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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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die Hauptstadt der Demimonde wie Tharsis Tholus, nur größer. Eine wirklich bedeutende Stadt. Ich habe dort eine Menge Leute vom ganzen Mars kennengelernt.«
    Die Romantik von Sabishii durchzog seinen Kopf: Erinnerungen belebten die Sprache in aller Fülle von Ereignissen und Gefühlen. Alle individuellen Emotionen jener Zeit, so widersprüchlich und unvereinbar sie auch sein mochten, wurden noch einmal zugleich in einem gedrängten polyphonen Akkord durchlebt.
    »Das muß wirklich sehr eindrucksvoll gewesen sein, nachdem man an einem Ort wie Zygote aufgewachsen war«, bemerkte Art.
    »O ja, das war es. Es war wundervoll.«
    »Erzähl mir davon!«
    Nirgal bewegte sich in seinem Sitz nach vorn, erschauerte und versuchte, etwas von dem zu übermitteln, wie es gewesen war.
     
    Zuerst war es so fremdartig gewesen. Die Issei hatten Unglaubliches vollbracht. Die Ersten Hundert hatten sich gezankt, gekämpft, über den ganzen Planeten verteilt, einen Krieg angefangen und waren jetzt tot oder versteckt. Die erste Gruppe japanischer Siedler, die zweihundertvierzig, die Sabishii gegründet hatten, gerade sieben Jahre nach dem Eintreffen der Ersten Hundert, waren in der Nähe ihres Landeplatzes geblieben und hatten eine Stadt erbaut. Sie hatten alle nachfolgenden Veränderungen absorbiert, einschließlich der Plazierung eines Moholes dicht neben ihrer Stadt. Sie hatten die Grabungen einfach übernommen und die Abfälle als Baumaterial genutzt. Als die dichter werdende Atmosphäre es ermöglichte, hatten sie das umliegende Terrain, das steinig und hoch war, ein keineswegs leichtes Land, zu Gärten gestaltet, bis sie inmitten eines lockeren kleinen Waldes lebten, einem BonsaiKrummholz, mit alpinen Tälern in den Bergen darüber. In den Katastrophen von 2061 hatten sie sich nie gerührt, galten als neutral und waren von den Transnationalen in Ruhe gelassen worden. In dieser Einsamkeit hatten sie das ausgegrabene Gestein ihres Moholes genommen und daraus lange gewundene Hügel gemacht, die alle von Tunnels und Räumen durchzogen waren, bereit, Leute aus dem Süden aufzunehmen.
    So hatten sie die Demimonde erfunden, die gebildetste und komplizierteste Gesellschaft auf dem Mars, voller Menschen, die sich auf der Straße wie Fremde begegneten, aber nachts in Räumen zusammenkamen, um zu reden, zu musizieren und sich zu lieben. Und selbst die nicht zur Unterwelt gehörenden Leute waren interessant, weil die Issei eine Universität ins Leben gerufen hatten, die Universität des Mars, wo viele Studenten, vielleicht ein Drittel von allen, jung und auf dem Mars geboren waren. Und ob diese jungen Eingeborenen von der Welt der Oberfläche oder aus dem Untergrund stammten - sie erkannten einander ohne die geringste Schwierigkeit an, wie Menschen der Heimat in Millionen subtiler Weisen, die keinem Erdgeborenen jemals zugänglich sein konnten. Und so plauderten sie, machten Musik und schliefen miteinander; und natürlich wurde eine ganze Anzahl der Eingeborenen der Oberfläche so in das Wissen vom Untergrund eingeweiht, bis es so schien, als ob alle Eingeborenen alles wüßten und natürliche Verbündete wären.
    Zu den Professoren gehörten viele Issei und Nisei von Sabishii, ebenso wie hervorragende Besucher vom ganzen Mars und sogar von der Erde. Die Studenten lebten, studierten und spielten in Straßen und Gärten und offenen Pavillons, an Teichen und in Cafes und auf den breiten grasbewachsenen Boulevards in einer Art von marsianischem Kyoto.
    Nirgal hatte die Stadt zum ersten Mal bei einem kurzen Besuch mit Cojote gesehen. Er hatte sie zu groß, zu übervölkert und voll zu vieler Fremder gefunden. Aber Monate später, ermüdet von dem Wandern im Süden mit Cojote und die größte Zeit so einsam, war ihm der Ort als einzig mögliches Ziel erschienen. Sabishii!
    Er war dorthin gegangen und in ein Zimmer unter einem Dach gezogen, kleiner als sein Bambusraum in Zygote, kaum größer als sein Bett. Er beteiligte sich an Kursen, Läufen, Calypsobands und Cafegruppen. Er lernte, so viel sein Lektionar fassen konnte. Er stellte fest, wie unglaublich provinziell und ignorant er war. Cojote gab ihm Barren von Wasserstoffperoxid, die er den Issei verkaufte für das Geld, welches er brauchte. Jeder Tag war ein Abenteuer, fast ohne Terminplan, bloß etliche Begegnungen von Stunde zu Stunde, immer weiter und weiter, bis er mitunter erschöpft zusammenbrach. Tagsüber studierte er Areologie und ökologisches Ingenieurwesen. Er gab diesen Disziplinen,

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