Ihre Kräfte waren zu schwach zur Gegenwehr.
    Sie mußte sich bücken, die dargebotene Hand ergreifen.
    Aber Henriette griff nur durch leere Luft. Die Leiche war nur Illusion.
    Im nächsten Augenblick flammte das Licht wieder auf. Der Spuk war verschwunden.
    In kalten Schweiß gebadet stand die Bäuerin da. Kraftlos hingen ihre Schultern herab.
    Sie blickte sich gehetzt um, versuchte zu begreifen.
    Ihr Verstand brauchte lange, bis es ihm gelungen war, in die Wirklichkeit zurückzufinden.
    Sie war allein, stand in ihrer Küche, hatte den Tisch umgeworfen und fühlte sich wie eine Närrin.
    Was war geschehen? War alles nur Einbildung?
    Aber

Weitere Kostenlose Bücher