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Maschinenkinder

Maschinenkinder

Titel: Maschinenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shayol Verlag
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Gefühl von Schwerelosigkeit, ehe die Motorhaube auf dem Boden aufsetzt; Funken sprühen, kreischender Stahl! Der Rückstoß ist so hart, dass Philippe halb durch die Scheibe geworfen wird, Schutzglas prasselt ins Cockpit, noch einmal bockt der Jeep, um schlagartig zu stoppen: Gabriels Kopf prallt gegen das Armaturenbrett, Schwärze.
    Zeit ist vergangen.
    Gabriel steht neben dem eingekeilten Fahrzeug und schaut auf seinen Bruder herab, der durch Trümmerwunden an Hals und Stirn verblutet. »Es war zu früh«, hustet Philippe und ein Nasenloch wirft Blasen, während er rasselnd Atem holt. »Sie haben ihre neuen Körper nicht angenommen … Sie begehen … Selbstmord, indem sie die Welt zur Hölle schicken.«
    »Das ist Spekulation«, flüstert Gabriel und streicht seinem Bruder durchs blutverklebte Haar. »Wir können nicht sagen –«
    »Hör auf dir … was vorzumachen«, stöhnt Philippe, dabei sinkt sein Kopf auf die Motorhaube zurück. »Die Steuereinheiten sind … ein Fehlschlag, sie hätten niemals zum Einsatz kommen dürfen. Wir tragen die Schuld. Nein … du trägst die Schuld an allem, du allein. Ich verfluche dich und deinen Ehrgeiz, und ich verfluche unseren Vater, der … der uns …« Philippe keucht, er will noch weitersprechen, sein Kiefer bewegt sich, doch statt Worten kommt nur Blut aus seinem Mund.
    Ein letztes Zittern seiner Arme, dann geben die Muskeln nach.
    Er ist tot.
    »Gott, nein!«, schreit Gabriel und drischt mit der Faust auf die Motorhaube, bevor er sich vom toten Bruder abwendet. Schockiert, wie in Trance, reißt er die Datenstifte aus den Buchsen und schleudert sie fort … Schaut ihnen nach, wie sie die Schlucht abwärts trudeln, zur Küste, wo ein neuer, gleißender Lichtblitz die Côte d’Azur in nukleares Geisterlicht taucht.
    Was hat er getan!
    Ohne Gefühl in den Muskeln stakste er am Generator vorbei, seine Beine fühlten sich wie Holz an. Alles war egal und bedeutungslos geworden. Seine Familie – tot, sein Bruder, sein Vater, gestorben in einer Hölle, die er selbst erschaffen hatte. In der so viele Menschen verbrannten, mit schwarzen Geschwüren an Seele und Haut. Philippe hatte Recht gehabt: Gabriel allein trug Schuld daran, dass eine Flotte unbemannter Atom-U-Boote in einer bewussten Kettenreaktion ganz Frankreich in Schutt und Asche legte … Und Südeuropa dazu. Wie sollte er nur weiterkämpfen mit dieser Gewissheit? Woher die Kraft nehmen, um dieser Hitze, dem Wahnsinn zu trotzen?
    Migräne dröhnte in seinem Kopf, stärker noch als in Menton, doch die Datenstäbe wollte er nicht fortwerfen, denn ohne sie war er ein Geist, ein Schatten und kein Mensch. – Und mit ihnen war Gabriel ein Mörder, der Abertausende auf dem Gewissen hatte. Verflucht! Er musste eine Entscheidung treffen – nein, er hatte sie bereits getroffen:
    Als Büßer wollte er sterben, der seine Tat bereute.
    War das wirklich aus ihm geworden? Hatten ihn höhere Mächte zu diesem Militärfort geführt, um ihn für seine Sünden zu bestrafen? Vorsehung oder Schicksal? Ein rachsüchtiger Gott? Bis jetzt wollte Gabriel nicht daran glauben, und doch …
    Als er den ausbetonierten Kai erreichte, setzte er sich im Schatten der großen Fregatte auf einen Ankerpoller und betrachtete das Meer: Es war noch schön und erhaben, trotz des Braunalgenteppichs, der wie eine faulige Leiche über den Wellen dahintrieb.
    Schaum glitzerte golden im Sonnenlicht.
    Gabriel nickte.
    Dann hob er die Pistole an seine Schläfe und drückte ab.
    ***
    Am späten Abend war der Wal gekommen, um seinen Körper gegen das Schiffswrack zu werfen; er sang, wie jedes Mal, wenn er die Fluke gegen den Rumpf klatschen ließ, grollend und tobend – bis er mit einem jähen Satz aus dem Wasser heraussprang und seinen Kopf an einer rostigen Kante spaltete.
    Es wurde Nacht.
    Ein Halbmond schien.

MUSCHELPLANET
    Wir sind der Mentar. Wir haben die eisige Kälte des Weltalls gespürt, draußen, wo die Sterne verlöschen in Finsternis …
    Unser Raumschiff segelte durch die Stille; so wenig, das ich ertasten konnte mit allen Sinnen, die ausschwärmten jenseits der Bordwand, nichts, was mich fesselte auf dem Wege, hierhin, auf diesen Planeten, wo wir jetzt stehen und die Arme ausbreiten, um die Welt zu empfangen als lebendes Wasser, das meinen Durst stillt, endlich, nach so langer Zeit …
    Ich heiße Atax, der Erste.
    Eine Ewigkeit ist vergangen, seit wir abgelegt haben mit vagem Kurs, immer weiter, vorwärts, weg vom beengenden Horizont und der

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