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Marter: Thriller (German Edition)

Marter: Thriller (German Edition)

Titel: Marter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Holt
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sie, weil sie sie nicht angerufen hatte, um ein weiteres Date zu vereinbaren.
    Als sie noch auf der Ausbildungsakademie gewesen war, hatte sie schon einmal etwas Ähnliches über sich selbst an der Wand einer Klokabine gelesen. Tagelang war sie total niedergeschlagen gewesen. Sie hatte sich sogar bemüht, besonders nett zu allen zu sein, um sich beliebt zu machen. Doch das Ergebnis war bloß, dass sie sich selbst dafür hasste. Und nach ein paar Tagen hatte sie sich schließlich gesagt: Ach, scheiß drauf .
    Was soll ich tun? Wie soll ich mich verhalten?
    Was auch immer die Leute von ihr dachten, sie hatte ihr Aussehen nie dazu missbraucht, um einen Gefallen gewährt zu bekommen oder eine Beförderung zu erhalten. Na gut, vielleicht konnte man ihr vorwerfen, einen Vorteil daraus gezogen zu haben, als sie Francesco Lotti, der ganz offensichtlich eine Schwäche für sie hatte, bat, ihr einen Mordfall zuzuteilen. Doch was für eine Alternative hatte sie? Sollte sie ihre Karriere aufgeben, bloß weil sie einigermaßen gut aussah?
    Entnervt schob sie den Gedanken beiseite. Sie sah sich die Liste an Einträgen weiter durch. War alles so ziemlich das Gleiche, eine Litanei an Gemeinheiten, darunter ein paar Namen. Nichts, was wirklich von Belang war.
    Mit Ausnahme des letzten Eintrags.
    Kat Tapo. Wie lange dauert es wohl noch, bis der Schönling Colonnello Piola ihrem Charme verfällt? Mehr als ein Mal hat man sie zusammen gesehen, wie sie sich ein spätes Risotto in der Osteria San Zaccaria gegönnt haben. Ich gehe davon aus, dass seine Frau und Kinder ihn in letzter Zeit nicht oft zu Gesicht bekommen haben …
    Das Blut gefror ihr in den Adern. Das änderte alles. Wenn der anonyme Klatsch und Tratsch über Männer, mit denen sie einen unbedeutenden One-Night-Stand gehabt hatte, schon derart bösartig war, wie sah es dann erst aus, wenn sie eine Affäre mit ihrem Boss hatte?
    Es klingelte an der Tür.
    Während sie sich erhob, betrachtete sie ihre Küche mit ganz anderen Augen. Das Entenragù köchelte auf dem Herd vor sich hin. Der Topf Wasser wartete auf die Pasta. Die Pfanne für den Radicchio stand bereit. Wie traurig das alles doch ist!
    Es war wohl das Vernünftigste, die Sache zu beenden. Und zwar noch heute Abend, während ihr Entschluss noch einigermaßen stark war. Sie würden sich unterhalten, und dann würden sie einen Schlussstrich ziehen.
    Wieder schrillte die Türklingel.
    Sie fasste sich, setzte eine unbeteiligte Miene auf, einem Menschen angemessen, der kurz davor war, eine Beziehung zu beenden, und öffnete die Tür.
    Er fiel ihr förmlich entgegen.
    »O Gott«, keuchte sie, und sofort war alles vergessen. »Was ist geschehen?«
    »Auftragskiller«, krächzte er. »Kann nicht sprechen.«
    »Ich hole einen Grappa.«
    Sie schenkte ihm ein Glas ein und brachte dann heißes Wasser für seine Wunden. »Komm her. Leg dich hin.«
    Da er sich nicht hinlegen wollte, führte sie ihn zu einem Stuhl, damit sie ihm die Schläfe säubern konnte. »Was haben sie dir nur angetan?«, flüsterte sie voller Entsetzen.
    Er schloss die Augen. »Nichts Schlimmes. Ich werd’s überleben.«
    »Nichts Schlimmes!« In diesem Moment schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. »Du wirst das doch zur Anzeige bringen, oder? Du lässt deinen Wagen von der Spurensicherung untersuchen, Ermittlungen einleiten …«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Du bist doch wahnsinnig! Warum denn nicht?«
    »Weil ich auf dem Weg zu dir war«, erwiderte er ruhig. »Wie sollte ich das wohl erklären, ohne dass die Leute die Sache mit uns herausfinden?«
    Sie zögerte. Das war ihr Stichwort, eine bessere Vorlage würde sie nicht kriegen. Aldo, man tratscht längst über uns. Wir müssen reden …
    Doch sie sagte nichts, denn genau in diesem Augenblick begriff sie etwas. Sie wollte nicht, dass es endete. Eines Tages, ja, aber nicht hier. Und nicht jetzt.
    Er öffnete seine blutunterlaufenen Augen und blickte sie unverwandt an. »Kat, ich bin dabei, mich in dich zu verlieben«, erklärte er schwach, als würde er ihr eine schreckliche Nachricht übermitteln. Fast als wünschte er, dass es nicht so wäre.

37
    Staatsanwalt Marcello wirkte entsetzt, aber auch irgendwie fasziniert. Immer wieder schweifte sein Blick zu Piolas Gesicht, das mit unzähligen rotschwarzen Blutergüssen bedeckt war. Einmal dachte Kat sogar, sie hätte gesehen, wie der Staatsanwalt zusammenzuckte, so als hätte er sich ausgemalt, wie die Waffe auf sein eigenes glatt rasiertes Gesicht

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