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Martha's Kinder

Martha's Kinder

Titel: Martha's Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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noch solchen Reichtum schuldig ... eine Gefährtin würdest Du brauchen – eine mitstrebende, dabei angebetete –«
    »Ich denke nicht an mich ... Und gerade jetzt, was mich erfüllt, ist Verzicht und Entsagungsweh – von Zukunfts- und Glückshoffnungen weiß ich nichts. Die Liebe, wie Du sie besessen hast, und für mich träumst, was ist das für eine seltene Zufallsgabe! Ich gehe nicht aus, solche Wunderblumen zu suchen, für mich. Ich gehe aus, Pflichten zu, erfüllen – für andere. Und traurig bin ich –«
    »Ja, das höre ich an Deinem Ton. Mir ist's auch zum Weinen.«
    »Also weine, Mutter, das erleichtert – –«
    Beide verfielen in wehmütiges Schweigen.
    Der Mond verfinsterte sich. Schwarze Wolken zogen über seine Scheibe und es erhob sich ein klagender Wind, der durch die Rauchfänge pfiff.
    Martha schüttelte sich fröstelnd. »Komm«, sagte sie, »laß uns zu den anderen zurückgehen. Harre bei Deinen Gästen aus – das letztemal.«
    Rudolf erfüllte den Wunsch seiner Mutter, er begab sich in den Salon zurück. Man saß und stand in lebhaft sprechenden Gruppen umher. Bei seinem Nahen verstummten die meisten Unterhaltungen; er hatte den Eindruck, als wäre eben von ihm die Rede gewesen.
    In einer Ecke sah er Minister »Allerdings«, Pater Protus und Oberst von Schrauffen bei einander stehen. Auf diese Gruppe ging er zu.
    »Hier sind ja drei meiner nächsten Freunde versammelt – tres faciunt collegium – gern wollte ich hören, was Ihr gesagt habt.«
    »Ich sagte«, antwortete der Minister, »daß ich den Eisstoß schon lange habe kommen sehen ... Dein Benehmen und Deine Äußerungen in der letzten Zeit ließen alles Extravagante vorausahnen. So toll habe ich es allerdings nicht erwartet – seinen Besitz herschenken!«
    »Und Sie, Herr Oberst?«
    »Na, nachdem Sie mich so grad herausfragen und Exzellenz Wegemann sich auch kein Blatt vorm Mund genommen hat, so rede ich auch grad heraus. Mir kommt die G'schicht nicht nur stark verrückt, sondern sogar ein biß'l straffällig vor. Wollen's unter die roten Sozialisten gehen? Haben's ganz vergessen, daß Sie ein Kavalier – und daß Sie Reserveoffizier sind?«
    »In der Tat, mon Colonel , in diesem Falle habe ich mich nur meines Menschtums erinnert. Und Sie, mein lieber Pater Protus – werden Sie mich auch exkommunizieren? Wie ich Sie kenne, fürchte ich das nicht von Ihnen.«
    Der junge Pater blickte Rudolf ernst und mild ins Gesicht:
    »Sie haben recht, Herr Graf – mir liegt jedes Anathema fern ... Nicht einmal richten und urteilen möchte ich da, wo ich nicht ganz verstehe. Ihre Absichten – Ihre Gedankenkreise sind mir nicht ganz klar; aber so wie ich Sie kenne, weiß ich, daß Sie Gutes wollen ... Mir tut es nur in der Seele weh, einen solchen Patron zu verlieren. Ach, hätte die arme Frau Gräfin und hätte das arme Bubi gelebt – Sie würden uns dann nicht verlassen haben.«
    Rudolf schob seinen Arm unter den des Paters und zog diesen ein paar Schritte weiter.
    »Kommen Sie, mein lieber Herr Pfarrer, ich möchte ein paar Worte mit Ihnen allein reden. Setzen wir uns hier in diesen Winkel, da hört und stört uns niemand. Den beiden anderen habe ich nicht weiter Rede stehen wollen. Ich habe mich von ihnen getrennt – abgrundweit, da gibt's kein Verständigen mehr und was jene von mir denken, muß mir gleichgültig sein. Ihnen gegenüber, Pater Protus, habe ich das Bedürfnis, mir noch ein bißchen das Herz auszuschütten.«
    »Das klingt ja wie die Einleitung zu einer Beichte.«
    »Ich habe bei Ihnen nie gebeichtet... und überhaupt, wie Sie wissen, mich den kirchlichen Zeremonien ferngehalten –«
    »Sie – Herr Graf – wie gar viele – glauben, ohne auszuüben –«
    »Nein ... Sie sollen keine falsche Meinung von mir haben. Ich glaube nicht – und meinte, daß Sie das wußten –«
    »Ich vermutete es wohl, aber –«
    »Ach, seien wir in dieser letzten Stunde ganz aufrichtig ... Wir haben uns gegenseitig immer geachtet und gegenseitig hinter dem, was wir verschwiegen, einander auf den Grund der Seele geblickt, nicht wahr? Ich weiß, was Sie Ihrem Beruf schuldig sind und schätze den Takt sehr, mit dem Sie es verstanden, ein so pflichttreuer Landpfarrer und ein Mensch von modernem Geist und Wissen zu sein.«
    »Und Sie, Herr Graf, vereinten taktvoll den kritischen Skeptiker mit dem adeligen Kirchenpatron.«
    »Ich aber, Pater Protus, habe dem Dualismus entsagt. Mit den anderen Majoratsprärogativen habe ich auch das Patronat

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