Marsha Mellow
müsste schon einiges passieren.«
Mann, klasse gemacht. Ich sollte das mit der Geheimniskrämerei öfter ausprobieren - ich wäre bestimmt eine zweite Sharon Stone. Ich drehe mich um und gehe auf ihn zu ... und an ihm vorbei, natürlich nicht ohne ihn absichtlich zu streifen. Zu guter Letzt verschwinde ich im Bad. Dort schließe ich hinter mir ab und sacke gegen die Tür. Mir ist total übel. Vorhin dachte ich einen kurzen Moment lang, ich müsste mich gleich vor ihm übergeben. Was der Situation nicht unbedingt förderlich gewesen wäre - schließlich ist es schwierig, die Unnahbare zu mimen, wenn einem gerade das Abendessen wieder hochkommt.
Tief einatmen ... Eiiin ... Auuus ... Eiiin ... Auuus ... Die Übelkeit legt sich langsam. Gott sei Dank. Zu viel Alkohol und zu viel gegessen. Ich spüre, dass mein Bauch droht, aus seinem engen Korsett auszubrechen, und ich weiß nicht, wie viele Nähte noch übrig sind, bevor ich dieses Kleid ganz abschreiben kann. Was soll‘s - ich werde es ohnehin nicht mehr lange am Leib tragen. Fragt sich nur, wie ich es anschließend jemals wieder anziehen soll. Aber darüber kann ich mir später noch Sorgen machen.
Ich gehe ans Waschbecken und fülle mir ein Glas mit Leitungswasser. Ich leere es in einem Zug und genehmige mir ein zweites. Das tut gut. Die Übelkeit ist jetzt ganz verflogen. Ich werfe einen Blick in den Spiegel, und obwohl es bereits elf ist und ich am heutigen Tag mehr getrunken habe als sonst in einem ganzen Monat, sehe ich noch verdammt gut aus... Vielleicht bilde ich mir das in meinem betrunkenen Zustand aber auch nur ein. Kann es nicht sicher sagen. Egal, Jake läuft bestimmt schon der Sabber.
Ich nehme meinen Lippenstift und meine Wimperntusche aus der Handtasche. Das ist auch eine Premiere für mich - das Makeup vor dem Zubettgehen auffrischen -, aber ich möchte Jake noch ein paar Minuten hinhalten. Ich höre, wie er sich im Zimmer bewegt. Jetzt spricht er sogar. Ich hoffe, er bestellt gerade den Zimmerservice, weil ich im Moment gut einen Kaffee vertragen könnte. Ich könnte auch gut einmal meine Blase entleeren, aber in diesem Schlauch würde das in eine viertelstündige Prozedur ausarten, und so lange möchte ich ihn nicht warten lassen. Also presse ich die Schenkel zusammen und greife zum Lippenstift.
Danach mache ich einen Kussmund und sage zu meinem Spiegelbild: »Du bist die geilste Nummer-Eins-Bestsellerautorin der Welt.«
Marsha Mellow ist für ihren Auftritt bereit.
Jake liegt inzwischen auf dem Bett, und ich nehme direkt Kurs auf ihn. Ich fühle mich selbstsicher genug, um in einen lässigen Catwalk-Gang zu verfallen, woraufhin jedoch ein paar weitere Nähte aufplatzen bis auf die oberste. Ich setze mich neben ihn und streife die Schuhe ab - Lisa hat zwar gesagt, dass sie diese Schuhe beim Sex immer anlässt, aber sorry, Jake, das ertrage ich keine Sekunde länger.
»Mit wem hast du gerade telefoniert? Mit dem Zimmerservice?«, frage ich.
»Mhm.«
»Gut.«
Daraufhin beugt er sich vor und küsst mich, und dieses Mal lasse ich ihn gewähren. Genauso antörnend wie im Fahrstuhl ... Aber irgendwann müssen wir wieder Luft holen. Während er sich zurücklehnt und an meinem Hals knabbert, sage ich: »Du wirst nicht glauben, was ich getan habe, Jake.«
»Eben im Bad?«
»Nein, vor etwa zwei Jahren.«
»Als wir ... äh ... uns getrennt haben?«
»Ja, genau.«
»Sag schon.«
»Es war unglaublich. Ich habe ein Buch ... Oooh, Wahnsinn, Jake, das ist ja fantastisch.«
Nein, er hat nicht meinen G-Punkt entdeckt, sondern bloß den Reißverschluss an meinem Kleid aufgezogen. Ich kann wieder richtig atmen. Wow. Was für eine Wohltat. Wenn der Sex mit ihm nur halb so gut wird ...
»Sprich weiter«, fordert er mich auf, während er meine Brüste aus dem Korsett befreit. »Du hattest was von einem Buch erwähnt...«
»Später«, wiegele ich ab und drücke ihn auf die Matratze.
Dann schiebe ich das Kleid bis zur Taille hoch, und mit meiner neuen Bewegungsfreiheit setze ich mich auf ihn.
»Mann, wie habe ich das vermisst«, sagt er, wobei er mich an sich heranzieht und das Gesicht in meinen Brüsten vergräbt - auf die sich sein Kommentar vermutlich bezog ... Aber im Moment ist mir das völlig egal.
Gleich darauf klopft es an der Tür. Der Zimmerservice. Verdammt. Wer hatte bloß die blöde Idee mit dem Kaffee?
»Können wir es nicht ignorieren?«, murmle ich.
Sein Mund lässt meine eine Brust wieder frei, um zu sagen: »Ich mach mal besser
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