Mars Trilogie 1 - Roter Mars
schien es aber zu gefallen. Zum Beispiel wurde das wöchentliche Programm von Phyllis durch beide christlichen Kabelstationen und Programme über Geschäftsanalyse in der ganzen Welt gesendet. Aber ganz gleich, wie man damit umging, es wurde deutlich, daß die meisten Leute auf der Erde und dem Mars annahmen, daß es zum Terraformen kommen würde. Es war keine Frage des Ob, sondern des Wann und Wieviel. Unter den Kolonisten selber war das fast die allgemeine Ansicht. Sehr wenige hielten es mit Arm: Natürlich Simon, vielleicht Ursula und Sasha, vielleicht Hiroko, auf seine Weise John und jetzt auf ihre Weise Nadia. Auf der Erde gab es mehr dieser >Roten<; aber sie hielten ihre Stellung notwendigerweise für eine Theorie, ein ästhetisches Urteil. Der stärkste Punkt zu ihren Gunsten, und damit auch der von Ann am häufigsten in ihren Verlautbarungen für die Erde vertretene, war die Möglichkeit einheimisch entstandenen Lebens. Ann pflegte zu sagen: »Wenn es hier auf dem Mars Leben gibt, könnte die radikale Veränderung es töten. Wir können uns nicht einmischen, solange der Status von Leben auf dem Mars unbekannt ist. Das wäre unwissenschaftlich und - noch schlimmer - unmoralisch.«
Viele stimmten dem zu, einschließlich einer Menge in der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf der Erde, die das Mars-Komitee der UN beeinflußte, welches die Kolonie beaufsichtigte. Aber jedesmal, wenn Sax dieses Argument hörte, konterte er sofort: »Es gibt kein Anzeichen von Leben auf der Oberfläche in der Vergangenheit oder Gegenwart«, sagte er sanft. »Falls es existiert, muß es unterirdisch sein, vermutlich in der Nähe vulkanischer Schlote. Aber selbst wenn es da unten Leben gibt, könnten wir zehntausend Jahre danach suchen und es nie finden, noch auch die Möglichkeit eliminieren, daß es sich da irgendwo anders befindet, irgendwo, wohin wir nicht geschaut haben. Also bedeutet das Warten, bis wir sicher wissen, daß es kein Leben gibt...« - was unter Gemäßigten eine recht verbreitete Meinung war -, »bedeutet praktisch Warten für immer. Auf eine entfernte Möglichkeit, die durch das Terraformen in keiner Weise unmittelbar gefährdet werden würde.«
»Natürlich würde sie das«, widersprach Ann. »Vielleicht nicht unmittelbar, aber schließlich würde der Permafrost schmelzen, es würde Bewegung durch die Hydrosphäre geben und deren totale Kontamination durch wärmeres Wasser und irdische Lebensformen, Bakterien, Viren, Algen. Das könnte einige Zeit dauern, aber es würde bestimmt passieren. Und das können wir nicht riskieren.«
Sax zuckte dann die Achseln. »Erstens ist es ein postudiertes Leben mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit. Zweitens würde es auf Jahrhunderte hinaus nicht gefährdet sein. Wir könnten es in jener Zeit vermutlich lokalisieren und schützen.«
»Aber vielleicht würden wir es nicht finden können.«
»Sollen wir also innehalten für ein wenig wahrscheinliches Leben, das wir womöglich nie finden werden?«
Ann zuckte die Achseln. »Das müssen wir, sofern du nicht erklärst, daß es in Ordnung wäre, Leben auf anderen Planeten zu vernichten, so lange wir es nicht finden können. Und vergiß nicht: Einheimisches Leben auf dem Mars würde die größte Story aller Zeiten sein. Es würde Konsequenzen für die Häufigkeit von Leben in der Galaxis haben, die man unmöglich überschätzen kann. Die Suche nach Leben ist einer der Hauptgründe, weshalb wir hier sind.«
»Gut«, würde Sax sagen. »In der Zwischenzeit ist Leben, dessen Existenz wir ganz sicher sind, einem außerordentlich hohen Maß an Strahlung ausgesetzt.
Wenn wir nichts tun, um das zu mindern, könnten wir nicht imstande sein, hier zu bleiben. Wir brauchen eine dichtere Atmosphäre, um die Strahlung zu verringern.«
Das war keine Antwort auf Anns Punkt, sondern die Einführung eines anderen Arguments, das einen hohen Einfluß hatte. Millionen auf der Erde wollten zum Mars kommen, an die »neue Grenze«, wo das Leben wieder ein Abenteuer war. Wartelisten für Emigration - sowohl echte wie falsche - waren massiv überzeichnet. Aber keiner wollte in einem Bad mutagener Strahlung leben; und das praktische Verlangen, den Planeten für Menschen sicher zu machen, war bei den meisten stärker als der Wunsch, die dort schon vorhandene leblose Landschaft zu erhalten, oder ein postuliertes einheimisches Leben zu schützen, das, wie viele Wissenschaftler versicherten, gar nicht existierte.
Also schien es, auch bei denen, die zur
Weitere Kostenlose Bücher