Marschfeuer - Kriminalroman
»wir gehen recherchieren.«
»Was wollt ihr
recherchieren?«
»Ob im Prinzesshof noch
die leckere Pizza auf der Speisekarte steht.« Thilo leckte sich über die
Lippen. »Du weißt schon, Schäferlein, die leckere, krosche, ofenfrische Pizza
mit dem leicht gebräunten, würzigen Käse und den frischen Basilikum-Tomaten,
deren Duft dich glauben lässt, du sitzt im Sommer in der Toskana und …«
»Scheiß auf die
Stullen!« Karin streckte hechelnd die Zunge raus und hakte sich bei Thilo ein.
»Auf ins Prinzesshof-Ristorante, Männer! … Du kommst doch wohl mit, Lyn?«
»Klar kommt sie mit«,
sagte Thilo gut gelaunt und zog Karin mit sich, »Hendrik hat auch noch einen Arm
frei.«
»Untersteh dich«,
zischte Lyn Hendrik an, als er grinsend nach ihrer Hand griff, um sie durch
seinen Arm zu ziehen.
»Ich wollte dich nur
sicher durch die Straßen Itzehoes geleiten. Senioren stolpern so leicht.«
Lyn bedachte ihn mit
einem bitterbösen Blick und begann ein Gespräch mit Thilo. An der Ecke
Kirchenstraße/Sandberg blieb sie stehen.
»Wartet mal kurz«, sagte
sie mit Blick ins Schaufenster der Buchhandlung Gerbers. Sie deutete in die
Auslage. »Charlotte liebt Bücher mit pinkfarbenen Covern. Das muss ich ihr
holen. Sie hat morgen Geburtstag. Geht ruhig schon vor.«
»Deine Tochter sucht
sich ihre Bücher nach dem Cover aus?« Thilo Steenbuck starrte in das
Schaufenster. »Es soll ja vereinzelt Leute geben, die suchen ihr Buch nach dem
Inhalt aus.«
»Ein pinkfarbenes Buch
mit Herzchen ist garantiert eine Liebesgeschichte«, belehrte Lyn ihn. »Und
damit ist für Charlotte die Sache geritzt. Kommt immer gut.«
»Und was ist mit
Klappentext?«, klinkte Karin sich ein. »Danach kaufe ich.«
»Das kannst du auch knicken«,
gab Hendrik seinen Senf dazu, »da bin ich schon so oft auf die Nase gefallen.
Ich lese immer die ersten beiden Seiten und eine aus der Mitte. Dann erkennst
du schon mal den Schreibstil des Autors. Und das ist nicht ganz unwichtig.«
»Ich seh schon, ihr habt
noch Gesprächsstoff«, lachte Lyn und ging die Treppenstufen zu Gerbers hinauf.
»Ich hol schnell das Buch.«
Zehn Minuten später
saßen sie im Prinzesshof-Restaurant Classico und gaben ihre Bestellungen auf.
»Keine Frutti di Mare,
Karin?«, fragte Thilo. »Das hat’s ja noch nie gegeben. Stattdessen eine Funghi.
Du wirst noch zum Abenteurer. Womöglich bestellst du beim nächsten Mal auch
noch eine Fanta statt einer Apfelschorle?«
»Sehr witzig, Kollege.
Ich bin eben nicht so experimentierfreudig wie du. Im Moment steht mir einfach
nicht der Sinn nach Meeresgetier. Ich sehe immer noch Axel vor mir. Ich dachte,
der krepiert mir.«
»Fische sind die
überflüssigsten Tiere überhaupt«, sagte Lyn und strich sich Kräuterbutter auf
das warme Brot, das die Bedienung mit den Speisekarten gebracht hatte, »kalt,
lauter Schuppen, Glotzaugen …«
»Die Beschreibung trifft
auch auf meinen Zahnarzt zu«, sagte Thilo, »das ist echt gruselig. Diese
riesigen Augen über dem Mundschutz. Es bröselt aus seinem schütteren Haar. Und
du liegst da. Hilflos, mit offenem Mund, und hoffst, dass das Zeug nicht in
deinen Rachen rieselt.«
»Geht doch nichts über
ein appetitanregendes Gespräch am Mittagstisch.« Hendrik nahm das letzte Brot
aus dem Körbchen. »Wie war’s bei Margarethe Jacobsen?«, fragte er Lyn, während
er den leeren Korb Richtung Tresen in die Höhe hielt.
»Hochinteressant. Auf
der Liste der potenziellen Verdächtigen hat sich mein persönlicher Freund Gonzo
gerade an die Spitze katapultiert. Ich bin noch nicht sicher, ob vor oder
hinter Paul Lindmeir.« Sie berichtete in Kurzfassung leise von den neuesten
Erkenntnissen.
»Ich bin für Paul
Lindmeier. Er hat den Alten auf dem Kerbholz«, meinte Thilo und ließ den
zweiten Brotkorb wandern. »Würde doch passen. Er brät Jacobsen eins über,
schafft ihn nach Wewelsfleth in die Hütte, fackelt sie ab, fährt zurück nach
Glückstadt, zerwühlt das Bett neben der guten Margarethe, macht Frühstück und
verschwindet in der morgendlichen Dunkelheit nach Hause. Duscht und fährt zur
Arbeit.«
»Perfekt!« Hendrik klopfte
seinem Kollegen auf die Schulter. »Jetzt fehlt nur noch das Motiv, warum er
seinem langjährigen Freund und Mäzen, dessen Wohlwollen und Erbe er sich sicher
war, den Schädel eingeschlagen haben soll.«
»Mord im Affekt. Motiv
finden wir noch«, nuschelte Thilo, den Mund voller Nudeln, nachdem die
Bedienung die drei Pizzen und seine Rigatoni serviert
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