Marsha Mellow
springen? Zehn oder zwanzig Riesen?«
»Was kreischen die immer bei Der Preis ist heiß? Höher, höher.«
»Was, dreißig Riesen für ein Buch, das ich noch gar nicht geschrieben habe? Das ist doch lächerlich.«
»Nein, meine Liebe, so läuft das im Verlagsgeschäft. Es ist normal, dass die Verlage für etwas bezahlen, das sie noch gar nicht kennen, wofür ich auch den Göttern mehr oder weniger regelmäßig danke. Außerdem, wenn Jacobson auf das nächste Buch von Mellow scharf ist, dann muss er aber weitaus mehr als 30 000 bezahlen.«
»Mary, es wird kein nächstes Buch geben ... Wie viel mehr soll er denn bezahlen? ... Die Frage ist übrigens rein hypothetisch gemeint, zumal in mir definitiv kein zweites Buch schlummert.«
»Oh, diese Art von Unterhaltung ist mir zu kindisch, Amy«, fährt sie mich an. »Ich meine, wenn du ohnehin nicht die geringsten Ambitionen hast, jemals wieder zur Feder zu greifen, sehe ich keinen Grund, weshalb ich hier im strömenden Regen über hypothetische sechsstellige Vorschüsse für nicht existierende Bücher reden soll.«
Verdammt! Jetzt hat sie mich am Haken, und sie weiß das nur allzu gut.
»Okay, nehmen wir mal an, ich treffe mich tatsächlich mit ihm ... aus purer Höflichkeit natürlich.«
»Natürlich.«
»Und du meinst, der kann schweigen?«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagt sie und greift in ihre Handtasche. Sie zieht einen Umschlag hervor und gibt ihn mir. »Das kannst du später lesen. Es handelt sich um eine Vereinbarung, die mein Anwalt gestern aufgesetzt hat. Danach ist Jacobson jeglicher Hinweis auf die wahre Identität von Marsha Mellow untersagt, ansonsten droht ihm, dass ihm die Eier von Rottweilern abgebissen werden. Ich bin sicher, dass er bereitwillig seine drei Kreuze auf die gepunktete Linie setzen wird.«
»Moment mal«, stammle ich. »Das hast du gestern veranlasst? Vorhin hast du behauptet, dass du erst seit dem Anruf heute Morgen wieder mit Jacobson gesprochen hast.«
»Schätzchen, für meine fünfzehn Prozent sitze ich nicht nur faul auf meinem dicken Hintern herum. Ich denke grundsätzlich langfristig - im Gegensatz zu meiner Autorin und ihrem Verleger.«
Auf Wolke ... oh, bestimmt dreizehn oder vierzehn schwebe ich zurück ins Büro. Sechsstellig. Vorausgesetzt, sie zählt nicht die Dezimalstellen dazu und rechnet in Pence, sind das über 100 000 Pfund. Gut, es könnten auch exakt 100 000 sein, aber das ist immer noch verflucht viel Geld. Damit wüsste ich jede Menge anzufangen. Beispielsweise könnte ich endlich meine Hypothek abbezahlen ... wie spießig. Also gut, ich könnte mir auch so einen niedlichen kleinen Audi zulegen, der wie ein Barbie-Auto aussieht (vorher steht aber noch der Führerschein an), oder ein Strandhaus auf Pfählen auf den Malediven kaufen (wo auch immer die sind), oder ich könnte ein paar Wale retten (bei hundert Riesen bestimmt mehr als ein paar). Ich könnte mir Lisas Absolution mit einem ganzen Schrank voller neuer Klamotten erkaufen oder ...
Nein, könntest du nicht , meldet sich plötzlich die innere Stimme zu Wort. Nicht, bevor du es ihr gesagt hast.
Scheiße. Mum hatte ich ja glatt vergessen. Ich spüre, wie meine gute Stimmung wieder verfliegt, und bis ich im Büro ankomme, bin ich pitschnass und habe eine Stinklaune. Das Leben kann manchmal schrecklich sein.
Irgendwas ist anders im Büro. Ach, ja - Blumen. Sie verdecken komplett meinen Schreibtisch. Weiße Lilien bedecken fast jeden Quadratzentimeter der Arbeitsfläche, die ich mir mit Julie teile. Nur weil ihre Spielerfraufrisur so hoch getürmt ist, entdecke ich ihre wilden kupferroten Ringellocken, die oben ein Stück aus dem Blumenmeer herausragen.
»Die sind ja herrlich, Julie«, sage ich und nehme Platz. »Alan muss es ja ziemlich erwischt haben.« »Die sind nicht für mich. Die sind für dich.« »Von Alan?«
»Das würde ich ihm nicht raten. Mach mal hin und sieh nach, von wem sie sind, bevor ich noch vor lauter Neugier platze.«
Ich fische aus dem Berg von Zellophan den kleinen Umschlag heraus und reiße ihn auf. Dann ziehe ich das Kärtchen heraus und lese es.
Amy - ich kann mich nicht oft genug für mein Benehmen entschuldigen. Ich hoffe, du gibst mir die Chance zur Wiedergutmachung und nimmst meine Einladung zum Abendessen an
Jake
Erstaunt sacke ich auf meinem Stuhl zusammen. Blumen und nun auch noch eine schriftliche Entschuldigung. Und das von Jake. Der Mann, der am meisten von allen auf Blumen und
Weitere Kostenlose Bücher