Marschfeuer - Kriminalroman
und drückte ihr eins in die Hand.
Jana nahm einen kleinen
Schluck. »Bau keinen Scheiß, Gonzo«, sagte sie nachdenklich, »denk an Lottes
Mutter. Die hat dich aufm Kieker!«
»Scheiß auf die
Bullen-Tussi! Die geht mir am Arsch vorbei. Nix kann die mir nachweisen. Nix!«
FÜNF
»Schönen Arbeitstag«,
wünschte der Elektriker, als die Fahrstuhltür sich im vierten Stock des
Polizeigebäudes öffnete und er den Rollcontainer mit den Kabelrollen aus dem
Aufzug schob.
»Gleichfalls«,
antworteten Lyn und Hendrik synchron. Kaum hatte sich die Tür wieder
geschlossen, packte Hendrik Lyn und presste seinen Mund auf ihren. Gierig
erwiderte sie seinen Kuss.
»Warum kann das Teil
nicht mal stecken bleiben?«, flüsterte Hendrik an ihren Lippen, während sie in
den zehnten Stock fuhren.
»Stecken bleiben? Ich
weiß nicht, ob mir das gefallen würde«, flüsterte Lyn zurück und biss ihm
zärtlich in die Unterlippe.
»Ich würde schon dafür
sorgen, dass es dir gefällt«, sagte Hendrik und fuhr mit seiner Hand unter ihre
Jacke.
Die sich öffnende Tür
sprengte sie Sekunden später auseinander. Lyn zupfte ihren Pulli herunter,
bevor sie hinter Hendrik den Fahrstuhl verließ.
»Guten Morgen, ihr
beiden«, grüßte Karin, die die Treppe genommen hatte, mit einem nicht zu
übersehenden Grinsen. »Darf ich?« Sie zupfte Lyn ein Stück fliederfarbenes
Styropor vom Rückenteil der Jacke.
Lyn fühlte sich ertappt.
Das Rot auf ihren erhitzten Wangen vertiefte sich. Der Fahrstuhl diente der
Baumaterialbeförderung und war zu diesem Zweck mit den Styroporplatten
abgeklebt, um Beschädigungen zu vermeiden.
»Guten Morgen, Karin«,
murmelte sie und flüchtete in ihr Büro. Sie schaltete ihren Computer an und
warf ihre Jacke über den Stuhl. Ein Klopfen am Rahmen der offenen Tür ließ sie
aufblicken.
»Moin!«, grüßte Thomas
Martens lächelnd.
»Herr Martens! Guten
Morgen … Sagen Sie nicht, Sie brauchen wieder Hilfe.«
»Keine Panik, Frau
Kollegin.« Er ging an ihrem Schreibtisch vorbei und sah kurz aus dem Fenster.
»Mögen Sie diese Dächer? Ich nicht. Diese Tristesse aus Grau und Schwarz,
gespickt mit Antennen und Schüsseln … Waren Sie mal in Italien? In Rom sind die
Dächer schön. Dachterrassen mit verzierten Geländern und grün bepflanzten
Kübeln. Ich genieße diesen Augenblick, wenn ich meine Schwester in Rom
besuche.«
»Dolce Dachvita ist in
Itzehoe eben noch nicht angekommen«, lachte Lyn. »Ich glaube, bei uns regnet es
einfach zu oft.«
»Wir müssten zum K2
wechseln. Die haben den schönen Blick auf den Breitenburger Wald und die Stör …
Nun, ich will Sie nicht von Ihrer Frühbesprechung abhalten. Ich muss auch
wieder runter. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ein Kollege auf dem Weg zu Frau
Jacobsen ist. Wir brauchen einen DNA -Abgleich
ihres Mannes. Zahnbürste oder Haarbürste.«
»Aber … wieso?«, fragte
Lyn überrascht und erschrocken zugleich. »Haben Sie neue Erkenntnisse?«
Er nickte. »Der
Fährführer der Fähre Glückstadt-Wischhafen hat gestern Abend eine Wasserleiche
entdeckt und an Bord genommen. Männlich, nackt, übel zugerichtet an Kopf und
Oberkörper. Vermutlich in eine Schiffsschraube geraten. Wir können nicht
ausschließen, dass es sich um Hinrich Jacobsen handelt. Wobei der Körper eher
an einen jüngeren Mann denken lässt. Doktor Helbing hat ihn gerade auf dem
Tisch. Ich dachte, ich erzähl’s Ihnen schnell. Weil Sie Frau Jacobsen ja
kennengelernt haben.«
Lyn seufzte. »Die Arme.
Danke, dass Sie mich informiert haben, und … lassen Sie mich bitte wissen, wenn
die Rechtsmedizin etwas über die Todesursache rausgefunden hat.«
»Der Kaffee ist fertig …«,
sang Birgit eine TV Werbemelodie, stellte die
Kaffeekanne auf den Besprechungszimmertisch und tänzelte wieder hinaus. Lyn
fragte sich, wie es der Kommissariatssekretärin gelungen war, den korallenroten
Schal um ihren nicht vorhandenen Hals unter dem Doppelkinn zu schlingen.
Skeptisch schenkte Lukas
sich Kaffee in seinen Becher und probierte.
»Und?« Die Blicke aller
klebten an ihm.
»Heute für Herzkranke«,
lautete sein Urteil. »Die Frau ist ein Phänomen. Ich kenne niemanden, der so
miserablen Kaffee kocht.«
»Ich glaube ja immer
noch, dass sie uns verarscht«, sagte Thilo mit Blick Richtung Tür, hinter der
die Sekretärin verschwunden war. »Mal kann man nach ihrem Kaffee vierundzwanzig
Stunden Samba tanzen, ein anderes Mal sind die Bohnen nur durchgeschossen.«
»Zur Sache, ihr Lieben,
zur Sache«,
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