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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Teil des Turms enthielten deutlich die Unterkunft der Techniker nebst Ausrüstung und Vorräten.
    Hinter diesem Ding, eine kleine Strecke nach Norden abwärts, war ein Meer aus Eis. Unmittelbar nördlich vom Bohrer ragten die Kämme der großen Dünen noch aus dem Eis - erst als ein holpriger Sand und dann in Form Hunderter sichelförmiger Inseln. Aber einige Kilometer weiter draußen verschwanden die Dünenspitzen, und es gab nur noch Eis.
    Das Eis war rein, sauber, unter dem Himmel des Sonnenunterganges transparent purpurn - klarer als alles Eis, das sie je auf der Oberfläche des Mars gesehen hatte, und glatt, nicht zerklüftet wie alle Gletscher. Es dampfte schwach. Der Reif wurde vom Wind nach Osten geweht. Und außen darauf liefen Menschen in Schutzanzügen und Helmen Schlittschuh. Sie sahen aus wie Ameisen auf einer Schüssel Gelee.
     
    In dem Moment, da sie das Eis erblickte, wurde es ihr klar. Vor langer Zeit hatte sie selbst die Hypothese erhärtet, welche die Zweiteilung der Hemisphären erklärte. Danach war die tief gelegene glatte nördliche Hemisphäre nur ein riesengroßes Aufprallbecken, das Resultat einer kaum vorstellbaren Kollision in der Vorzeit zwischen Mars und einem fast ebenso großen Planetesimal. Das Gestein des aufschlagenden Körpers war, soweit es nicht verdampfte, zu einem Teil des Mars selbst geworden. Und es gab Argumente in der Literatur, wonach die unregelmäßigen Bewegungen im Mantel, die den Tharsisbuckel verursacht hatten, späte Entwicklungen waren infolge von Störungen, die von dem Aufprall herrührten. Ann fand das nicht wahrscheinlich; aber es war klar, daß der große Zusammenstoß stattgefunden hatte, die Oberfläche der ganzen nördlichen Hemisphäre weggewischt und sie um durchschnittlich vier Kilometer gegenüber dem Süden niedriger gemacht hatte. Ein erstaunlicher Schlag. Aber das war in grauer Vorzeit geschehen. Ein Aufprall gleicher Größenordnung hatte wahrscheinlich die Geburt von Luna aus der Erde heraus bewirkt. Es gab sogar einige hartnäckige Gegner der Aufprallhypothese, die argumentierten, daß der Mars, wenn er ebenso schwer getroffen worden wäre, einen ebenso großen Mond hätte haben müssen.
    Aber jetzt, als sie so auf dem Bauch lag und das gigantische Bohrgerüst anschaute, kam sie zu der Ansicht, daß die nördliche Hemisphäre noch tiefer lag, als es zuerst den Anschein gehabt hatte, weil ihr Boden aus gewachsenem Fels erstaunlich tief lag, fast fünf Kilometer unter dem Niveau der Dünen. Der Aufprall hatte so tief gewirkt, und dann hatte sich die Depression größtenteils wieder aufgefüllt mit einer Mischung von Auswurfmaterial aus dem großen Stoß, von durch Wind verwehtem Sand und Grus, späterem Aufprallmaterial, Erosionsstoffen, die von dem Abhang der Großen Böschung herunterglitten, sowie mit Wasser. Jawohl, Wasser, das wie immer den tiefsten Punkt gesucht hatte. Das Wasser in der jährlichen Reifkappe und den alten Ausbrüchen von Reservoirs, und von dem Ausgasen aus dem zertrümmerten Urgestein und den Linsen in der Polkappe - all das war schließlich zu diesem tiefen Gebiet gewandert und hatte sich zu einem wahrhaft enormen Reservoir unter der Oberfläche vereinigt, einem See aus Eis und Flüssigkeit, der sich als Band um den ganzen Planeten herumzog und unter allem nördlich von 60° Breite lag mit Ausnahme ironischerweise einer Insel aus Urgestein, auf der die Polkappe selbst hockte.
     
    Ann hatte selbst vor vielen Jahren dieses unterirdische Meer entdeckt; und nach ihren Schätzungen lagerten dort zwischen sechzig und siebzig Prozent des ganzen Wassers auf dem Mars. Es war wirklich der Oceanus Borealis, von dem manche Terraformer sprachen - aber tief, tief begraben und größtenteils gefroren, vermischt mit Regolith und feinem Grus, ein Ozean der ewigen Gefrornis mit etwas Flüssigem unten auf dem tiefsten Urgestein. Alles war dort für immer eingeschlossen, oder, so hatte sie gemeint, weil der Permafrost-Ozean - ganz gleich, wieviel Wärme die Terraformer auf die Oberfläche des Planeten wirken ließen - nicht viel schneller als um ein Meter pro Jahrtausend auftauen würde. Und selbst wenn er schmelzen sollte, würde er unter der Oberfläche bleiben. Das war einfach eine Folge der Schwerkraft.
    Also stand der Bohrturm vor ihr. Sie suchten bergmännisch nach dem Wasser. Sie schlossen die flüssigen Reservoire direkt auf und schmolzen den Permafrost mit Sprengstoffen. Dann gewannen sie die Schmelze und pumpten sie auf die

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