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Marschfeuer - Kriminalroman

Marschfeuer - Kriminalroman

Titel: Marschfeuer - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
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schlechte
Idee. Ich könnte mir doch Hendrik Wolff schnappen. Der ist noch frei.« Lyn war
froh, dass sie Charlotte nicht ansehen, sondern auf den Verkehr achten musste.
    »Hendrik Wolff? Der Hendrik Wolff?«
    »Ja, du weißt schon,
mein Kollege, der dir mal die CD gebrannt hat …«
    »Ich weiß, wer Hendrik
ist, Mama«, kam es genervt über Charlottes Lippen, »aber der kommt ja nicht in
Frage. Gibt’s nicht einen netten, alleinstehenden Kollegen, einen, den Krümel
und ich eventuell ganz cool finden könnten?«
    »Und wieso kommt Hendrik
nicht in Frage? Ich dachte, du findest den ganz cool und witzig«, fragte Lyn
mit einer Leichtigkeit, die so gar nicht mit ihren um das Lenkrad verkrampften
Fingern harmonierte.
    »Hä?« Charlotte tippte
sich an die Stirn. »Du hast wohl lange nicht mehr in deinen Pass geguckt? Der
ist doch mindestens sechs Jahre jünger oder so. Da nützt cool nichts. Der ist
zu jung, der würde doch gleich wieder abhauen. Also, bessere Vorschläge?« Sie
begann, verschiedene Knöpfe des Autoradios zu drücken. »Wo ist denn hier RSH oder N Joy? Oder hört
ihr bei der Polizei nur Verkehrsfunk und Welle Nord?«
    Lyn klatschte ihr auf
die Hand. »Fummel da nicht rum, Lotte. Du verstellst alles.«
    »Aua!« Charlotte zog
beleidigt ihre Hand zurück, holte ihren MP 3-Player aus dem Rucksack, stöpselte sich
die Ohren zu und wandte den Kopf gen Seitenscheibe.
    Und Lyn war nicht
undankbar dafür. Sechs Jahre jünger? Sie seufzte. Es waren sogar neun.
    »Danke, ich trinke
meinen Kaffee schwarz«, wehrte Lyn die Sahne ab, die Fritz Rühmann ihr in die
Tasse gießen wollte. Lyn war gerührt. Der alte Mann hatte ihre fast anderthalb
Stunden Fahrzeit genutzt, um seinen Wohnzimmertisch liebevoll einzudecken.
Kaffee, mit Marmelade gefüllte Plätzchen, Kerze, Servietten, nichts fehlte.
    »Wenn man immer allein
ist, freut man sich über Besuch«, sagte er und gab mit einer angelaufenen
silbernen Zuckerzange zwei Stückchen Zucker in seine Tasse. Mit einem
schedderigen Lachen fügte er hinzu: »Selbst wenn das die Polizei ist.«
    »Es ist für uns äußerst
interessant, dass Sie auf der Bahnfahrt neben Herrn Jacobsen gesessen haben«,
sagte Lyn und griff nach einem Keks. »Laut Reservierungsliste saßen Sie nämlich
auf der anderen Waggonseite.«
    Er winkte ab. »Ich hab
mit der Dame neben Herrn Jacobsen getauscht. Der bekam das Rückwärtsfahren
nicht.«
    Lyn erklärte Fritz
Rühmann, worum es ging, und ließ ihn erzählen.
    » …Ja, das war ein ganz
Netter, der Herr Jacobsen«, endete sein Bericht eine gute Viertelstunde später.
»Das hab ich auf Bahnfahrten schon anders erlebt. Da mag sich nicht jeder mit
einem alten, sabbeligen Mann unterhalten.« Er ließ wieder sein
schäbig-sympathisches Lachen hören.
    Lyn war mehr als
enttäuscht. Nichts aus Rühmanns Erzählung ließ darauf schließen, dass Hinrich
Jacobsen auch nur verstimmt gewesen wäre.
    »Von schlechter Laune
war da nichts zu merken«, legte der alte Mann noch mal nach, »im Gegenteil: Er
hat mich sogar noch zu einem Kaffee eingeladen, aber das war für mich zu spät.
Ich bin ja in Zwolle ausgestiegen. Da wohnt mein einziger Sohn mit seiner
Familie. Vorher hab ich in Köln einen alten Schulfreund besucht. Das mach ich
immer so, wenn ich zu meinen Kindern nach Holland fahre.« Er stand auf, ging zu
dem Nussbaum-Büfett und nahm ein gerahmtes Foto zur Hand. »Meine Enkel«, sagte
er stolz.
    »Hübsche Jungs«, sagte
Lyn, mit den Gedanken noch bei der Zugfahrt. »Dann könnte sich nach Ihnen noch
jemand anderer zu Hinrich Jacobsen gesetzt haben«, mutmaßte sie, »jemand, der
in Zwolle oder danach zugestiegen ist.« Und derjenige hätte für das kurze Stück
Fahrstrecke natürlich nicht reserviert.
    »Mag sein.« Fritz
Rühmann stellte das Foto zurück und setzte sich wieder. »Aber das glaub ich
nicht. Ist von Zwolle nur noch ‘ne Stunde Fahrzeit bis Groningen. Und der Zug
war schon sehr leer. Da setzt sich doch niemand neben einen alten Mann, wenn so
viele Plätze frei sind.«
    »Eigentlich nicht«,
nickte Lyn und steckte ihre Unterlagen ein.
    »Es war nett mit Ihnen«,
verabschiedete der alte Mann Lyn. »Schade, dass ich Ihnen nicht helfen konnte.«

ELF
    Lyn wartete seitlich der
Tür der Glückstädter Kreuzkapelle in der Von-Graba-Straße. Hendrik hatte
während des Trauergottesdienstes ein Stück hinter ihr gesessen. Angeblich, um
die Trauergäste aus einer anderen Perspektive zu beobachten als sie.
    Allerdings hatte schon
die Fahrt nach

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