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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Wissen Sie, Tiere haben eine Beißhemmung, Menschen
nicht!«
    Gerhard wusste nicht, was er darauf noch sagen sollte. Er schwieg
eine Weile. »Wie heißt das Mädchen denn mit Nachnamen?«
    »Lämmle. Die Eltern wohnen in Schwabsoien, glaub ich.«
    Sie alle schwiegen eine Weile, bis ein Windstoß ein paar Blätter
auffliegen ließ. Gerhard war froh, diese durch den Garten jagen zu können. Sie
verabschiedeten sich, und als sie wieder auf der Bundesstraße waren, fragte
Evi: »Und was hat uns das gebracht? Nix, oder?«
    Gerhard antwortete nicht.
    »Ich meine, was interessieren uns die Feinde von Miri? Sollten uns
nicht die Feinde von Leo Lang interessieren? Von denen Miri eine war, auch wenn
sie noch so cool tut.«
    »Evi, ich weiß nicht. Du magst Miriam Keller nicht. Dir würde sie
als Mörderin in den Kram passen. Aber es kann ja auch sein, dass jemand Miri
den Mord anhängen will. Es so aussehen lassen, dass sie allen Grund hatte.
Diese Eltern von dem Mädchen würde ich gerne mal näher durchleuchten.«
    »Das liegt so lange zurück. Und dann so ein Aufwand. So ein perfides
Verbrechen. Gerhard, mir kommt das viel zu konstruiert vor«, sagte Evi, die
wieder zu einem neutralen Ton gefunden hatte.
    Er stoppte Evis Einwand mit einer Handbewegung. »Evi, eins hat immer
gestimmt. Wenn ich sag, da steckt mehr dahinter, dann steckte immer mehr
dahinter.«
    »Ja gut«, kam es gedehnt von Evi.
    Gerhard hatte inzwischen Melanie angerufen und sie gebeten, auch mal
ein Ehepaar Lämmle zu checken.
    Evi fuhr mit starr nach vorn gerichtetem Blick. Es blieb still, bis
Gerhard plötzlich rief: »Gasthof Obermindeltal.«
    »Was?«
    »Der Gasthof in Willofs heißt Obermindeltal!«
    »Was? Hast du ‘nen Sonnenstich?«
    »Egal, vergiss nicht, abzubiegen, da geht’s zu deinem Liebling
Socher.«

NEUN
    So viel Gestirne, die
    man uns hinhält. Ich war,
    als ich dich ansah – wann? –,
    draußen bei
    den anderen Welten.
    Socher öffnete die Tür. Er trug kurze Safarihosen und ein kariertes
Hemd, das perfekt gebügelt und gestärkt war. Klar, die bügelnde Hausfrau mit
dem TV -Gerät hatte zugeschlagen.
Socher war eine gepflegte männliche Erscheinung, und Evi hatte schon wieder ihr
Sonntagslächeln aufgesetzt.
    Bevor sie noch zu einer Begrüßung ansetzen konnte, fauchte Gerhard
Socher an: »Trinken Sie Campari Orange?«
    Gerhard hatte irgendwie eine Socher-Allergie. Der Mann machte ihn
schon rasend, wenn er seiner nur ansichtig wurde.
    »Grüß Gott erst mal. Haben Sie vielleicht einen Sonnenstich?« Socher
war auch nicht besonders freundlich. Wieso fragte ihn heute jede und jeder, ob
er einen Sonnenstich habe?
    Evi schob sich an Gerhard vorbei. »Herr Socher, wir müssten nochmals
mit Ihnen reden.«
    »Gnädige Frau! Schön, Sie zu sehen. Wenn sich Ihr Kollege
befleißigt, einen anderen Ton anzuschlagen, bin ich gern bereit.«
    Das war einfach ein Typ, dem man mal so richtig die Fresse polieren
müsste, dachte Gerhard und verbot sich zugleich den Gedanken. Er schwieg und
ging hinter Evi ins Haus. Socher hatte einen Laptop auf dem Tisch stehen, und
Gerhard konnte es sich nicht verkneifen: »Herr Socher, erfreuen Sie uns wieder
mit einem Ihrer brillant formulierten Leserbriefe?«
    »Nein, bedaure, ich tausche mich mit dem Bayernbund aus und darüber,
wie man die bairische Sprache in ihrer Reinheit bewahren kann.«
    »Was für ein Bund?«, fragte Gerhard.
    »Der Bayernbund e.V. Er gibt eine sehr schöne Publikation, die
›Weiß-Blaue Rundschau‹, heraus, und darin werde ich demnächst einen Beitrag
veröffentlichen.«
    Evi war Gerhard unter dem Tisch auf den Fuß getreten, und so
unterdrückte Gerhard jeden weiteren Kommentar zu den Rettern des weiß-blauen
Kulturguts. Außerdem hatte er auch eine schlagkräftigere Idee. Er warf Socher
einen Computerausdruck vor die Nase.
    »Da haben wir dann auch gleich ein schönes Autorenbild von Ihnen.«
    Evis zweiter Fußattacke konnte er ausweichen. Socher starrte auf das
Bild. Gerhard ließ ein zweites wie ein Herbstblatt im leisen Wind auf den Tisch
herunterflattern. Das erste hatte Socher beim Camparitrinken gezeigt, das
zweite in einer deutlicheren Pose.
    »Ich darf meine Frage wiederholen. Trinken Sie Campari? Und einem
Mann von Ihrer Couleur wird es ja aufgefallen sein, dass meine Frage rein
rhetorischer Natur gewesen ist. Natürlich trinken Sie Campari. Das sieht man
ja. Sie trinken ihn, bevor Sie mit Miriam Keller intim werden.«
    Oh doch, er konnte sich durchaus gepflegt ausdrücken,

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