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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Tal
angekommen bin. Ich nahm mein Auto und fuhr nach Österreich. Ein alter Landarzt
hat mich erstversorgt, ich war ziemlich lädiert, hatte mir die Zehen erfroren
und ein Knie zerstört.«
    »Und der hat nicht gefragt?«
    »Doch, aber manche Frage erstickt man mit Geld.«
    »Und dann?«
    »Wird das die lustige Geschichtenstunde, Herr Kommissar? Aber bitte,
dann musst du nicht dumm sterben. Hast zumindest die Gewissheit, das du recht
gehabt hast, du Schnüffler! Eine Gewissheit bis in den Tod! Ich war dann in
einer Klinik in Ungarn. Durch die Erfrierungen war mein Gesicht entstellt, die
Nase Matsch, der neue Peter war geboren.«
    »Und da wurde das Schweigen auch mit Geld erkauft? Mit dem Blutgeld,
das Valentin Lang das Leben gekostet hatte?«
    »Ach, die Ungarn hat das nicht interessiert.«
    »Blutgeld? Du wusstest, dass euer feiner Lebensstil nur möglich war,
weil dein Vater Lang das Patent geklaut hatte? Ihn im Stollen hat verrecken
lassen?«
    »Ich wusste als Kind lange nur von dem Unfall. Bis ich eines Tages
Unterlagen gefunden hatte. Die bewiesen, dass mein Vater Lang ermordet hatte.
Ich habe meine Mutter zur Rede gestellt. Sie wusste es. Hatte es immer gewusst.
Und sie nahm mir das Versprechen ab, zu schweigen. Ich war völlig
durcheinander. Bin erst mal eine Skitour gegangen. Eine Skitour, die mein Leben
verändert hat. Tod und Wiederauferstehung. Das war die Chance, elegant aus der
Sache rauszukommen.«
    »Wieso rauszukommen? Wieso hast du dich der Sache nicht gestellt?«
    »Dass mein Vater ein Mörder ist? Dass ich der Sohn eines Mörders
bin? Dass meine Pläne, als Bergsteiger in Michis Fußstapfen zu treten, zerstört
waren? Ich habe bis heute Schmerzen im Knie, ohne Tabletten komme ich selten
aus. Es war ein eleganter Abgang.«
    »Elegant? Na ja. Den eigenen Tod zu fingieren ist nicht sonderlich
elegant. Sondern kriminell und grausam.«
    »Ach komm, du Moralapostel. Was wäre die Alternative gewesen? Was
hätten wir auch tun sollen? Zu Langs gehen und ihnen rückwirkend das Geld für
das Patent geben? Leo war ein Einfaltspinsel, seine Mutter eine dumme Putze.
Was brauchten die Geld? Geld verdirbt den Charakter! So hatten Leo und seine
fette Mutter doch wenigstens ihren guten behalten. Als Dorftrottel belächelt,
aber irgendwie geliebt. Die Trottel lieben sie immer, die bedeuten keine
Gefahr!«
    »Dich hat keiner geliebt?«
    »Was geht dich das an? Wir waren begütert, das schafft immer
Feinde.«
    »Deine Mutter hat auch gleich gewusst, dass du lebst?«
    »Natürlich!« In seine Augen trat kurz so etwas wie Wehmut. »Ich habe
ihr gesagt, sie müsse etwas Geduld haben. Ich traf ein paar Jungs in Ungarn.
Die haben mich mitgenommen.«
    »Wohin?«
    »In ein Lager, zur Ausbildung. Wir waren in Kroatien, unter
anderem.«
    Er war Söldner gewesen, ein gekaufter Killer. Ein gedungener Mörder!
Gerhard schluckte. Ein Toter mehr oder weniger war auf der Liste dieses Mannes
sicher nicht mehr als ein dünnes Strichlein. Dann hatte er es leicht gehabt,
die Identitäten zu wechseln. Solche Organisationen verfügten über gute Fälscher
und fragten nie nach dem Warum. Es war Irrsinn! Der Sohn inszenierte seinen
Tod, die Mutter trug das mit.
    »Alles nur wegen der Scheißkohle?«
    »Es ging nicht nur um die Kohle, es ging um das Andenken an meinen
Vater. Es war besser, dass alles so blieb, wie es war.«
    Oh ja, die unbeugsame Maria Paulus hatte das so beschlossen.
    »Ein hoher Preis, oder? Ein hoher Preis für eine Mutter?«
    »Ein angemessener Preis. Außerdem habe ich meine Mutter häufig
getroffen. Sie reiste viel. Sie reiste allein. Sie traf mich irgendwo auf der
Welt. Es ist überall so gut, wie man sich da fühlt.«
    »Aber irgendwann konnte sie nicht mehr reisen?«
    »Nein, und ich bin nach Deutschland geflogen. Mehrfach. Ich war bei
ihr. Auch in Peiting. Immer wieder. Du kannst mir glauben, die Nacht war immer
meine Verbündete.«
    Auch das glaubte ihm Gerhard. »Aber dann kam deine Mutter mit der
Leo-Lang-Geschichte raus? Und Leo musste weg?«
    Er lachte. »Klar, es war bedrückend einfach. Ich bin sogar in
Peiting auf dem Fest umhergeschlendert. Keiner hat mich erkannt. Wie auch? Ich
sehe nicht mehr aus wie Peter Paulus. Menschen sehen sowieso nur, was sie sehen
wollen.«
    »Du kanntest die Stollen?«
    »Natürlich! Unser Jugendabenteuerland. Was haben wir da drin
gefeiert, gekifft, gevögelt. Ein guter Platz und einer, der meist unbeobachtet
ist.«
    »Und Miri?« Gerhard spürte die Wut und die Verzweiflung

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