Marter: Thriller (German Edition)
ein Industriegebiet. Mehrere noch nicht bebaute Grundstücke waren zu sehen, dazwischen Straßen und Kreisverkehre, die ins Nichts führten. Eines Tages würden hier Lagerhäuser oder Industriegebäude in die Höhe ragen.
»Dort.« Der Mann deutete auf ein Grundstück.
Da die Straße endete, hatte Piola gar keine Wahl, als das Tempo zu drosseln.
»Stellen Sie den Motor ab.«
Er war sich bewusst, dass ihm das Herz bis zum Hals schlug. Daher konzentrierte er sich auf die Tatsache, dass sein Angreifer eine Maske trug. Warum sollte er das tun, wenn er vorhatte, ihn zu töten? Zu seiner Linken bemerkte er, wie ein einzelnes Scheinwerferlicht über den holprigen Boden auf sie zukam. Gott sei Dank . Dann aber wurde ihm klar, dass der Mann natürlich einen Komplizen hatte. Auftragskiller benutzten in den meisten Fällen ein Motorrad zur Flucht.
Plötzlich schnitten die Kanten des Gürtels noch schmerzhafter in Piolas Luftröhre. Er konnte hören, wie der Killer keuchte, während er den Gürtel straff zog. Dann berührte ihn etwas Metallisches, Hartes am Hinterkopf, unmittelbar hinter dem Ohr. Eine Waffe.
»Sie sollten Ihre Nase aus anderer Leute Angelegenheiten raushalten«, zischte der Mann.
Die Pistole trat in sein Blickfeld, der Lauf richtete sich direkt auf seine Stirn. Er rang um Atem. Würde er nun doch sterben? Hier in der Ödnis, wie schon unzählige Polizisten vor ihm? Unwillkürlich überkam ihn die Erinnerung an all die Leichen, die exakt auf diese Weise gefunden worden waren. Mit zwei Kugeln im Kopf. Blutspritzer am Seitenfenster auf der Fahrerseite, die Klamotten des Schützen bekamen so nichts ab. Keine Zeugen.
Ein Klicken war zu hören.
Sofort durchströmte Erleichterung seine Eingeweide. Nicht tot. Zum Glück nicht tot. Falscher …
»Das nächste Mal«, hörte er die Stimme sagen, »ist da eine Kugel drin.«
Schmerz explodierte in seinem Schädel. Er beugte sich vornüber, nur um erneut von dem Gürtel zurückgerissen zu werden. Keine Kugel im Kopf, dachte er, stattdessen hatte der Kerl ihm eins mit der Pistole übergezogen.
Abermals traf die Waffe hart auf seinen Schädel – der Mann benutzte sie wie einen Schläger und hämmerte mit dem schweren Griff auf ihn ein. Gott, dieser Schmerz . Weitere Schläge hagelten auf seinen Kopf ein, und jeder einzelne drohte den Schädel zu spalten wie eine Walnuss. Sein Blick verengte sich, während sein Bewusstsein allmählich schwand. Erneut ein Hieb, diesmal auf die Stirn. Er spürte, wie seine Haut aufsprang und ein taubes Stechen ihn durchfuhr, als Blut hervortrat.
Dann ein letzter Schlag auf den Hinterkopf, ehe alles um ihn herum schwarz wurde.
Kat kochte gern, auch wenn sie nicht ein einziges Kochbuch besaß und kein Interesse daran hatte, neue Rezepte auszuprobieren. Für sie bestand der Spaß in erster Linie darin, das zu tun, was sie schon tausendmal zuvor getan hatte. Handgriffe, die sie bereits als Kind in der Küche ihrer Mutter erlernt hatte und die sie beherrschte, ohne nachdenken zu müssen. Für das Ragù d’anatra schnitt sie als Erstes Zwiebeln und dünstete sie fünf Minuten in Öl glasig an, während sie Geflügelklein hackte. Und während auch dies in der Pfanne briet, schnitt sie den Rest der Ente klein. Sie gab ein Glas Rotwein in die Soße und ließ es einkochen. In der Zwischenzeit brachte sie das Wasser für die Bigoli zum Kochen, eine venezianische Nudelspezialität. Schließlich landeten noch einige Lorbeerblätter sowie gehackte Tomaten in der Soße. Dann wusch sie zwei sehr schöne Radicchioköpfe aus der Nachbarstadt Treviso und legte sie anschließend zur Seite, damit sie sie nur noch kurz anzubraten brauchte, sobald Aldo kam.
Es überraschte sie nicht, dass er zu spät kam, doch das Ragù wurde sowieso nur besser, je länger es kochte. Sie öffnete eine Flasche Wein, einen schönen Ripasso, der genug Biss hatte, um ihn zu der Ente zu servieren, aber nicht so schwer war wie der traditionellere Amarone, und schenkte sich selbst ein Glas ein.
Während sie wartete, fuhr sie ihren Rechner hoch. Und dann, weil sie dachte, es würde ihm gefallen, wenn er eintraf, rief sie die Carnivia-Seite auf und gab seinen Namen ein.
Aldo Piola, Colonnello der Carabinieri, Venedig – drei Einträge.
»Nur drei?«, entfuhr es ihr laut. »Aldo, du enttäuschst mich.« Als sie weiterklickte, stutzte sie.
Aldo Piola. Angeblich hatte er eine Affäre mit Augusta Baresi.
Aldo Piola. Augenblicklich hinter der Kriminaltechnikerin Gerardina
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