Marsha Mellow
sprechen.«
»Tja, es ist ihm aber wichtig... Und außerdem bin ich echt gespannt, was du sagst«, erwidert er und hält mir den Hörer entgegen.
»Du Schwein«, sage ich mit Lippensprache und nehme den Hörer.
»Amy, sind Sie dran?«, meint Lewis.
Scheiße, ich spüre, wie ich schon wieder rot werde, obwohl er gerade einmal vier Worte gesprochen hat.
»Hi, Lewis«, erwidere ich.
»Rufe ich gerade zu einem ungünstigen Zeitpunkt an? Ist die Kripo noch bei Ihnen? War das ein Polizeibeamter, mit dem ich gerade gesprochen habe?«
»Nein, die sind ... ähm ... schon wieder weg. Das war ein Freund von mir«, entgegne ich und funkle Ant wütend an.
»So so, Deedee hat mich informiert... Daher. Tut mir wirklich Leid. Ich fühle mit Ihnen, Amy.«
»Danke«, murmle ich und fühle mit mir selbst. Warum muss mir das immer passieren? Tja, ich weiß schon, warum. Weil ich so verflucht dämlich bin.
»Das erklärt auch den besagten Abend«, spricht Lewis weiter. »Ich wünschte, Sie hätten es mir da schon gesagt... Aber... wahrscheinlich konnten Sie damals noch nicht darüber sprechen, vermute ich. Dafür habe ich Verständnis.«
»Stimmt«, entgegne ich, während ich fieberhaft überlege, wie ich dieses Gespräch möglichst schnell beenden kann, bevor er mir irgendwelche Insider-Fragen über Insider-Geschäfte stellt, ein Thema, bei dem ich noch weniger mitreden kann als über die Wartung von Traktormaschinen. »Danke für Ihren Anruf, Lewis ... ähm ... das ist sehr nett von Ihnen ... Wie auch immer, ich habe Ihnen schon genug Zeit gestohlen. Ich lasse Sie jetzt wieder weiter ...«
»Ich würde Ihnen wirklich gern helfen, wenn es in meiner Macht steht«, unterbricht er mich in leicht verzweifeltem Ton. »Ich will Ihnen einfach nur meine Hilfe anbieten, okay?«
Warum bloß ist er manchmal so furchtbar nett? Alles war viel einfacher, als ich noch überzeugt war, dass er ein mieses Schwein ist.
»Ich muss jetzt los«, sage ich, wobei meine Stimme unfreiwillig zittert. »Auf Wied...«
»Amy, legen Sie nicht auf... bitte.«
Dieses verfluchte Zittern in meiner Stimme. Ich war schon so dicht vor dem Ziel.
»Kann ich vielleicht bei Ihnen vorbeikommen?«, fragt er.
Nein, kann er nicht. Auf keinen Fall.
»Das geht nicht... Die Arbeit... Schließlich sind Sie der Chef... Sie können nicht einfach ... weg.«
»Wie Sie sagen, ich bin der Chef. Folglich kann ich auch tun und lassen, was mir beliebt. Und mir liegt viel daran, Sie zu sehen ... Verflucht, falls Sie es nämlich noch nicht gemerkt haben sollten, ich finde Sie sympathisch.«
Jetzt klingt er sauer. Nichtsdestotrotz findet er mich sympathisch. Warum ist er dann sauer? Ich bin derart verwirrt, dass ich mich gar nicht mehr traue, etwas zu sagen.
»Tut mir Leid«, meint er kurz darauf etwas gefasster. »Ich möchte einfach vermeiden, dass Sie mir schon wieder entwischen. Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich mache mich jetzt auf den Weg.«
Als Antwort lege ich auf.
»Und?«, meint Ant.
»Er macht sich auf den Weg hierher.«
»Ist ja geil... Und warum guckst du dann so, als würdest du das alles andere als geil finden?«
»Weil ich ihn nicht sehen will. Alles, was er über mich weiß, ist gelogen. Ich muss hier schleunigst raus ... und zwar sofort!«
Mir wird bewusst, dass ich nervös ständig im Kreis gehe.
Wann habe ich mir das denn angewöhnt? Gestern Abend? Letzte Woche? Schon vor Ewigkeiten?
»Krieg dich endlich wieder ein«, brüllt Ant mich an.
Abrupt bleibe ich stehen.
»Schön, hör mir zu«, sagt er langsam und deutlich. So spricht er immer, wenn er es mit hysterischen Anfällen zu tun hat. »Es ist offensichtlich, dass Lewis etwas für dich übrig hat. Dies wiederum ist eine gute Sache, zumal du höchst offensichtlich auch etwas für ihn übrig hast. Und das ist vermutlich das einzig Positive in deinem Leben zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Also, du machst Folgendes. Erstens: Du rasierst dir die Beine und triffst sämtliche kosmetischen Vorkehrungsmaßnahmen, die du für nötig hältst.«
»Aber -«
»Kein Aber. Zweitens: Mit meiner fachmännischen Unterstützung werden wir dir etwas Bezauberndes zum Anziehen heraussuchen. Drittens: Du schickst mich raus, um einen langen, erholsamen Spaziergang durch den Priory-Park zu machen. Und viertens: Wenn es an der Tür klingelt, machst du ihm auf, bittest ihn, Platz zu nehmen, und erzählst ihm die Wahrheit. Ist dir klar, was das bedeutet? Das bedeutet, dass du weder lügst noch die Tatsachen verdrehst noch
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