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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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dann an den Seiten herunterfiel, als der scharfe Wind eine Million kleiner Lawinen erzeugte. Ann torkelte ziellos und zwecklos dahin, bis sie sich einen Knöchel verrenkte und mit fliegendem Atem stehenblieb, einen Stein in jeder kalten, mit Handschuhen bekleideten Hand haltend. Sie erkannte, daß das lange Geschiebe sich immer noch bewegte. Und schlammiger Schnee prasselte aus der schwarzen Luft und begrub die Ebene.

A ber nichts hält ewig, nicht einmal Stein und nicht einmal Verzweiflung.
    Ann ging wieder zu ihrem Wagen, ohne zu wissen, wie und warum. Sie fuhr jeden Tag ein kleines Stück und gelangte unbeabsichtigt zu Cojotes Versteck. Dort blieb sie eine Woche lang, ging über die Dünen und mampfte ihr Essen.
    Dann eines Tages: »Ann, di da do?«
    Sie verstand nur das Wort Ann. Erschreckt über die Wiederkehr ihres Zungenredens hielt sie beide Hände an den Radiolautsprecher und versuchte zu sprechen. Es kam nichts heraus als ein erstickter Ton.
    »Ann, di da do?«
    Das war eine Frage.
    »Ann«, sagte sie, als ob sie sich übergäbe.
    Zehn Minuten später war sie in ihrem Wagen und drückte ihn an sich. »Wie lange bist du schon hier?«
    »Nicht... nicht lange.«
    Sie setzten sich. Ann nahm sich zusammen. Es war wie lautes Denken. Sicher dachte sie noch in Wörtern.
    Cojote redete weiter, vielleicht etwas langsamer als sonst, und sah sie scharf an.
    Sie fragte ihn nach dem Eisbohrturm.
    »Ah, ich habe mich gefragt, ob du auf einen solchen stoßen würdest.«
    »Wie viele gibt es davon?«
    »Fünfzig.«
    Cojote sah ihren Gesichtsausdruck und nickte kurz. Er aß gierig; und sie hatte den Eindruck, daß er leer bei dem Versteck angekommen war. »Sie stecken eine Menge Geld in diese großen Projekte. Der neue Aufzug, diese Wasserbohrer, Stickstoff von Titan... ein großer Spiegel da draußen zwischen uns und der Sonne, um mehr Licht auf uns zu werfen. Hast du davon gehört?«
    Sie versuchte, sich zusammenzunehmen. Fünfzig. O Gott...
    Das machte sie wild. Sie war auf den Planeten böse gewesen, weil er ihr keine Pause gönnte. Weil er sie erschreckte, aber nicht aktiv unterstützte. Aber das war eine andere Art von Ärger. Und als sie jetzt da saß, Cojote beim Essen zusah und über die Überschwemmung von Vastitas Borealis nachdachte, spürte sie, wie sich in ihr Wut zusammenzog wie eine prästellare Staubwolke - zusammenballte, bis sie zusammenstürzte und sich entzündete. Heiße Wut. Das Gefühl war schmerzlich. Und dennoch war es dieselbe alte Sache, Ärger über das Terraformen. Die alte ausgebrannte Emotion, die in den frühen Jahren zu einer Nova explodiert war, ballte sich jetzt zusammen und ging wieder los. Sie wollte das nicht, wirklich nicht. Aber verdammt, der Planet schmolz unter ihren Füßen. Er zerfiel. Zu Brei gestampft in einem Montanvorhaben der Erde.
    Es mußte etwas getan werden.
    Und sie hatte wirklich etwas zu tun, sei es auch nur, um die Stunden auszufüllen, die sie verbringen mußte, ehe sich irgendein Vorfall ihrer erbarmte. Etwas, um die präposthumen Stunden herumzubringen. Rache eines Zombies - nun, warum nicht? Bereit zu Gewalttätigkeit, bereit zu Verzweiflung ...
    »Wer baut sie?« fragte sie.
    »Zumeist Consolidated. Es gibt Fabriken in Mareotis und Bradbury Point, die sie herstellen.« Cojote schlang noch einige Zeit weiter und sah sie dann an. »Das gefällt dir wohl nicht?«
    »Allerdings nicht.«
    »Möchtest du ihm Einhalt gebieten?«
    Sie gab keine Antwort.
    Cojote schien zu verstehen. »Ich meine nicht, die ganze Terraformungsbemühung zu stoppen. Aber es gibt einiges, das man tun kann. Die Fabriken in die Luft jagen.«
    »Die würden sie bloß wieder aufbauen.«
    »Das kann man nie sagen. Es würde sie hemmen. Es könnte genügend Zeit einbringen, bis etwas in globalerem Maßstab geschieht.«
    »Du denkst an die Roten?«
    »Ja. Ich denke, die Leute würden sie als Rote bezeichnen.«
    Ann schüttelte den Kopf. »Die brauchen mich nicht.«
    »Nein. Aber vielleicht kannst du sie brauchen? Und du bist für sie eine Heldin, wie du weißt. Du würdest ihnen mehr bedeuten als bloß eine weitere Person.«
    Anns Geist war wieder leer geworden. Rote - sie hatte nie an die geglaubt, nie geglaubt, daß eine solche Form des Widerstands funktionieren würde. Aber jetzt - nun gut, selbst wenn es nicht klappen sollte, könnte es besser sein als Nichtstun. Man sollte sie mit einem Stock ins Auge stechen!
    Und wenn es funktionierte ...
    »Laß mich darüber nachdenken!«
    Sie sprachen

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