Marsha Mellow
Eindr...«
Vergiss es, Lewis. Jetzt ist es längst zu spät, mir weiszumachen, dass du in deinem tiefsten Innern ein herzensguter Kerl bist, der seine Freundinnen nie betrügt und immer ein Schälchen Milch für die Igel herausstellt.
»Wirklich, Sie haben sich nichts vorzuwerfen«, antworte ich leicht gereizt.
»Gut... Gut. Schwamm drüber, wie finden Sie sie?«, meint er und deutet dabei auf Ros, die gerade von Deedee, die voll ist wie eine Strandhaubitze, herumgeführt wird.
Warum interessiert dich denn meine Meinung über deine Freundin?
»Sie sieht... äh ... nett aus«, antworte ich kühl.
»Das ist sie auch. Und ich glaube, sie wird mir mein Leben ein ganzes Stück erleichtern.«
Oh, wie schön für dich!
»Wie lange kennen Sie sich schon?«, frage ich, nach wie vor unterkühlt.
»Letzte Woche war sie zum Vorstellungsgespräch bei mir.«
Meine gesamte angestaute Empörung macht sich jetzt Luft. »Sie war zu einem Vorstellungsgespräch bei Ihnen?«, wiederhole ich entsetzt.
»Ja«, entgegnet er, leicht verwundert. »Sie fängt nächste Woche an.«
»Sie fängt nächste Woche an?«, rufe ich aufgebracht. »Sie laden Ihre Freundinnen zum Vorstellungsgespräch, bevor Sie eine Beziehung beginnen?«
»Freundin? Sie ist nicht meine ... Ros ist meine neue Stellvertreterin.«
Mein Kiefer klappt herunter. Aber ich bringe keinen Ton heraus.
Und Lewis - wie sollte es auch anders sein - schüttet sich vor Lachen aus. Der Blödmann kriegt sich gar nicht mehr ein.
In Situationen wie dieser tue ich normalerweise das einzig Sinnvolle und laufe um mein Leben, aber ich kann nirgendwohin, ohne dass sich mein geliebter Erpresser an meine Hacken heftet. Also bleibe ich, wo ich bin, und lasse den Mund weiterhin offen.
Irgendwann beruhigt Lewis sich schließlich wieder. »So, nachdem wir nun überein gekommen sind, dass ich nicht vorhabe, Ros demnächst zu heiraten, wie steht‘s denn mit Ihnen?«
»Was soll mit mir sein?«, entgegne ich beinahe lautlos vor lauter Schreck, dass das nächste Fettnäpfchen bereits auf mich lauert.
»Nun ja, neulich habe ich zufällig mitbekommen, wie Sie sich am Telefon verabredet haben. Was Ernstes?«
»Oh ... das ... äh ... nee. Gar nicht.«
»Ein Jammer. Wo er Ihnen doch so herrliche Blumen geschickt hat. Sehr, äh, üppig.«
»Er ist ein Ar... Das hätte niemals funktioniert.«
»Bedeutet das, dass ... Sie wissen schon ... ähm ...«
Warum murmelt er denn plötzlich so leise? Ich kann ihn kaum verstehen.
»... ich ... meine Einladung zum Essen ... wiederholen kann?«
Habe ich ihn richtig verstanden? Ich glaube schon, und sofort spüre ich, wie wieder Wut in mir hochkriecht. Schließlich gibt es immer noch das gerahmte Foto. Gut, das könnte auch die neue Assistentin seiner Stellvertreterin sein, aber ich bin mir dennoch ziemlich sicher, dass es nicht üblich ist, sich hübsch gerahmte Fotos von seinen Angestellten auf den Schreibtisch zu stellen.
»Ich nehme gern an, Lewis«, entgegne ich äußerst sachlich. Und jetzt, gib‘s ihm. »Vielleicht hat Ihre Freundin ja Lust, mitzukommen?«
»Wer?«, stellt er sich dumm, um Zeit zu schinden - bestimmt denkt er sich jetzt eine elegante Ausrede aus.
»Die auf dem Foto.«
»Welches Foto? Ich kann Ihnen nicht folgen, Amy«, behauptet er stur.
»Das gerahmte Foto auf Ihrem Schreibtisch«, fauche ich ihn an. »Dieser Christy-Turlington-Verschnitt.«
Auf seinem Gesicht erscheint ein Lächeln. Der hat doch tatsächlich null Schamgefühl. Genau wie Jake. Bestimmt schlägt er mir gleich einen widerlichen Dreier vor.
»Das ist Christy Turlington«, entgegnet er. »Ich würde sie ja liebend gern fragen ... aber dummerweise habe ich ihre Telefonnummer verlegt.«
Wie bitte? Jetzt kann ich ihm nicht mehr folgen: Wie kann es sein, dass er mit Christy Turlington zusammen ist? Und wenn das tatsächlich so ist, wie kann er dann so dämlich sein und ihre Nummer verlegen?
»Sie wollen mich heute Abend einfach nicht verstehen, wie?«, meint er. »Der Bilderrahmen ist ein Geburtstagsgeschenk für meine Mutter...«
Mein blöder Kiefer. Hängt schon wieder unten.
»... das ich kürzlich in der Mittagspause besorgt habe. Das Foto war schon vorher drin. Sie wissen schon, eine Verkaufsmasche, um einem vorzugaukeln, wie toll selbst der hässlichste Verwandte in diesem Bilderrahmen aussieht.«
Ich befehle, dass sich sofort ein Loch im Boden auftut, und zwar AUF DER STELLE!
»Es tut... es tut mir unheimlich ... oh Gott... Leid«, bringe ich
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