Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
Vom Netzwerk:
aufs Handy. Nichts! Er
musste jetzt was tun, ging also ins Büro der Guides hinüber, wo die kleine
Australierin gerade am Computer saß.
    »Könnte ich mal ins Internet?« Baier war schließlich ein moderner
Opa und besaß E-Mail.
    »Leider nein, wir gehen über einen Stick rein. Alles tot. Seit heute
Morgen. Das kommt häufig mal vor, dauert dann meist ein bis zwei Tage.«
    Gerhard zuckte zusammen. Zwei Tage, das war ja die Hölle. »Das
Festnetztelefon geht auch nicht?«
    »Nein, bedaure.« Sie zuckte mit den Schultern.
    Gerhard trollte sich. Verdammt! Jo schlief tief und fest auf ihrer
Liege, und er döste in der Hütte dann auch ein. Als er aufwachte und vor die
Tür trat, war Piet gerade wieder vorgefahren. Gerhard sah ihn mit Helen und
Paul reden. Sie standen da im Sand und plauderten. Piet umarmte Helen und gab
Paul die Hand. Sie zelebrierten einen erfolgreichen Tag. Mal ohne die Gäste.
Die Freundschaft zwischen ihnen war auch auf die Distanz spürbar. Welcher Druck
von ihnen abgefallen war! Drei Südafrikaner standen da im Sand. Menschen mit
ganz unterschiedlichen Wurzeln. Helen aus Simbabwe, Paul, der
Österreichstämmige, und Piet. Peter aus Peiting in Oberbayern, der
wiederauferstandene Tote. Der Untote.

FÜNFZEHN
    Mit dem Blut aus den verworrnen
    Wunden tränkst du deine Dornen;
    dass die kauernde verkrallte
    Angst in allem Dunkel walte.
    Wie immer traf man sich zum Tee. Piet war aufgeräumt. Seine Augen
sprühten. »So, Leute, dann machen wir heute den zweiten Teil der Zählung. Nach
dem erfolgreichen Vormittag kann der Nachmittag nur besser werden.« Er sah
Gerhard an und fuhr fort. »Jo, du wolltest ja mit mir reiten, aber heute bin
ich die schlechteste Wahl. Ich will aufs Plateau hinauf, da werden wir kaum
Tiere treffen. Ich suche eine Gruppe Warzenschweine. Reitet lieber mit Moses
oder mit Helen, die haben die guten Quadranten. Das Darten heute Morgen war ja
etwas aufreibend für die Langhälse, ich denke aber, Moses weiß, wo sie hin
sind.«
    Moses, der schwarze Guide, der immer nur lachte und von ansteckender
Fröhlichkeit war, nickte eifrig.
    »Gut, dann ab zu den Pferden. Es ist ja nur gerecht, wenn Gerhard
wieder mit mir reitet. Denn heute wird er wenig sehen. Sorry. «
    »Ich trete für die Damen natürlich zurück«, sagte Gerhard. Sicher
wollte Piet ihn weiter aushorchen. Er war auf der Hut.
    Sie ritten los, alles war wie immer. Der Himmel hatte sich wieder
aufgetan, eine südafrikanische Sonne warf lange Nachmittagsschatten. Rhino Mum,
an deren Auftritte sie nun alle längst gewöhnt waren, lief an den Pferden
vorbei. Es fühlte sich so an, als seien sie verschmolzen mit der Gegend, hätten
den Rhythmus der Farm im Blut. Gerhard folgte Piet, sie plauderten über den
Giraffenbullen. Piet sprühte vor Leben. Er begann zu erzählen, von den
Anfängen, von den herben Verlusten, von einem toten Wasserbüffelbullen, der
wohl schon Monate im Busch gelegen hatte, der mumifiziert gewesen war, die
leere Hülle eines einst so beeindruckenden stolzen Tieres. Es war, als mache
Piet Werbung für seine Sache, es lag etwas in seiner Stimme. So als bitte er um
Verständnis?
    Der Weg schraubte sich auf das Plateau hinauf, jenes Plateau, auf
dem sie am ersten Abend den Sundowner eingenommen hatten. Piet verließ den
Pfad, es ging noch steiler bergauf, bis sie auf einer Klippe angekommen waren.
Der Ausblick war gigantisch.
    »Da drüben ist meine zweite Lodge.« Piet wies auf den Bergrücken,
der sich an die lange Senke anschloss, aus der sie heraufgekommen waren. »Da!«
Piet warf Gerhard ein Fernglas zu, das dieser gerade noch fangen konnte. »Ich
habe eine Idee, wo die Warzenschweine stecken könnten. Ich treib sie in deine
Richtung. Ich denke, sie kommen unterhalb von dir vorbei. Bitte zählen!«
    Er lachte. »Diese Burschen sind schnell und wendig. Du kannst ruhig
absteigen und das Pferd laufen lassen. Solange es einen Sattel draufhat, läuft
es nicht weg. Meine Pferde sind darauf trainiert.«
    Gerhard tat wie ihm geheißen. Das Geräusch des Hufklapperns war noch
zu hören, dann wurde es still. Nun stand er allein mit einem gescheckten Pferd
im Busch. Auch wenn er wusste, dass Piet höchstens fünfhundert Meter entfernt
war, fühlte es sich komisch an. Es gab hier keine Elefanten und Löwen, ab und
zu kam wohl auch mal ein Gepard vorbei, der die Zäune überwinden konnte.
Gerhard hatte plötzlich ein Bild vor Augen. Piet würde aus einem Käfig einen
Löwen herauslassen, und der würde ihn vertilgen.

Weitere Kostenlose Bücher