Marsha Mellow
Entschuldigungen pfeift. Aber ich bin nicht nur verblüfft, sondern auch entzückt. Er hat sogar Küsschen neben seinen Namen gesetzt - gleich drei an der Zahl. Obwohl das auch für einen Dreier stehen könnte. Nein, am besten, ich lass die Finger davon ... Blumen. Von Jake. Wow.
Schluss damit , befiehlt die innere Stimme (die mir allmählich auf den Geist geht). Der will dir nur an die Wäsche. »Und, von wem sind sie?«, fragt Julie. »Von meinem Ex.«
»Der muss ja unheimlich scharf darauf sein, dir wieder an die Wäsche zu dürfen.«
Was habe ich dir gesagt?, höhnt die innere Stimme - verflucht selbstgefällig.
»Ich habe keine Ahnung, was er damit bezweckt«, sage ich.
Und um ehrlich zu sein, habe ich tatsächlich keinen blassen Schimmer, worauf Jake eigentlich aus ist. Aber ich habe keine Zeit, mir seinetwegen den Kopf zu zerbrechen, da ich dicht neben mir plötzlich eine Stimme vernehme.
»Ich weiß nicht, wie du deine Arbeit machen willst, wenn dein Schreibtisch aussieht wie die Blumenausstellung in Chelsea.«
Es ist Deedee, die Chefsekretärin. Working Girl hatte bereits drei verschiedene Chefredakteure, bevor Lewis den Job übernahm. Deedee hat sie alle überlebt. Der Vorgänger von Lewis hat sie richtig gehasst. Als es immer schlimmer wurde, hat er sie zu einer »Aussprache« zum Mittagessen eingeladen. Zwei Tage später hat er seinen Schreibtisch geräumt. Oder wie Julie es ausdrückt: »Bestimmt hat er ihr bei dem Essen ein Ultimatum gesetzt: ›Entweder ich oder Sie, Deedee.‹ Schätze, das arme Schwein hat nicht damit gerechnet, dass es ihn erwischt.«
»Tut mir Leid, Deedee. Ich wollte sie soeben wegstellen«, entgegne ich.
»Schön, wenn du damit fertig bist, möchte Lewis dich sehen«, sagt sie naserümpfend.
»Oh, bestimmt hat er die ganzen Blumen gesehen«, platzt Julie heraus. »Jetzt steht er unter Zugzwang und muss sich was Besseres einfallen lassen.«
»Das sind doch nur Spinnereien«, bemerkt Deedee abfällig.
Spinnereien? Ich kann mir nur denken, dass er mich wegen meines erbärmlichen Auftritts gestern in dem Meeting fristlos feuern will.
»Warum sollte er denn nicht auf sie stehen?«, fragt Julie empört.
Mir fallen da gleich mehrere Tausend Gründe ein.
Deedee offenbar auch, zumal sie ihre Arroganz wiedergefunden hat. »Amy ist eine absolut nette junge Frau. Aber ein Mann wie Lewis ist für so jemanden unerreichbar. Schließlich kommt er mit vielen Frauen zusammen, wisst ihr. Hoch intellektuelle, in der Gesellschaft angesehene Frauen ...«
Himmel, die tut ja gerade so, als wäre er Chefredakteur der Times. Hier geht es nur um einen Gratis-Stellenanzeiger.
»... Und ohne dich beleidigen zu wollen, Amy«, warnt sie mich vor, dass sie gleich etwas äußerst Beleidigendes sagen wird, »bist du weder das eine noch das andere. Ihr solltet nur mal sehen, mit wem er heute Abend verabredet ist. Eine umwerfende Frau. Von Kopf bis Fuß in Prada gekleidet.« Sie wirft einen missbilligenden Blick auf meinen durchnässten 29,99-Rock. »Sie arbeitet für die Bank, also handelt es sich wohl um ein ›Geschäftsessen‹.« Ihre in der Luft angedeuteten Anführungszeichen machen jede weitere Erklärung überflüssig. Dabei frage ich mich, ob eigentlich seine Ros von dem Prada-Model weiß, das bei der Bank arbeitet?
Deedee rauscht wieder ab. Bestimmt knöpft sie sich jetzt einen anderen armen Trottel vor und erzählt ihm was von Arbeitszeit/Kleiderordnung im Büro/unbefugtem Surfen im Internet/korrekter Verwendung von Stifthaitern/Annahme eines Telefonats allerspätestens beim dritten Klingeln und ähnlich spannenden Dingen.
»Miststück«, zischt Julie fast lautlos. Dann sagt sie zu mir: »Ich sehe keinen Grund, weshalb Lewis nicht auf dich stehen sollte.«
»Vielleicht, weil er bereits eine Ros hat?«
»Eine was?«
»Nicht so wichtig. Hättest du mich gestern in diesem Meeting erlebt, wüsstest du, warum. Ich habe mich aufgeführt wie der letzte Dorftrottel. Seit Wochen wird gemunkelt, dass es Kündigungen geben wird, und gestern habe ich ihm den perfekten Anlass geboten, bei mir damit anzufangen.«
»Das tut er bestimmt nicht«, sagt sie mit aufrichtig besorgtem Blick.
»Das wäre mir auch scheißegal«, sage ich und mache mich daran, die Blumen auf den Boden zu stellen. »Er ist ein rücksichtsloses, arrogantes Schwein. Ich pfeif auf diesen Job.« Ich verkneife mir hinzuzufügen: »Zumal man mir demnächst einen sechsstelligen Vorschuss für ein Buch anbieten wird, das ich noch
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