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Marschfeuer - Kriminalroman

Marschfeuer - Kriminalroman

Titel: Marschfeuer - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
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»Guten Morgen« und ein »Auf
Wiedersehen« von sich gegeben. Achtzig Prozent der Zeit hatte der Staatsanwalt
gesprochen, die restlichen Prozente verteilten sich auf Wilfried und Hendrik. Was
okay war, denn sie hatte dem nichts hinzuzufügen gehabt. Aber jetzt …
    »Was heißt ›während
seiner Abwesenheit‹?«, fragte sie und blieb im Türrahmen stehen.
    »Paul Lindmeir begleitet
die Jungfernfahrt der Jacht«, sagte Meier.
    Lyn riss die Augen auf.
»Aber … er hat uns vor einer Woche gesagt, dass er nicht vorhat, dieser
Einladung zu folgen.« Mit drei Schritten war sie wieder am Schreibtisch des
Staatsanwalts. »Die Jungfernfahrt geht nach Salvador da Bahia. Brasilien.
Südamerika. Wissen Sie, was das bedeutet?«
    »Das bedeutet, dass er
seinem eigenen Wunsch, lieber hierzubleiben, nicht nachgibt, um seinen
milliardenschweren Auftraggeber für weitere Projekte nicht zu verprellen.
Übrigens ein weiteres Zitat Lindmeirs.«
    Lyn starrte Meier an.
»Er haut ab. Und wir gucken zu. Er braucht nur die richtigen Verbindungen, und
wir kriegen ihn da nicht wieder raus. Korruption ist da an der Tagesordnung.
Die basteln sich aus einem internationalen Haftbefehl ein Papierfliegerchen.«
    »Ich hab noch alle
gekriegt, Frau Harms. Aber wenn Sie recht haben und Lindmeir senior wirklich
unser Mann ist, dann ist sein kleiner Ausflug ein Grund mehr, sich jetzt wieder
an die Arbeit zu machen.«

ZWÖLF
    Kevin Holzbach hielt den
Lichtkegel seiner Taschenlampe streng vor sich auf den Boden gerichtet. Der
unebene, wild bewachsene Trampelpfad an der Stör war mit Schlaglöchern und
wuchernden Baumwurzeln gespickt. Seine Kreidler hatte er an der kleinen Brücke
vor der Baggerkuhle stehen lassen, weil sein bevorzugter Angelplatz in der
nächtlichen Dunkelheit besser zu Fuß zu erreichen war.
    Das leise Plätschern der
Wellen am nahen Störufer und das Klirren der Utensilien in seinem Angelkasten
waren neben seinen Schritten die einzigen Geräusche. Sein Blick glitt kurz zum
nahen Dock der Wewelsflether Werft. Dort war alles ruhig. Im Dock der
Jacobsen-Werft in Beidenfleth hatte die Megajacht gelegen, versteckt unter
Planen. Er schnaubte durch die Nase. Und er hatte nicht einen Schritt auf das
geile Megateil setzen dürfen, als es fertig war. Das Fußvolk hatte sich
fernzuhalten.
    Als er die zweite
Holzbrücke überquerte, grinste er. ‘ne Brücke wär mal was anderes als ‘ne
langweilige Gartenhütte. Und wenn er die Brücke abfackelte, würden sich die
ätzenden Hundehalter mit ihren Tölen in den Arsch beißen, weil sie sich einen
neuen Weg für ihre Gassitouren suchen mussten. Nur diese Brücke durfte es
natürlich nicht sein. Die brauchte er schließlich, um zu seinem Angelplatz zu
kommen. Aber die dahinter, die letzte vor dem Sperrwerk, war perfekt.
    »Fuck!«, fluchte er, als er über eine in den Weg
ragende Baumwurzel stolperte, sich aber gerade noch abfangen konnte. Der schmale
Trampelpfad ließ keinen großen Bewegungsspielraum. An seiner rechten Seite zog
sich der mannshohe Maschendrahtzaun, der die Obstbäume der hiesigen Apfelbauern
abgrenzte, auf Hunderte Meter dahin. Zur Linken fiel die Böschung zur Stör hin
ab. Steinstacks ragten in Abständen in den Elbnebenfluss. Das letzte Stack
hinter der zweiten Holzbrücke war sein Ziel. Dort hockte er fast wöchentlich,
weit vor Sonnenaufgang, in der Hoffnung auf einen Aal. Heute hatte er
allerdings die kleinen Weißfische als Köder dabei, denn er wollte einen fetten
Zander fangen. Dass seine Neigung zu nächtlichen und frühmorgendlichen
Unternehmungen mit dem leidigen Sieben-Uhr-Arbeitsbeginn auf der Werft
kollidierte, tangierte ihn dabei nur beiläufig. Pünktlichkeit war was für
Spießer und Arschlecker. Und jetzt, wo der Alte den Abflug in die Urne gemacht
hatte, spielte es sowieso keine Rolle mehr. Er lachte leise in sich rein. Gonzo the King kam jetzt, wann er wollte.
    Er blieb kurz stehen, um
die beiden Angelruten fester zu greifen, die er zusätzlich zum Eimer in der
linken Hand tragen musste, weil er in der rechten den Angelkasten und die
Taschenlampe hielt. Als er den Eimer abstellte, verharrte er in der gebückten
Position. Das einzige Geräusch hätte jetzt nur noch das Plätschern des Wassers
an das Ufergeröll sein dürfen, aber da war noch etwas. Ein wiederholtes leichtes
Knacken, das jetzt aber verstummte.
    Eine der verfuckten
Bisamratten? Er drehte sich um und richtete den Taschenlampenstrahl hinter
sich. Die Dunkelheit schluckte das Licht bereits nach

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