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Martha im Gepaeck

Martha im Gepaeck

Titel: Martha im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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ich sie bemerkt. War ja nicht zu übersehen, dieses Karottenrot. Aber ich habe geglaubt, da sei irgendwas beim Friseur schiefgegangen. Ich wollte sie nicht kränken.«
    Karen schloss kurz die Augen. Karottenrot. Nicht kränken. Vor lauter Schreck hörte sie nicht, was Martha antwortete. Etwas quietschte. Bernds Stimme kam jetzt näher.
    »Na, also wenn du unbedingt hierbleiben willst, dann habe ich nichts dagegen.«
    Karen trat hastig ein paar Schritte zurück und tat, als ob sie gerade erst gekommen wäre.
    »Sie will unbedingt hierbleiben«, sagte Bernd zu ihr, als er herauskam. »Da kann man nichts machen.« Er sah sie an.
    Karen fasste sich unwillkürlich in die Haare. Karottenrot war sie also. Pumuckl. Dachstuhlbrand. Aber er wollte dich doch nicht kränken. Und du solltest das doch gar nicht wissen. Trotzdem.
    »Ich komme gleich«, sagte sie tonlos. »Hol doch mal bitte die Kinder.«
    Sie klopfte halbherzig und trat sofort ein. Martha saß kerzengerade auf ihrem gelben Bett in ihrem gelben Zimmer und sah zum Fenster hinaus. Draußen war Dwayne mit einem anderen Trucker. Sie vollführten ein kompliziertes Manöver aus Schulterboxen, Zigarette mit dem Mund aus der Schachtel ziehen, anzünden und sich gegenseitig den Rauch in die gegerbten Gesichter blasen.
    »Du willst also wirklich nicht mitkommen, Martha? Bist du sicher?«
    »Absolut. Aber irgendwie scheint ihr das nicht zu begreifen. Ich dachte, ihr freut euch, wenn ihr mal ein bisschen Zeit für euch habt. Die Kinder könnt ihr von mir aus hierlassen.«
    Um Himmels willen. Karen richtete sich auf. »Lieber nicht. Vielleicht ist es wirklich das Beste, wenn du dich ein bisschen ausruhst. Mach doch ein Nickerchen.«
    »Ich werde mit Dwayne eine Runde Karten spielen, das entspannt. Und wenn du mal mit Bernd alleine sein willst, dann musst du das nur sagen. Es würde euch beiden guttun.«
    Karen zuckte zusammen. Worauf wollte Martha hinaus? Was sollte diese Bemerkung zu Bernd eben? Wollte Martha etwa auf ihre alten Tage noch die Eheberaterin spielen?
    »Wir verstehen uns doch prima«, krächzte Karen.
    »Verstehen!« Martha gab ein amüsiertes Gackern von sich. »Ich rede hier von Leidenschaft, wenn man nicht die Finger vom anderen lassen kann, wenn man es ohne den anderen keine drei Minuten aushält.«
    Oh Gott, wollte sich Martha in diesem uringelben Zimmer etwa mit Karen über ihr Liebesleben unterhalten? War das irgendeine perverse Strafe eines höheren Gerichts, weil Karen in letzter Zeit mehr an Mike als an ihren eigenen Mann gedacht hatte? Karen fixierte starr die zwei Trucker vor dem Fenster, die sich immer noch gegenseitig boxten und einräucherten und nichts von ihren Qualen mitbekamen. Sie schluckte. »Martha, das gehört doch jetzt nicht hierher. Leg dich schön hin, wir bringen dir nachher eine Illustrierte mit, und du kannst dich mal richtig entspannen.«
    Martha stand auf und öffnete das Fenster. Im Nu war das kleine Zimmer vom Gebrüll der beiden Männer und dem Lärm der Autobahn erfüllt. Dann drehte sie sich um. »Ich mag alt sein, aber ich bin nicht blind, mein Liebe.« Die gelben Vorhänge bewegten sich träge im heißen Sommerwind und wedelten den Geruch nach Staub, Asphalt und Auspuffgasen zu Karen herüber.
    »Selbstverständlich nicht, das behauptet ja auch keiner.«
    »Dann zieh dir doch in Gottes Namen mal was Vernünftiges an. So kann das ja nichts werden. Diese flachen Treter, dieser formlose Sack an deinen Beinen … Du musst zeigen, was du hast. Bist doch noch nicht mal fünfzig, das behauptest du jedenfalls dauernd.«
    »Ich …«
    »Du willst doch noch bemerkt werden, oder? Willst dich doch noch nicht hinter schrecklichen Altweibersachen verstecken? Frauen sind nicht wie Wein. Sie reifen und altern nicht besser, nur weil man sie nicht anguckt und im dunklen Keller ruhen lässt.« Martha grinste und sah auf einmal etliche Jahrzehnte jünger aus.
    »Aber das ist praktisch auf der Reise«, murmelte Karen.
    »Praktisch. Du sagst es. Mehr nicht.«
    »Martha, ich kann es mir nicht leisten, dauernd irgendwelche teuren Fummel zu kaufen. Ich würde es gern, das kannst du mir glauben.«
    Martha schwieg einen Moment lang. Dann schien ihr plötzlich etwas einzufallen. »Das lass mal meine Sorge sein«, sagte sie.
    Karen stöhnte innerlich auf. »Dein Erbe, ich weiß schon.«
    »Nein, nein. So lange musst du nicht warten. Das kann ja noch ewig dauern, nicht?« Martha lachte verschmitzt vor sich hin. »Nein, ich geh mit dir

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