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Martha im Gepaeck

Martha im Gepaeck

Titel: Martha im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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Handy wiederhaben.« Mark kickte bockig einen Stein weg.
    Bernd kratzte sich am Hinterkopf. Er seufzte und startete erneut das Auto. »Ich drehe bloß da vorn um«, meinte er.
    Karen beobachtete Martha im Rückspiegel. Sie schüttete gerade hastig ein paar winzige Tabletten aus einem Röhrchen in ihre offene Hand und schluckte sie ohne Wasser hinunter.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Karen. Tante Martha nahm sonst nie Tabletten.
    Martha nickte. »Klar.« Sie wirkte leicht abwesend. Dann beugte sie sich vor und senkte ihre Stimme. »Meinst du, im Hotel gibt es einen Friseur?«
    » Yeah! «, schrie Mark in diesem Moment von hinten. »Ich wusste es, ich wusste es.« Er trommelte wie besessen auf der Sitzlehne vor sich herum und zeigte auf die weißen Lieferwagen, die jetzt links auf dem Parkplatz in ihr Blickfeld gerieten. »Seht ihr das? Wer hat jetzt recht, hm?«
    »Wer recht hat?« Karen hatte keine Ahnung, wovon er redete. Und wieso brauchte Martha einen Friseur?
    » Glencoe Film Productions . Da steht’s, an jedem von den weißen Autos.« Mark stieß eine Faust in die Luft. »Ich wusste es«, sagte er erneut. »Ich wusste es. Ihr habt mir ja nicht geglaubt. Nie glaubt ihr mir, weil ihr denkt, dass ich keine Ahnung habe und …«
    »Wir wissen’s nun«, schnitt Bernd ihm das Wort ab. »Du musst nicht so rumschreien.«
    »Dad – das sind Film Producer .« Mark war sichtlich bemüht, echt englisch zu klingen. »Die haben hier ’nen Film gedreht. Und das Vieh war ein Fake.«
    »Ein was?«, fragte Teresa alarmiert.
    »Willst du dein Telefon von deiner Mutter wiederhaben oder nicht?«, fragte Bernd.
    »Natürlich will ich es wiederhaben.«
    »Dann ist ja gut. Dann sind wir uns ja einig, und du bist jetzt still.« Bernd fuhr eine schwungvolle Kehrtwende.
    Mark ließ sich entnervt in seinen Sitz zurückfallen. Seine Miene erhellte sich allerdings sofort, als Karen ihm kommentarlos das Handy nach hinten reichte.
    »Was wolltest du eben wissen, Martha?«, fragte Bernd.
    »Nichts. Ist schon gut.« Martha sah Karen beschwörend an.
    »Sie wollte nichts.« Karen nickte folgsam. »Nur …«
    »Frauenkram«, vervollständigte Martha den Satz.
    Und in diesem Augenblick dämmerte Karen, dass Marthas Verhalten nicht von Angst geprägt war. Ganz im Gegenteil. War es Aufregung? Nervosität? Nein. Martha hatte Lampenfieber – das war es! Aber warum? Gern hätte Karen mit Bernd darüber gerätselt, aber das ging leider nicht, denn der redete momentan wie aufgezogen. Er war jetzt so richtig in Fahrt gekommen. Den Reiseführer brauchte er nicht mehr, er war der Reiseführer. Irgendwann im Laufe dieser Tour hatte sein Gehirn blitzschnell alle Informationen aus dem Buch heruntergeladen, um sie zu speichern und dann genüsslich bei jeder sich bietenden Gelegenheit wieder auszuspucken. Karen ließ ihn. Es machte ihn eben glücklich, vom Whisky-Trail und vom River Spey zu reden, von den Lachsen, die sich dort tummelten und über kurz oder lang in seinem, Bernds, Magen landen würden, haha, und vom Schloss Balmoral, das ganz in der Nähe war und das sie auf alle Fälle besichtigen würden – falls die Königin ihnen nicht zuvorkam, denn Ende Juli machte sie dort Urlaub, noch mal haha. Karen genoss in der Zwischenzeit die beruhigende Aussicht auf Schafe, Berge und den Fluss sowie das gelegentliche Aufblitzen eines kantigen Höhenzuges oder einer romantischen Burgruine am Horizont. Tausendmal besser als der Anblick nervender Kunden, die im Schneckentempo irgendwelche Überweisungsformulare ausfüllten, sich verschrieben und wieder von vorn anfingen, den ganzen Betrieb aufhielten und sich dann geifernd über zu hohe Gebühren bei Karen beschwerten, gerade so, als ob diese die Gebühren persönlich einheimste und nach Feierabend verjubelte.
    »… Edelmarder und Hirsche sehen und natürlich rote Eichhörnchen, wenn wir Glück haben. Da müssen wir aber zeitig loswandern und nicht bis in die Puppen schlafen, das gilt besonders für dich dahinten, junger Mann.« Bernd fuhr gutgelaunt über eine Steinbrücke mit hohen Bögen, die sich über den River Spey erstreckte. Gewaltige Felsbrocken lagen unten im Wasser, als hätte ein Troll damit gespielt und sie dann achtlos weggeworfen. Kinderjauchzen schallte durch das offene Fenster zu ihnen hoch, Wasser spritzte. Karen erblickte einen Jungen in Marks Alter, der in Badehosen durch den Fluss watete. Das Wasser sah so klar und frisch aus, als hätte jemand mit einer Fotosoftware alle

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