Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
Killer. Gélou, Gélou, warum hast du an jenem Sonntag im Kino nur meine Hand losgelassen.
»Wir zwei hätten heiraten sollen.« Ich sagte das nur, um irgendetwas zu sagen.
Sie brach in Tränen aus und flüchtete sich in meine Arme. Ihre Tränen durchweichten das Hemd auf meiner Brust. Sie würden für immer ihre Spuren an mir hinterlassen, das wusste ich.
»Das habe ich nur so gesagt, Gélou. Aber ich bin da. Und ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch«, schluchzte sie. »Aber du warst nicht immer da.«
»Narni ist ein Killer. Ein gefährlicher Typ. Vielleicht hat er das Familienleben geliebt. Dich hat er mit Sicherheit auch geliebt. Aber das ändert nichts. Er ist ein professioneller Killer. Der vor nichts zurückschreckt. In der Branche sichert man sich doppelt ab. Töten ist seine Arbeit. Er hat Rechnungen für Mächtigere zu begleichen. Noch gefährlicher e Typen. Sie töten nicht mit Waf fen wie er. Aber sie haben Politiker, Industrielle und Leute aus der Armee in ihrer Gewalt. Für sie zählt kein Menschenleben ... Narni kann es sich nicht leisten, seinen Weg mit Verletzten zu pflastern. Er konnte Guitou nicht leben lassen. Und dich auch nicht. Oder mich ...«
Mein Satz blieb in der Luft hängen. Ich erwartete nichts mehr vom Leben. Ich hatte ihm eines Tages nur um seiner selbst willen ins Auge gesehen. Und schließlich hatte ich es geliebt. Ohne Schuld - gefühl, Gewissensbisse oder Zweifel. Einfach so. Mit dem Leben ist es wie mit der Wahrheit. Man nimmt, was man findet. Oft findet man, was man gegeben hat. So einfach war das. Bevor sie mich verließ, hatte Rosa, die Frau, mit der ich am längsten zusammen war, gesagt, dass ich ein beschränktes Weltbild habe. Das stimmte. Aber ich lebte noch, und es bedurfte nicht viel, mich glücklich zu machen. Der Tod änderte nichts daran.
Ich legte meinen Arm um Gélous Schultern und fuhr fort: »Was ich sagen will, Gélou, ist, dass ich dich liebe und vor ihm beschützen werde. Bis alles geregelt ist. Aber erst musst du ihn dir a us dem Kopf schlagen. Du musst auch den letzten Rest an zärtlichen Ge - fühlen für ihn abtöten. Sonst kann ich dir nicht helfen.«
»Das sind dann zwei Männer, Fabio«, flehte sie.
Das Schlimmste blieb noch zu sagen. Ich hatte gehofft, darum herumzukommen.
»Gélou, denk an Guitou. Er erlebt gerade seine erste Liebesnacht mit einem süßen Mädchen. Plötzlich sind unerklärliche Geräusche im Haus. Vielleicht ein Schrei. Ein Todesschrei. Jeder wäre zutiefst erschrocken. Egal, wie alt. Vielleicht schlafen Guitou und Naïma. Vielleicht lieben sie sich gerade noch einmal. Stell dir ihre panische Angst vor.
Dann stehen sie auf. Und er, Guitou, dein Sohn, der jetzt ein Mann ist, tut, was ein Mann nicht unbedingt getan hätte. Aber er tut es. Weil Naïma ihn ansieht. Weil Naïma sich entsetzlich fürchtet. Weil er Angst um sie hat. Er öffnet die Tür. Und was sieht er? Narni, dieses Scheusal. Diesen Typen, der ihm Vorhaltungen über Weiße, Schwarze und Araber macht. Diesen Typen, der nicht davor zurück - schreckt, deinen Jungen so gewalttätig und bösartig zu schlagen, dass er noch vierzehn Tage später blaue Flecken hat. Diesen Typen, der mit seiner Mutter schläft. Der mit seiner Mutter macht, was er soeben mit Naïma gemacht hat.
Stell dir Guitous Augen in diesem Moment vor, Gélou. Hass, und auch Angst. Weil er weiß, dass er keine Chance mehr hat. Nun stell dir Narnis Augen vor. Als er den Jungen vor sich sieht. Diesen Jungen, der ihn seit Jahren provoziert und verachtet. Stell es dir vor, Gélou. Ich will, dass du diese grauenhaften Bilder vor dir siehst. Dein Junge in Unterhosen. Und Narni mit der Knarre. Er wird abdrücken. Ohne Zögern. Gezielt. Ohne Zittern. Eine einzige Kugel, Gélou. Eine einzige, verdammt noch mal!«
»Hör auf!«, schluchzte sie. Sie krallte sich an meinem Hemd fest. Sie war nicht weit von einem Nervenzusammenbruch. Aber ich musste weitermachen.
»Nein, hör mir zu, Gélou. Ruf dir wieder Guitou ins Gedächtnis, der stürzt und sich die Stirn auf der Steintreppe aufschlägt. Er blutet. Wer von den beiden hat in dem Moment wohl an dich gedacht? In diesem Bruchteil einer Sekunde, bevor die Kugel sich in Guitous Herz bohrte. Ich will, dass du das ein für alle Mal begreifst. Sonst wirst du nie mehr schlafen können. Nie im Leben. Du musst Guitou vor dir sehen. Und ihn auch, Narni, du musst dir vor Augen halten, wie er abdrückt. Ich werde ihn umbringen, Gélou.«
»Nein!« Sie schrie zwischen
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