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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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nicht.
    »Wusste Ihre Frau von Miriam Keller?«
    »Natürlich nicht!«
    »Wo ist Ihre Frau jetzt?«
    »Oben.«
    »Nein, ich bin hier«, kam es von irgendwoher. Eine Luke führte von
der Essecke zur Küche, eine Frau hatte ihren Kopf herausgestreckt.
    »Frau Socher, würden Sie bitte …?«
    Die Dame des Hauses war augenscheinlich beim Backen. Sie hatte das
Mehl nur halbscharig abgeklopft, ihre Schürze mit »Mutti ist die
Beste«-Aufdruck war ebenfalls mehlig. Sie war klein, schmal, ihr Haar war in
einen grauen Pagenkopf gelegt. Sie wirkte bieder und brav.
    »Frau Socher, sind Sie unserem Gespräch gefolgt?«
    »Ja.«
    Gerhard beobachtete Egon Socher, dessen Gesicht wie versteinert war.
    »War Leo Lang hier?«
    »Nein. Es hat niemand geläutet. Ich hätte natürlich geöffnet, es
hätte ja mein Mann sein können, der den Schlüssel vergessen hatte.« Sie sprach
beherrscht. In dem Satz aber lag ihre ganze Verzweiflung. Sie wäre sogar wach
geblieben, wegen ihres Mannes. Der aber betrog sie.
    »Frau Socher, wussten Sie von Miriam Keller?«
    »Diese Schlampe! Sie war immer schon eine Schlampe!«
    »Rosl …« Sochers Stimme erstarb gleich wieder.
    Gerhard beobachtete die beiden genau. Hier brach gerade eine Welt
zusammen. Eine mühsam aufrechterhaltene Welt. Eine Welt, die davon gelebt
hatte, die immer größer werdenden, ausufernden Flecken auf der Außenfassade zu
übertünchen. Eine Welt von Lug und Selbstbetrug. Natürlich hatte Frau Socher
von der Affäre gewusst und diese nur ertragen können, indem sie Miri
beschuldigte. Diese Schlampe hatte ihren Man verhext. Ihr Egon war ein Opfer,
umgarnt, gefangen, gefesselt. Man musste kein Prophet sein, um vorherzusagen,
was nun passieren würde. Egon Socher würde alles versprechen, und Rosl würde
die Gunst der Stunde nutzen. Endlich würde Egon sich kümmern, aufmerksam sein,
Abbitte leisten. Und Rosl würde ihn zappeln lassen, wo sie sich doch sicher
niemals von ihm getrennt hätte. Zu verwoben die materiellen Interessen, zu groß
die Angst vor dem Alleinsein. Noch größer die Angst vor »de Leit«. Eine
Geschichte, die sich millionenfach wiederholte in Beziehungen; in dem Fall war
lediglich die Frage, ob Rosl Socher in ihrer Wut und Trauer gemordet hatte?
Lediglich … wie zynisch waren seine Gedanken!
    »Frau Socher, wann ist Ihr Mann nach Hause gekommen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Gerade haben Sie gesagt, Sie hätten natürlich geöffnet. Dann müssen
Sie doch wach gewesen sein«, sagte Evi.
    »Ich war bis halb zwölf wach, da hab ich nochmals auf den Wecker
gesehen, dann bin ich wohl eingeschlafen.«
    »Frau Socher, sind Sie denn nochmals aufgestanden?«
    Sie schaltete nicht schnell genug. »Ja, gegen drei, um Wasser zu
trinken.«
    »War Ihr Mann zu dem Zeitpunkt da?«
    »Das weiß ich nicht, er schläft seit einiger Zeit im Gästezimmer.«
    Oh ja, hier begann er bereits, der Rachefeldzug der Rosl Socher. Sie
war sicher in dieser Beziehung immer diejenige gewesen, die zum großen Egon
Socher hatte aufsehen müssen. Aber schlau genug für so ein kleines taktisches
Spielchen war sie schon. Warum sollte sie ihrem untreuen Gatten ein Alibi
geben? Socher hatte ein seltsames Schnauben von sich gegeben, er rang nach
Luft.
    »Sind Sie denn nochmals weggegangen, Frau Socher? So gegen vier in
Richtung Zentrum? Zur Raiba vielleicht?«
    Es dauerte wieder eine Weile, bis der Groschen fiel. »Ich, ich soll
… ich soll …«, stammelte sie.
    »Liebe Frau Socher! Sie können Ihrem Mann kein Alibi geben und er
Ihnen nicht. Jeder von Ihnen hätte Zeit und Gelegenheit gehabt. Und glauben Sie
mir, wir fragen alle Nachbarn und das halbe Dorf, ob Sie gesehen wurden. Es
gibt genug Schlaflose, Frau Socher.« Gerhard beobachtete die Frau genau.
    Sie und ihr Mann schienen allmählich zu begreifen, in was für ein
Schlamassel sie da geraten waren.
    »Alles wegen der Schlampe, wegen der Keller-Schlampe!« Rosl Socher
begann zu weinen.
    »Herr Kommissar, gnädige Frau«, hob Socher nun an. »Weder meine Frau
noch ich haben Leo Lang ermordet. Das ist doch lächerlich.«
    »Herr Socher«, Gerhard imitierte Sochers gestelzten Tonfall, »wie
können Sie da so sicher sein? Sie wissen ja so manches nicht vom anderen,
oder?« Er erhob sich. Evi tat es ihm gleich. »Falls Sie noch etwas zu sagen haben,
lassen Sie es uns wissen. Schönen Tag noch.«
    Als sie draußen waren, ließ Evi Luft ab. »Puh, was für ein Paar.
Alles Fassade.«
    »Ja, Evilein. Wie bei den meisten. Es kann alles gelogen

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