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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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schon, Pink Floyd,
Alan Parsons – was Sie auch gehört haben, Weinzirl. Miri hat gekifft, wie alle.
Kein Alkohol, aber häufig zugekifft. Sie hat dann in Augsburg studiert und war
jedes Wochenende hier. Weitergekifft. Ihre Männer hielten meist ein Jahr, dann
kam der nächste. Ihre Heirat war so was wie eine Umkehr, wie ein Bekenntnis, es
besser machen zu wollen. Und er war Marke großer Junge. Très charmant. Um seine Außenwirkung bedacht. Journalist und damit
Diva. Einer, der urteilen darf und muss über andere. Ist ja ein hehrer Beruf,
das Gewissen der Region zu sein. Zu Hause ließ er die Wut raus. Höchst
unkontrollierter Typ, sehr aggressiv«, sagte Baier.
    »Sie mochten ihn nicht?«
    »Nein, so stimmt das nicht. Jeder mochte ihn. Das war ja Miris
Problem. Nach außen der immer lustige Gaudibursch. Der volksnahe
Stammtischsitzer. Zu Hause das Rumpelstilzchen. Sie hat unendlich darunter
gelitten. Unter dieser Fehleinschätzung der Umwelt. So ein netter Gatte. Als
sie getrennt waren, hat sie noch mehr gelitten, weil er es gut verstanden hat,
den armen Mann zu geben.«
    »Halt, Baier.« Gerhard stoppte Baier mit einem Stirnrunzeln. »Wenn
er eine andere hat, liegt da nicht das Mitgefühl bei der Frau? Sie ist doch die
Ge… Gearschte.«
    »Falsch, Weinzirl, ganz falsch. Ich sehe schon, Sie kennen die
Sozialsysteme im ländlichen Raum nicht. Wenn ein Mann ‘ne andere hat, muss die
zu Hause schon ein rechter Besen gewesen sein. So rum funktioniert das.«
    »Also mochten Sie ihn wirklich nicht?«
    »Ich habe ihn durchschaut, als einer der wenigen. Mit Mögen oder
Nichtmögen hat das nichts zu tun.«
    Daran hatte Gerhard keinen Zweifel. Wenn es einen mit
Menschenverstand gab, dann war das Baier, der alte Fuchs. Aber ganz so einfach
war das nicht. »Das ist eine der Tücken unseres Jobs, Baier. Wir lernen die
Leute erst kennen, wenn sie tot sind. Ich kenne sie nur durch die Augen der
anderen, und die haben entweder rosarote Brillen auf, oder sie haben Sehfehler.
Oder aber sie sind geblendet vom Hass.«
    »Menschen können Menschen nicht objektiv beurteilen, weil sie selber
nur Menschen sind. Aber Sie, Weinzirl, können ja auch nicht objektiv sein, das
gleicht sich am Ende aus. Sie sehen doch auch durch ihre Allgäuer Sturschädel-Macho-Brille.«
    »Baier, bin ich gar stur?« Gerhard versuchte witzig zu klingen, aber
ihm war gar nicht zum Scherzen zumute. »Und ein Macho? War das nicht eher Miris
Mann?«
    »Macho? Sie sind keiner, und er ist auch kein echter. Ich weiß nur,
dass er absolut abhängig von Lob war. Miri hat ihn zu wenig gelobt. Sie war,
leider, muss ich sagen, leider für Miri, zu wenig beeindruckt. Sie hat zu
niemandem aufgesehen, für sie waren alle Menschen gleich. Sie hatte einen
Müllkutscher auf ihren Festen und eine Professorin an der Veterinärärztlichen
Fakultät in München. Eine Seelenverwandte Ihrer Jo. Oder meiner Frau. Frauen,
die es schwer haben. Sind faszinierend, helfen aber unserer Eitelkeit nicht.
Miri war zu groß für ihn. Viel zu groß und viel zu großzügig.«
    Das klang tatsächlich nach Jo.
    Baier lächelte ein zynisches Lächeln. »Die Neue ist dankbar. Sie ist
zwölf Jahre älter und tut alles, um den jugendlichen Lover zu halten. Sie hat
ihren Kindern jeden Kontakt zu ihr untersagt, weil der Lover die Dumpfbacken
nicht mag. Sie hat ihre Freundinnen aus ihrem Leben verbannt, weil der Lover
diese auch nicht mag.«
    Gerhard gab ein Schnauben von sich. »Ist er wirklich so toll?«
    »Nein, aber sie reagiert auf seine Manipulationen perfekt. Ist das
nicht ein Liebesbeweis, wenn ich alles aufgebe, für den einen?«
    Gerhards Schnauben wurde lauter. »Quatsch!«
    »Sicher Quatsch, lieber Weinzirl, und sie soll auch ihre Qualitäten
haben.« Baier lachte kurz auf. »Früher hatten wir in Peiting die rassige
Spanierin. Ich komm nicht mehr auf den Namen, die hatte einen großen Fankreis,
möchte ich sagen. Auch jüngere dabei, eingedenk der Regel: Auf alten Radeln
lernt man fahren.«
    »Nicht wenn sie auf der Felge daherkommen«, brummte Gerhard und
überlegte, wie er Baier aus diesem Strudel negativer Gedanken wieder
rausbekommen konnte. Gerhard spürte, dass Baier seine Nichte wohl liebte wie
eine Tochter. Aber er hatte einen Mord zu klären, und diese Miri war für ihn
Teil des Falls. Mehr nicht.
    Baier hatte eine Weile geschwiegen und sagte nun: »Sei es, wie es sei:
Er kam mit so einer Frau wie Miri nicht zurecht. Die wenigsten Männer tun das.
Bei meiner Ehe stand es auch

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