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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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dir aber nichts sagen.« Gerhard
stockte. »Vertrauen gegen Vertrauen: Ich glaube das nicht, was drinsteht. Ich
will die Wahrheit wissen, und wenn du mir jetzt nicht hilfst, hab ich keine
Chance auf die Wahrheit. Du auch nicht.«
    Rainer Bader nickte. »Was willst du wissen?«
    »Wie war das mit dem Schrank? Mit der doppelten Rückwand?«
    »Ich hab die Wand entdeckt, und zwei Kuverts waren drin. Ich hab sie
angesehen, mir hat das aber nichts gesagt. Alte Zeichnungen, ein Schriftstück.
Ich hab das gleich wieder weggelegt. Glaub mir eins, Gerhard: Ich finde oft
solches Zeug. Oder Fotos. Ein Teil meiner Reputation kommt daher, dass ich
wirklich diskret bin. Ich händige das Zeug den Besitzern aus. Mehr nicht. Alte
Dokumente und Fotos haben oft ganz schön viel familiären Zündstoff. Ich will
mich da raushalten. Ich schnüffle nicht.«
    Das glaubte ihm Gerhard sogar. Er überlegte. »Hast du das Zeug Effi
gezeigt?«
    »Nein, wirklich nicht!«
    »Sonst jemandem?«
    »Nicht gezeigt.«
    Bader fiel wieder in seine Wortkargheit zurück.
    »Rainer!« Gerhards Ton war warnend.
    »Miri war zu Besuch. Sie war dabei, als ich die Sachen entdeckt
hatte. Sie fand das wahnsinnig spannend. Weiber sind ja so was von neugierig.
Sie hatte diesen Schatzsucheblick drauf. Ich hab ihr das Zeug gleich wieder
weggenommen und ihr meine Devise erklärt.«
    »Hat sie das akzeptiert?«, fragte Gerhard und wusste, dass die Frage
rhetorischer Natur war. Frauen akzeptierten so was nie, wenn sie ihr Näschen
schon mal wo reingesteckt hatten.
    »Sie tat so.«
    »Super, Rainer, gute Antwort.«
    »Ich hab sie zumindest nicht mehr mit den Unterlagen gesehen.«
    »Hätte sie Gelegenheit gehabt, die Sachen nochmals anzusehen?«
    »Ja.«
    »Glaubst du, sie hat es getan?«
    »Ja.«
    Das hatte Gerhard nicht hören wollen, aber er wusste, dass Rainer
Bader recht hatte. Miri hatte da eine heiße Spur gewittert. Bei ihr waren beim
Namen Paulus natürlich sofort alle Alarmglocken erklungen. Was hätte sie getan?
Gerhard versuchte sich in Miri reinzudenken. Sie hätte Leo Lang aufgesucht, da
war er sich sicher. Aber was hätte sie mit Frau Paulus gemacht, wie wäre sie
verfahren? Was hätte Jo gemacht? Jo kannte er besser, und Gerhard war sich
sicher, dass Jo und Miri so was wie Seelenverwandte waren, hätten sie sich
jemals kennengelernt. Jo war zwar ein Trampel, aber sie hätte eine alte Dame
nicht einfach so konfrontiert. Sie hätte recherchiert und mehr Informationen
zusammengetragen. Das hätte auch Miri getan. Er musste darauf bauen, dass Baier
etwas erfahren hatte.
    Rainer hatte das lange Schweigen von Gerhard abgewartet. Nur durch
hektisches Zigarettendrehen entlarvte er sich. Das alles ging ihm näher, als er
zugeben wollte. Schließlich fragte er: »Was soll ich nun tun?«
    »Das, was du am besten kannst: Ruhe bewahren. Die zwei, die dein
Leben in Unordnung gebracht haben und weiter hätten bringen können, sind tot.
Ist doch praktisch für dich, Rainer.« Das war gemein und unangemessen, aber
Gerhard hatte es so satt. »Oder du redest mit deiner Frau. Über Leo, über Miri.
Was soll ich dir raten? Auf mich hörst du doch sicher am wenigsten.«
    Rainer Bader nickte nur, und als Gerhard Seppi pfiff, sagte er
bedrückt: »Tut mir leid, und wenn du mal wieder in Willofs, na, du weißt schon
…«
    »Ja, ich weiß schon. Ach Rainer.« Gerhard klang nun deutlich milder.
Sie waren alle in einem Alter, in dem man nicht mehr über den eigenen Schatten
springen konnte und schon gar nicht über die langen Schatten, die die
Vergangenheit zu werfen gedachte.
    Auf der Rückfahrt war Seppi eingedöst, sein Geflirte mit der
Borderdame hatte ihn echt geschafft. In meinem nächsten Leben werde ich Hund,
dachte Gerhard. Oder Katze oder Pferd bei Jo.
    Jo musste er unbedingt mal anrufen, das war lange überfällig.
Natürlich konnte er die Arbeit vorschieben, aber er wusste, dass seine
Zurückhaltung damit zu tun hatte, dass Jo ihn zu gut kannte. Sie würde merken,
dass mit ihm etwas im Argen lag, und sie würde nicht eher aufgeben, bis er ihr
alles erzählt hätte. Das fehlte ja gerade noch. Er verwarf auch den Gedanken,
Baier anzurufen. Baier würde sich melden. Er ging zu Bett und warf sich hin und
her. Was auch daran lag, dass ein gewaltiges Gewitter das Haus umdröhnte. Ein
Hagelsturm ging nieder, die Hagelkörner traktierten die Fenster. Gerhard
glaubte, sie müssten bersten. Auch Seppi war davon nicht angetan und kroch zu
Gerhard unter die Bettdecke, was bei einem

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